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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Häuptling, als er im Firwood-Camp die beiden Rappen Old Shatterhands und Winnetous stahl, so stolz behauptete: »Wenn mein Mustang nicht wäre, so würden sie die besten Pferde von einem großen Wasser bis zum andern sein.« Er meinte damit den Atlantischen und den Stillen Ozean, also nach seiner Ausdrucksweise ganz Nordamerika. Ob er damit recht hatte, das sollten die spätern Ereignisse zeigen; aber schon heut abend mußte er einsehen, daß er sich wenigstens in einer Beziehung in den beiden Hengsten getäuscht hatte. Sie waren nicht so leicht zu stehlen, wie er dachte.
    Im Camp wurde an diesem Abende nicht so zeitig wie sonst schlafen gegangen. Die Anwesenheit solcher Gäste, wie jetzt da waren, hielt die Leute auch nach dem Essen wach. Der Engineer saß mit Winnetou, Old Shatterhand und den beiden Timpes an dem einen Tische, wo Erzählung auf Erzählung folgte. An dem andern saßen der Aufseher und der Verwalter, meist still zuhörend und nur zuweilen ein Wort mit in die Unterhaltung werfend. Zu ihnen hatte sich der Mestize wieder gefunden, der sich vollständig stumm verhielt, doch um so schärfer auf alles lauschte, was gesprochen wurde. Winnetou und Old Shatterhand schienen von seiner Anwesenheit nicht die geringste Notiz zu nehmen; er bemerkte keinen einzigen Blick, den sie zu ihm herübersendeten, und doch hatten sie ihn so scharf im Auge, daß ihnen keine seiner Bewegungen und Mienen entgehen konnte.
    Eben erzählte Kas eines seiner Abenteuer, als Winnetou ihn plötzlich mit der Hand aufforderte, zu schweigen.
    »Was ist’s?« fragte er. »Warum soll ich nicht weiter erzählen?«
    »Still!« antwortete der Häuptling der Apatschen. »Es kommen Reiter.«
    Sie lauschten und hörten wirklich schnelle Hufschläge näher kommen, die ganz vernehmlich den tiefen Schlamm hoch spritzten und dann draußen vor der Thür anhielten. Ein eigentümliches, freudiges Schnauben erklang.
    »Uff!« rief Winnetou, indem er rasch aufstand. »Das sind keine fremden Pferde.«
    Old Shatterhand erhob sich ebenso schnell von seinem Sitze und stimmte bei:
    »Nein, keine fremden, das sind unsre Pferde. Wie kommen sie hierher? Habt Ihr nicht eine Wache zu ihnen gethan, Mister Engineer?«
    »Noch nicht.«
    »Warum nicht? Ich habe Euch doch darum gebeten! Wenn ich mich nicht irre, so habt Ihr, als wir von dem Schuppen fortgingen, die Thür desselben selbst verriegelt?«
    »Ja, das habe ich gethan, und darum glaubte ich, daß es mit dem Posten nicht so eilig sei.«
    »Wir befinden uns im Westen, wo es keinen Grund gibt, irgend eine Vorsicht aufzuschieben!«
    »Es muß jemand, irgend ein Arbeiter, die Thür geöffnet haben; da sind die Pferde entwichen.«
    »Entwichen? Sie waren fest angebunden, Sir! Dieser Jemand hat nicht nur die Thür geöffnet, sondern auch die Tiere losgebunden, und das ist jedenfalls ein Verhalten, welches mir sonderbar vorkommen muß. Erlaubt, Sir, daß ich mir einmal dieses Windlicht nehme.«
    Diese Worte waren an den Shopman gerichtet, der an seinem Ladentische hockte. Ueber ihm hing eine gläserne Windlaterne, welche Old Shatterhand vom Nagel nahm und anbrannte, um dann mit Winnetou hinauszugehen. Die andern folgten neugierig, auch der Mestize, der freilich nichts davon wußte, daß sein roter Großvater vorhin die beiden Hengste gestohlen hatte.
    Diese standen wirklich draußen und bewillkommten ihre Herren mit den Zeichen großer Aufregung. Sie schnaubten, wehten mit den Schwänzen, ließen die Ohren spielen, gingen mit den Vorderbeinen hoch, grad wie Hunde, die ihren Besitzer freudig begrüßen. Old Shatterhand leuchtete sie an und rief dann betroffen aus:
    »Alle Wetter! Was ist das? Die Pferde kommen nicht aus dem Schuppen! Seht doch den Schmutz und Schlamm, der hier sogar dick auf dem Rücken liegt! Sie sind galoppiert; sie sind weit fortgewesen! Aber wo und mit wem?«
    »Mit wem?« fragte der Engineer. »Mit niemandem, natürlich. Wem sollte es einfallen, in solchem Wetter und solcher Finsternis mit fremden Pferden spazieren zu reiten?«
    »Reiten? Möchte wissen, wer es fertig brächte, sich auf eines dieser Pferde zu setzen! Es hat niemand darauf gesessen, denn seht, die Sitze sind mit Koth bespritzt.«
    »Also habe ich ja recht! Es hat jemand den Schuppen aufgemacht; da rissen sich die Pferde los und echappierten. Sie sind ein Stück herumgerannt und nun wiedergekommen; das ist alles. Ich werde aber untersuchen, wer hieran die Schuld trägt. Es hat des Nachts kein Mensch im Schuppen etwas zu

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