Sagen aus Oberösterreich
entschlossen und verstand, das Schwert wohl zu führen.
Das gewaltige Heer zog die Donau abwärts und gelangte nach vielen Beschwerlichkeiten und Gefahren und nach einer stürmischen Fahrt über das Meer, zwar durch Seuchen und Überfälle vermindert, aber kampfbegeistert in das Land der feindlichen Sarazenen. Diese setzten den Truppen hart zu und verwickelten sie in zahlreiche Kämpfe. Doch rückte das Heer immer weiter vor und nahm manche Stadt in Besitz.
Als die Kreuzfahrer vor der festen Stadt Ikonia angelangt waren, stockte der Vormarsch. Die Feinde hatten sich hinter den gewaltigen Mauern verschanzt und wiesen alle Angriffe des Kreuzfahrerheeres zurück. Es kam zu hartnäckigen Kämpfen. Mit wahrem Löwenmut stürmten die Kreuzfahrer an, und es gelang ihnen auch, an einer Stelle die Mauern zu ersteigen und ihre Fahne dort aufzupflanzen. Aber mit verbissener Wut wehrten sich die Feinde. Haufen von Gefallenen lagen vor den Mauern, und die tiefen Gräben füllten sich mit Toten. So groß war die Zahl der erbitterten Feinde, daß sich die in Blut und Schweiß gebadeten Angreifer nicht mehr zu halten vermochten und langsam zurückgedrängt wurden. Da verließ auch die Tapfersten der Mut; sie begannen zu weichen, und die schon auf den Mauern flatternde Fahne der Christenheit geriet in höchste Gefahr, in die Hände der Ungläubigen zu fallen. Als die deutschen Streiter sahen, daß die heilige Fahne verloren war, wurden sie gänzlich verzagt und wandten sich zur Flucht.
In dieser höchsten Not sprang der tapfere Müllerbursch aus Ried vor die wankenden Reihen, und weil er gerade nichts Besseres hatte, zog er seinen Bundschuh aus, hängte ihn auf eine Lanze und schwang dieses absonderliche Feldzeichen vor den weichenden Kämpfern. Da stockte die Flucht. Erstaunt beobachteten alle zunächst sein seltsames Tun. Als der mutige Troßknecht mit seinem Feldzeichen aber kühn gegen die Stadt vorstürmte, als wolle er sie allein im Sturm nehmen, scharten sie sich mit neuem Kampfesmut um ihn und gingen mit solchem Feuer vor, daß sie im ersten Anlauf wieder die Höhe bezwingen und die Mauern ersteigen konnten.
Die Fahne war gerettet. Fürchterlich tobte der Kampf, aber die heldenhaften Angreifer ließen nicht mehr locker; die Feinde wurden geworfen, und die Stadt ging in den Besitz der Kreuzfahrer über.
Die Heldentat des Müllerburschen hatte die entscheidende Wendung gebracht. Der Herzog von Bayern ließ den wackeren Streiter zu sich rufen, schlug Dietmar zum Ritter und verlieh ihm, weil er durch den angehängten Schuh so viel zum Siege beigetragen hatte, den ehrenvollen Beinamen »Der Anhanger«. Nach seiner glücklichen Heimkehr erhielt er noch ausgedehnte Güter. Seine Tat wurde weithin bekannt, und sein Ruhm war in aller Munde.
Seine Heimatstadt Ried aber führt seit dieser Zeit zur Erinnerung an ihren tapferen Sohn »Dietmar den Anhanger« den Bundschuh im Wappen.
Fensterln am Freitag
Allgemein bekannt ist es bei den Mühlviertler Bauern, daß es nicht recht ist, am Freitag fensterln zu gehen; das wollen die Geister nicht. Die jungen Burschen wollen es nur nicht einsehen und glauben, trotzdem zu können, bis sie selbst eines besseren belehrt werden.
Ein Bauernsohn in Grettenbach hatte seinen Schatz jenseits des Aubachs in Zinnöck. Er konnte es nicht lassen, das Mädchen auch am Freitag zu besuchen.
Wie er die Wiesen niederschritt zum Bach, wurde ihm plötzlich ganz unheimlich zumute; er sah unten ein Lichtlein tanzen und, als er näherkam, merkte er, daß es rund um eines der mächtigen Trümmer Urgesteins, wie sie auf den Feldern und Wiesen verstreut liegen, als hätte ein Riese damit Ball gespielt, tanzte; immer rundum. Dabei war ein seltsames Ge-räusch zu hören, als würde einer eine Sense wetzen. Aber trotz der hellen Mondnacht war kein Mensch zu sehen.
Da faßte den Burschen das Grausen, er kehrte um und rannte zurück. Nie wieder wandelte ihn die Lust an, auch in der Freitagnacht fensterln zu gehen.
Ähnlich erging es auch einem anderen Burschen, der am Freitagabend auf dem Wege zu seinem Mädel durch den dichten Wald auf dem Grettenberg wanderte. Daß der Grettenberg voll von geheimnisvollen Wesen ist, bezeugen die vielen »Hexenlöcher« und »Teufelssteine« in dem wildromantischen Wald.
Als der Bursch so rüstig fürbaß schritt, erhob sich plötzlich in den Wipfeln der uralten, mächtig hohen Fichten ein Brausen, ein Tosen strich über sie hin, daß sie sich tief niederneigten, ein Heulen ging
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