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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zusammentreffen, von denen Sie vielleicht auch einige kennen, wenigstens den Namen nach. Wir gehören nämlich zu einer Truppe, deren Anführer der Vater Jaguar ist.«
    »Der Vater Jaguar? Den kenne ich nur zu gut. Er ist der berühmteste Mann des Gebirges, und ich bin einigemal mit ihm zusammengetroffen. Der ist also da oben in der Salina?«
    »Ja.«
    »Zur Jagd?«
    »Ja, zur Jagd,« antwortete Fritze. Und langsam fügte er hinzu: »aber nicht zur Jagd auf Tiere, sondern auf Menschen.«
    »Qué cosa! Auf Menschen? Will er etwa einen Bösewicht bestrafen?«
    »Ja.«
    »Wen?«
    »Sie erlauben, daß ich diese Frage unbeantwortet lasse. Der Vater Jaguar wünscht nicht, daß von derselben vorher gesprochen wird.«
    »Ich nehme es Ihnen nicht übel. Also um ein solches Abenteuer handelt es sich! Und da sollen Sie auch dabei sein?«
    »Ja.«
    »Und wenn Sie umkehren, gelangen Sie nicht zur rechten Zeit nach der Salina? Das ist freilich höchst fatal für Sie. Wenn es sich um den Vater Jaguar handelt, ist jeder ehrliche Mann zu jedem Dienste bereit; aber ich kann Ihnen leider nicht helfen. Ich könnte Sie zwar bis Sonnenuntergang auf den rechten Weg bringen, aber wir sind von diesem Señor engagiert worden, ihn bis Salta zu begleiten, und so wiederhole ich, was ich vorhin sagte: Es ist am besten, Sie kehren mit uns um.«
    Der blonde Fremde hatte aufmerksam zugehört und dabei den Doktor und dessen Diener mit prüfendem Blicke betrachtet. Jetzt zog er seine Uhr hervor, sah nach der Zeit und fragte dann den Arriero, welcher bisher gesprochen hatte:
    »Sie kennen also die Gegend so genau, daß Sie diese Señores von hier aus auf den richtigen Weg bringen könnten?«
    »Ja.«
    »Und das würde bis zur Dämmerung geschehen sein?«
    »Ja.«
    »Der Weg da oben trifft nach Salta zu mit unsrem gegenwärtigen zusammen?«
    »Ja.«
    »Nun, so können wir ja diesen Señores helfen, ohne daß Sie mich zu verlassen brauchen. Sie machen ihren Führer und ich reite mit. Es ist mir gleich, ob ich von hier aus oder von einer andern Stelle aus nach Salta komme. Die Zeit, welche ich dadurch versäume, beträgt nur drei Stunden, welche wir morgen wieder einbringen können; diese Herren aber würden mehr als einen Tag versäumen. Haben wir sie beim Einbruch des Abends auf den richtigen Weg gebracht, so werden sie uns vielleicht erlauben, die nächste Nacht mit ihnen zu lagern; morgen früh reitet dann jeder seines Weges weiter.«
    Dieses mehr als freundliche Anerbieten war den Verirrten so willkommen, daß der Doktor sein Tier an dasjenige des Fremden trieb, ihm die Hand entgegenstreckte und voller Freude ausrief:
    »Señor, was Sie uns da so freiwillig anbieten, würden wir nie zu erbitten wagen. Auch würden wir Ihre Offerte zurückweisen, wenn wir uns nicht in einer Lage befänden, welche uns dringend gebietet, dieselbe anzunehmen. Halten Sie uns nicht für rücksichtslos, wenn wir Ihre Freundlichkeit nicht von uns weisen! Daß dieselbe keine vielleicht Unwürdigen trifft, mag Ihnen mein Stand und Name sagen. Erlauben Sie mir, mich Ihnen vorzustellen! Ich bin – – –«
    Da hob der Fremde abwehrend die Hand und unterbrach ihn in freundlichem Tone: –
    »Bitte, das will ich jetzt nicht wissen. Unwürdigen würde ich nicht gefällig sein; Sie hören also, wie ich über Sie denke. Und wenn man einem Menschen einen kleinen Dienst erweist, so ist das noch lange kein Grund, daß derselbe seine sämtlichen Verhältnisse zu enthüllen hat. Sagen wir uns morgen, wenn wir scheiden, wer und was wir sind; es ist nicht nötig, dies schon heute zu wissen.«
    Er schüttelte die Hand des Doktors und wendete sich dann an den Arriero, ihn fragend:
    »Reiten wir weiter vorwärts, oder müssen wir umkehren?«
    »Wir müssen zurück,« antwortete der Gefragte. »Die Schlucht ist vor uns noch außerordentlich lang; es würde ein großer Umweg sein.«
    »Dann also zurück! Gibt es da oben einen Ort, an welchem man bis morgen lagern kann?«
    »Ich kenne eine passende Stelle und denke, daß wir unterwegs auch Holz genug zu einem Feuer finden werden.«
    Der Fremde kehrte also mit seinen beiden Arrieros und dem Packtiere um, und die Verirrten ritten hinter ihnen her. Den Zug beschloß der Peon, welcher kein weiteres Wort zu sagen gewagt hatte und jetzt eine wahre Armesündermiene zeigte.
    Noch war keine Viertelstunde vergangen, so hatte man das obere Ende der Schlucht erreicht. Sie mündete auf eine kleine Ebene, von wo aus ein freier Blick auf die westlich sich

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