Elf Zentimeter
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I m Juni machte ich mit meinem Vater und meinem besten Freund Jakob einen Motorradausflug ins Gebirge. Am frühen Morgen, gleich nachdem uns meine Mutter ein ausgiebiges Frühstück zubereitet hatte, brachen wir auf. Wir fuhren den Halbach entlang und folgten später der von dichtem niederösterreichischem Wald und schroffen Felsen gesäumten Höllental-Bundesstraße. Das gleichmäßige Rauschen der Schwarza untermalte den Gesang unserer Maschinen.
Jakob fuhr an der Spitze. Auf einer Geraden drosselte er das Tempo, sodass ich ihn einholen konnte und wir kurz Kopf an Kopf fuhren. Im nächsten Moment winkte er, drehte den Gasgriff auf Anschlag und verschwand hinter der nächsten Kurve. Ich lächelte in meinen Helm und nahm die Verfolgung auf. Es war ein herrliches Gefühl, über den Asphalt zu schweben, in den Kurven zu liegen, eins zu sein mit der Straße und zu jedem Zeitpunkt zu wissen, dass meine Yamaha immer noch mehr hergeben würde. Hinter mir folgte mein Vater auf seinem schweren Chopper.
Dann ein Krachen hinter der nächsten Kurve. Ich bremste, aber es war zu spät. Ein roter Kombi hatte Jakob die Vorfahrt genommen. Als er in mein Sichtfeld kam, flogen gerade die Karosserieteile durch die Luft. Jakob war gegen die Fahrertür des Wagens geprallt.
Ich durfte ihn auf keinen Fall überfahren. Ich bremste möglichst vorsichtig, um die Kontrolle über die Maschine nicht zu verlieren. Sie entglitt mir trotzdem, und ich sah, wie ich mit dem Vorderrad um Haaresbreite am Kopf meines am Boden liegenden Freundes vorbeischrammte. Im nächsten Moment prallte ich gegen sein Motorrad, wurde in die Luft geschleudert und sah durch das Visier lange Zeit nichts als den blauen Himmel. Ich betete, dass Jakob noch am Leben war und dass mein Vater rechtzeitig bremsen oder ausweichen würde können, und versuchte, mich im Flug so auszurichten, dass ich beim Aufschlag am Asphalt möglichst unbeschadet bleiben würde. Dafür blieb mir erstaunlich viel Zeit. Ich sah noch Sabines Gesicht vor meinen Augen aufleuchten, dann nichts mehr.
Für ein paar Augenblicke kam ich im Krankenwagen und in der CT -Röhre des Krankenhauses zu Bewusstsein. Endgültig wachte ich erst auf, als mir eine blond gelockte Krankenschwester mit der Taschenlampe in die Augen leuchtete. Ich lag in einem Bett am Gang und mir war so gut wie nichts passiert. Ich hatte bloß eine Gehirnerschütterung erlitten und mein linker Arm war gebrochen. Zwei oder drei Tage sollte ich zur Beobachtung bleiben.
Meinem Vater war glücklicherweise nichts passiert. Als ich zu mir kam, trank er gerade mit meiner Mutter in der Kantine Kaffee. Jakob hatte es schlimmer erwischt. Sein rechtes Bein war zertrümmert und dazu kamen noch zwei gebrochene Rippen. Seine Wirbelsäule war aber in Ordnung. Er hatte keine bleibenden Schäden davongetragen.
Ein Krankenpfleger schob mein Bett in das Zimmer, in dem auch Jakob lag. Wir waren recht gut gelaunt, weil wir den Unfall überlebt hatten. Gegenseitig erzählten wir uns, was das für ein Gefühl gewesen war.
»Voll geil«, meinte Jakob.
Nach dem Abendessen ging ich auf der Station spazieren. Ich war nicht zum ersten Mal im Landesklinikum Lilienfeld. Sieben Jahre zuvor hatte ich ihm schon einmal einen unfreiwilligen Besuch abgestattet. Der Aspekt des Heldenhaften fehlte damals allerdings gänzlich. Im Gegenteil. Ich sorgte beim Nachtdienst zu meiner unendlichen Schmach für einige Belustigung.
Damals, mit siebzehn, hatte ich von einer in Indien und in arabischen Ländern gebräuchlichen Methode der Penisverlängerung gelesen, der sogenannten »Jelq-Massage«. »Jelq« bedeutet auf Arabisch so viel wie »melken«. Dem Artikel zufolge betreiben in diesen Ländern junge Männer ab ihrer Pubertät bis zu ihrer Hochzeit diese Art der Massage. Dabei massieren sie ihr Glied mit Daumen und Zeigefinger, so ähnlich wie man eine Kuh melkt. Sie setzen zwei Finger an der Wurzel an und gleiten damit bis knapp unter die Eichel. Dort angekommen wiederholen sie das Ganze mit der anderen Hand und so weiter.
Ich entwickelte die Jelq-Massage gleich zu einer Kombinationsmassage aus »Melken«, »Abwürgen« und »Massieren« weiter, weil ich damit schneller Erfolg zu haben hoffte. Dabei unterliefen mir einige böse Fehler. Erstens darf die Jelq-Massage nur im schlaffen Zustand des Penis durchgeführt werden und zweitens darf er dabei nicht mit Ringen oder Bändchen abgebunden werden. Das kann, wie ich zu spät herausfand, unter anderem zu
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