Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
für Petroleum gehalten.«
»Das ist ja gar nicht möglich, Sir. Welche Flüssigkeit könnte das sein?«
»Weiß es auch nicht; aber ich möchte darauf schwören, daß es da oben am Chelly kein Petroleum gibt.«
»Kennt Ihr die Gegend?«
»Ja; ich bin einmal dort gewesen.«
»Längere Zeit?«
»Nein, sondern nur einige Tage; aber das ist gar nicht nötig; man braucht nicht dort gewesen zu sein, um zu wissen, daß kein Erdöl dort vorhanden ist; die Gegend stimmt nicht dazu. Ja, wenn Ihr sagtet, Gold und Silber oder irgend ein andres Metall dort entdeckt zu haben, das wollte ich wohl glauben, Petroleum aber nie!«
»Aber ich habe es doch probieren lassen!«
»So! Und wie ist das Gutachten ausgefallen?«
»Zu meiner vollsten Zufriedenheit.«
»Das kann ich nicht begreifen. Dann ist ein Wunder geschehen, und ich gestehe Euch, daß es mich verlangt, dieses sonderbare Petroleum zu sehen.«
»Das könnt Ihr, Sir. Wenn Ihr uns die Erlaubnis gebt, uns Euch anzuschließen, werdet Ihr es zu sehen bekommen.«
»Ihr würdet mich zu dem Placer führen?«
»Ja.«
»Well; das ist mir wirklich hoch interessant. Also Mr. Frank hat auch nicht an das Oel geglaubt und Mr. Droll wohl auch nicht?«
»Beide nicht.«
»Und Ihr ärgert Euch natürlich darüber?«
»Darüber eigentlich nicht, sondern vielmehr darüber, daß sie den Bankier mißtrauisch gemacht haben. Sie konnten meinetwegen zehnmal oder hundertmal zweifeln; aber ihm ihren Unglauben aufzureden, das hätten sie nicht thun sollen. Sie konnten mir dadurch leicht das Geschäft, welches ich vorhabe zu Schanden machen.«
»Ist dieser Mr. Rollins denn wirklich zweifelhaft geworden?«
»Ja. Und eben auch aus diesem Grunde habe ich Euch gebeten, mich mitzunehmen. Sie wissen sich dann unter Eurem Schutze und werden nicht länger denken, daß ich irgend etwas gegen sie unternehmen will. Wollt Ihr mir den Gefallen thun, Sir?«
»Gern, möchte aber vorher meine Gefährten darum fragen.«
»Ist das nötig, Sir? Sehe ich so wenig Vertrauen erweckend aus, daß Ihr, der Ihr der Anführer zu sein scheint, Euch erst die Genehmigung andrer holen müßt?«
»So schlimm ist es nicht. Wenn Ihr nichts dagegen habt, daß ich aufrichtig gegen Euch bin, will ich Euch ehrlich sagen, daß ich Euch nicht für einen Schwindler, aber auch nicht für das Gegenteil halte; ich halte Euch für einen Menschen, den man erst kennen lernen und prüfen muß, um ihn richtig beurteilen zu können. Darum wollte ich mich erst bei Dick Stone und Will Parker erkundigen.«
»Alle Teufel, Sir! Diese Eure Aufrichtigkeit ist nicht etwa ein Kompliment gegen mich!«
»Aber sie ist doch besser, als wenn ich Euch in das Gesicht freundlich, hinterrücks aber mit Mißtrauen behandelte. Und damit Ihr seht, daß es nicht gar so schlimm gemeint ist, will ich meine Gefährten nicht erst fragen, ob sie Euch mitnehmen wollen, sondern Euch meine Zustimmung gleich jetzt erteilen.«
»Den Bankier und seinen Buchhalter eingeschlossen?«
»Versteht sich doch ganz von selbst, Sir.«
»Wann reitet Ihr von hier fort?«
»Morgen früh, wenn ich mich nicht irre. Wann wolltet denn Ihr weiter?«
»Heute schon; aber ich werde Mr. Rollins und Mr. Baumgarten zu bestimmen suchen, bis morgen zu warten.«
»Thut das, Sir; denn unsre Tiere sind ermüdet und die Frauen und Kinder ebenso, weil diese des Reitens nicht gewohnt sind. Ich will hoffen, daß ich es nicht zu bereuen haben werde, Euch meine Zustimmung gegeben zu haben.«
»Keine Sorge, Sir! Ich bin ein ehrlicher Kerl und glaube dies auch dadurch bewiesen zu haben, daß ich trotz der Gefahr, die ich dabei laufen könnte, bereit bin, Euch das Placer zu zeigen. Ein andrer würde das wohl schwerlich thun.«
»Ja; ich wenigstens würde mich sehr hüten, mein Geheimnis außer dem Käufer noch andern Leuten zu verraten. Also wir sind einig, Sir; morgen früh wird aufgebrochen.«
Er wendete sich von ihm ab. Der Oelprinz wendete sich nach dem Hofe, indem er einen Fluch ausstieß und dann zornig vor sich hinmurmelte:
» Damned fellow! Das sollst du mir büßen! Mir so etwas in das Gesicht zu sagen! Ich muß erst beobachtet und geprüft werden, ehe man mich für einen ehrlichen Menschen halten kann! Der Blitz soll dir dafür in die Glieder fahren! Jetzt freut es mich, daß mein Bruder diese Halunken haben will. Hatte erst wenig Lust, mich mit ihnen abzugeben; nach dieser Beleidigung aber wird es mir eine Wonne sein, sie ihm zuzuführen. Ja, sie sollen Petroleum zu sehen
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