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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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befahl der Häuptling. »Wer seid ihr?«
    »Wir sind Arbeiter,« antwortete derjenige, welcher den größten Mut besaß, der an sie ergangenen Aufforderung nachzukommen.
    »Steht auf; aber thut keinen einzigen Schritt von hier fort, wenn euch euer Leben lieb ist! Warum schleicht ihr so heimlich hier herum? Wenn ihr Arbeiter seid, die zu diesem Kamp gehören, braucht ihr das doch nicht zu thun!«
    »Wir sind nicht geschlichen!«
    »Doch! So leise und gebückt geht kein Mensch, der sich sehen lassen will. Was habt ihr da in den Händen?«
    »Gewehre.«
    »Gewehre? Wozu brauchen Arbeiter Gewehre? Zeigt her; ich will sie sehen!«
    Er entriß sie ihnen, betastete sie und hob dann jedes einzelne empor, um es, gegen den Himmel gerichtet, besser betrachten zu können.
    »Uff, uff, uff!« ließ er sich dann zwar leise, aber im Tone freudigen Erstaunens hören. »Diese drei Gewehre kenne nicht nur ich, sondern sie sind jedem Roten und Weißen hier im Westen wohlbekannt. Die Flinte mit den vielen Nägeln muß die Silberbüchse Winnetous, unseres Feindes sein. Und wenn das richtig ist, so gehören die beiden andern dem Bleichgesichte Old Shatterhand; es ist der Henrystutzen und der Bärentöter. Habe ich richtig vermutet?«
    Die Chinesen schwiegen auf diese an sie gerichtete Frage. Sie sahen, daß sie Indianer vor sich hatten, und fürchteten sich. Sie zitterten förmlich und waren sogar zu feig, einen Fluchtversuch zu wagen.
    »Redet!« fuhr er sie an. »Gehören diese Gewehre Old Shatterhand und Winnetou?«
    »Ja,« hauchte derjenige von ihnen, der bis jetzt gesprochen hatte.
    »So habt ihr sie gestohlen?«
    Der Gefragte schwieg abermals.
    »Ich sehe, daß ihr Wagare-Saritsches seid, denen solche Männer ihre Gewehre niemals anvertrauen würden. Wenn du es nicht gestehst, stoße ich dir das Messer augenblicklich in den Leib! Sprich!«
    Da beeilte sich der Chinese, zuzugeben:
    »Wir haben sie heimlich genommen.«
    »Uff! Also doch! Winnetou und Old Shatterhand müssen sich sehr sicher fühlen, daß sie sich hier von ihren Gewehren getrennt haben. Ihr seid Diebe. Wißt ihr, was ich mit euch thun werde? Ihr habt den Tod verdient!«
    Da warf sich der Chinese auf die Kniee nieder, hob die Hände und flehte: »Töte uns nicht!«
    »Wir sollten euch freilich das Leben nehmen; aber ihr seid gelbe, räudige Schakale, an denen tapfere Krieger ihre Messer nicht besudeln. Wir werden euch also laufen lassen, wenn ihr thut, was ich euch befehle.«
    »Sage es; o, sage es! Wir werden dir gehorchen!«
    »Gut! Warum habt ihr die Gewehre gestohlen? Ihr könnt sie doch nicht brauchen, denn ihr seid keine Jäger.«
    »Wir wollten sie verkaufen, denn wir haben gehört, daß sie sehr, sehr viel Geld wert seien.«
    »Wir kaufen sie euch ab.«
    »Wirklich? Wirklich? Ist das wahr?«
    »Ich bin der Häuptling der Komantschen. Mein Name lautet: Tokvi Kava, was in der Sprache der Bleichgesichter ›schwarzer Mustang‹ heißt. Habt ihr von mir gehört?«
    Jawohl hatten sie von ihm gehört, und zwar nicht etwa etwas Gutes, sondern im Gegenteil so viel Schlimmes, daß der Chinese tief erschrocken antwortete:
    »Der ›schwarze Mustang‹?! Ja, wir kennen dich!«
    »So wirst du wissen, was für ein großer und berühmter Häuptling ich bin, und daß alles, was ich sage, stets die Wahrheit ist. Ich kaufe dir die Gewehre ab.«
    »Wieviel gibst du uns dafür?«
    »Mehr, als jeder andre euch geben würde.«
    »Was?«
    »Euer Leben. Ein solcher Diebstahl wird mit dem Tode bestraft; ich schenke euch aber für die Flinten das Leben.«
    »Das Leben? Nur das Leben?« fragte der Zopfträger zitternd und enttäuscht.
    »Ist das nicht genug?« zischte ihn der Rote an. »Können solche Burschen, wie ihr seid, mehr bekommen, als das Leben? Was wollt ihr noch?«
    »Geld.«
    »Geld! Also Metall! Wenn ihr Metall wollt, könnt ihr auch dies haben, nämlich das Eisen unsrer Messer; sie sind so scharf und spitz, daß ihr genug davon bekommen werdet. Wollt ihr es?«
    »Nein, nein! Verschone uns!« stöhnte der Chinese. »Wir wollen leben; behalte die Gewehre!«
    »Das ist dein Glück, du gelbe Kröte! Und nun höre, was ich dir noch befehle! Old Shatterhand und Winnetou werden sehr bald merken, daß ihre Flinten fort sind; es wird sich ein großer Lärm erheben; sie werden suchen und fragen. Was werdet ihr da thun?«
    »Wir werden schweigen.«
    »Das müßt ihr. Kein Wort dürft ihr sagen, kein einziges Wort, sonst nehmen sie euch das Leben, weil ihr die Diebe seid. Aber auch

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