Sagen aus der Hanse
holte er aus mit seinem Stock und schlug ihr ein Bein ab. Jetzt nahm er seine Beute unter den Arm und brachte sie nach Hause zu seiner Frau. Die war sehr erfreut über den unverhofften Fang und setzte die verwundete Gans, die auch vor Kälte zitterte und halb erfroren schien, einstweilen hinter den Ofen, der noch etwas warm war, auf einen Stuhl, damit sie sich im Lauf der Nacht etwas erholen sollte.
Als der Wächter aber mit seiner Frau am folgenden Morgen in die Stube trat, erschraken sie sehr, als sie hinterm Ofen eine wohlbekannte vornehme Dame fanden, welche jammerte und wehklagte, daß sie vergangene Nacht ein Bein gebrochen. Da ging der Nachtwächter in sich und schaffte die Verwundete ohne Aufsehn nach ihrer Wohnung, und er hat nie nachher bereut, daß er den ganzen Vorfall verschwiegen und keiner Seele erzählt hat, denn die Dame wollte um alles in der Welt nicht bekannt sein.
Der Schatz
In der Glockengießerstraße, hinuntergehend linker Hand, einige Häuser abwärts vom Glandorpen Hof, hatte vor hundert und etlichen Jahren ein alter Geizhals gewohnt, der so viel Geld zusammengescharrt, daß er damit nicht zu bleiben gewußt; dennoch hatte er keinem auch nur einen Pfennig gegönnt. Wenn er nun seine Kisten soll angesehn, schnitt es ihm durchs Herz, daß seine Erben, arme aber fröhliche Leute, nach seinem Tod alles an sich nehmen sollten, und so hat er ein gutes Teil im Hofe vergraben; aber da er plötzlich krank geworden, hat er sehr getobt und sich gewünscht: der Teufel solle sein Erbe sein.
Als er nun bald danach gestorben, hat man fleißig gesucht und alles umgekehrt, jedoch kein Geld gefunden: dergestalt daß leicht zu erkennen war, der Teufel sei des reichen Mannes Erbe geworden. Dennoch hat der den Kasten aus dem Hofe nicht wegnehmen können, weil ein Stein darauf gelegen, der mit einem Kreuz bezeichnet war.
Nun wohnte in diesem Jahr im gleichen Hause ein Brauer, der sich mit Mühe ernähren konnte, nebst seinem Weib und seinem Sohn, welcher beständig krank darnieder lag. So kömmt eines Tages ein fremder Mann und spricht zu ihm: daß auf dem Hofe ein großer Kasten mit Geld stehe, den er heben könnte, wenn er nur gewillt sei; wodurch er von aller seiner Not befreit wäre. Darüber ist der Brauer sehr froh und geht mit dem Fremden heimlich in den Hof; der zeigt ihm den Ort, und wie er den Stein wegnehmen müsse, um an den Schatz zu kommen. Das tut er auch; wie er aber mit dem Stein aus der Grube steigt, kömmt seine Frau gelaufen und schreit: »Ach, lieber Mann, was ist doch unserm Sohn widerfahren, daß er im Bett liegt und den Kopf in den Nacken verdreht!« Der Mann läßt den Stein sofort auf den Boden fallen und läuft der Frau entgegen; sogleich aber hat der Fremde den Kasten genommen und ist nach dem Stall zu gegangen und verschwunden.
Darüber sind die guten Leute heftig erschrocken: wie sie aber in die Stube kommen, wo der Sohn gelegen, ist er im Begriff aufzustehn, und von Stund an gesund, wie andere, und auch ein feiner Mann geworden, der sein Leben lang seine Eltern ernährte.
Etliche aber sagen, der Teufel habe nicht alles fortgebracht, und es liege dort noch ein Schatz, dem er nicht allein beikommen könne.
Der Teufel als Schatzhüter
In Niedervielande bei Bremen wohnte ein Bauer, der sehr reich war. Der Überfluß machte ihm aber große Sorgen, denn ringsum war Krieg, und jeden Tag konnten räuberische Horden auch auf seinen Hof kommen. Da dachte er mit allem Fleiß daran, sein Gut vor den Räubern zu schützen und beschloß, es dem Schoß der Erde anzuvertrauen.
Er hatte aber einen jungen Knecht, den er aus Mitleid in seine Dienste genommen, da er arm und elternlos war. Als nun an einem Sonntag der Bauer alle seine Leute in die Kirche geschickt hatte, um unbeobachtet seine Absicht ausführen zu können, versteckte sich der Knecht in der Scheune, weil er sich schämte, in seinen schlechten Kleidern in den Gottesdienst zu gehen. Gerade die Scheune hatte der Bauer zum Versteck seiner Habe ausersehen, und so konnte der Knecht, der im Heu ganz verborgen war, gut beobachten, wie sein Herr zuerst ein großes Loch grub, immer tiefer und tiefer, bis es mannstief war, wie er dann in einem großen kupfernen Kessel Gold und Silber, Münzen und Gefäße in gewaltigen Mengen hinabsenkte, wieder zuschaufelte und den Boden einebnete und dann den Teufel zu des Ortes Hüter bestellte, dergestalt, daß in sieben Jahren niemand den Schatz heben dürfe, und wer dann käme ihn zu holen, dürfe
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