Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Notsituationen wie dieser sind Streber unabdingbar; das habe ich auch schon in der 4b zu Ruben Willimzyck gesagt: »Kopf hoch, eines Tages gewinnst du die Schachweltmeisterschaft oder den Nobelpreis durch die Erfindung einer chemischen Formel, mit der sich jede Naturkrause in einen Bob verwandeln lässt!«
Allerdings gebe ich zu, dass ich mir für mich, meine Talkshow-taugliche Erkrankung und anschließende Wunderheilung in Lourdes mit eigenem ARD -Brennpunkt, auch durchaus jemanden hätte vorstellen können wie den Landarzt oder Dr. Hofrat aus Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin , der sie auf Madeira leidenschaftlich über ihre Genesung bzw. im Grunde über die von ganz Österreich-Ungarn informiert.
Aber meine Krankenversichertenkarte und ich konnten froh sein, in München überhaupt jemanden mit Kassenzulassung gefunden zu haben, der die nötige Motivation besitzt, mich noch Freitagnachmittags vor einem drohenden Mitralklappenkollaps zu retten. Charlotte Loos – Schicksalsjahre einer Stewardess .
Inzwischen hat mir Dr. Renner eine Blutdruckmanschette angelegt, die sich unangenehm prall aufpumpt.
»Einhundertvierzig zu neunzig«, brummt er emotionslos, lässt zügig die Luft ab und nimmt sein Stethoskop aus meiner Armbeuge. »Hatten Sie schon mal Bluthochdruck?«
Also, bitte! Wie jede normal menstruierende Frau leide ich seit dem vierzehnten Lebensjahr unter chronischem Eisenmangel. Ohne die reguläre Tagesdosis Koffein bin ich zu lethargisch, um abends von X-Faktor auf Popstars umzuschalten, wenn die Fernbedienung nicht in unmittelbarer Nähe liegt.
»Nein, nicht, dass ich wüsste«, fasse ich den komplexen Sachverhalt wieder für ihn zusammen.
Mist, ich scheine wirklich krank zu sein. Dabei will ich doch in den Irak und Mittwoch weiter nach Seoul; diesmal will ich auch wirklich versuchen, dort tagsüber wach zu sein und ein paar Tempel anzugucken und Bibimbab zu essen, das koreanische Nationalgericht, das ich richtiggehend liebe.
»Frau Naumann!« Dr. Renner hat die Tür des Behandlungszimmers geöffnet und ruft in den Empfangsbereich. »Melden Sie bitte Frau … ähm …« Er dreht sich hilfesuchend nach mir um.
»Abigail!«, reagiere ich prompt, und zum ersten Mal sieht er besorgt aus.
»Melden Sie bitte Frau Loos zur Szintigraphie an?«
Hoppla, Abigail ist ja mein Starbucks-Name. In meinem Körper sind ernsthaft ein paar Doshas durcheinander.
»Äh, was ist denn nun mit Fliegen?«, versuche ich hektisch die peinliche Situation aufzulockern.
Gerade noch rechtzeitig bevor Dr. Renner, der mir jetzt die Hand zum Abschied gibt und irgendetwas murmelt von wegen, dass es schon mal zu psychotischen Schüben kommen kann im Rahmen der Erkrankung, den Raum verlässt.
Seine Antwort fasst den Sachverhalt kompakt für mich zusammen: »Das tut mir leid. Fliegen können Sie nicht mehr.«
Skyline – Meet the Angels
Rundschreiben
Sehr geehrte Kolleginnen des Kabinenpersonals,
zum Sommer hin möchten wir Sie noch einmal an die Uniform-Trageordnung erinnern:
Zulässig sind ausschließlich Schuhe in Dunkelblau, dies umschließt alle Nuancen von taubenblau bis nachtblau. Zu Hosenrock, Wickelrock und Kleid müssen die Absätze Ihres Schuhwerks mindestens drei Zentimeter hoch sein, sollten jedoch im Absatz fünf Zentimeter nicht überschreiten.
Trotz der »imposanten Optik«, die wir Ihnen gerne bestätigen, bat uns auch der Medizinische Dienst, Sie hieran zu erinnern – zur Vermeidung orthopädischer Erkrankungen in Ihrem eigenen Interesse. Zur Hose dürfen auch Damen flache Schuhe tragen!
Aufgrund der wiederkehrenden Thematik haben wir die Lockerung dieser Regeln mit dem Designer Ihrer Arbeitsuniformen, dem Hause »Rio by Janeiro« diskutiert.
Leider sind wir trotz des von Ihnen vielfach zitierten Renommees zu dem Schluss gekommen, dass sich Pumps der Firma »Louboutin« mit roter Sohle nicht mit unserer Hausfarbe »Stratosphäre-Hellblau« vereinbaren lassen.
Als Linienfluggesellschaft bemühen wir uns um einen klassisch-konservativen Look, der bedauerlicherweise nicht immer mit den »wohl unumstritten wegweisenden Laufstegtrends der New Yorker Fashion Week« einhergehen kann.
Natürlich danken wir Ihnen allen für das große Engagement, mit dem Sie »lediglich die modische Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns sicherstellen« möchten.
Wir wissen diese Geste zu schätzen.
Sollten Sie bei der Wahl Ihrer Uniformschuhe weiterhin unsicher sein, so steht Ihnen hierzu Ihr persönliches Exemplar des
Weitere Kostenlose Bücher