Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
wilde Jägerin geschildert sein. Die Formen Archen und Arke (Haupts Zeitschrift 4, 386) aber stimmen zu der angelsächsischen Erce, eordhan môdor, und hiernach ließe sich eine weibliche Era vermuthen, welche neben dem männlichen Ero stünde wie Freyja neben Freyr, Fricca neben Fricco, Gode neben Wodan, Nerthus neben Niördhr, vielleicht auch Zisa neben Zio. – Ein gleiches Götterpaar scheint Muota und Muot gewesen zu sein: Muot hieß nach dem schwäbischen Muates heer (Myth. 883) der wilde Jäger; Frau Motte aber wird man besser durch Frau Muota, niederdeutsch Môda, erklären als nach Analogie von Frau Nachtigall, Frau Meise und dergleichen für einen scherzhaften Ausdruck (Domina Tinea) halten. Wenn Muot, wie es scheint, Wodan selbst ist, so stimmt Frau Motte genau zu Frau Gode.
9. In dem Gedichte von Friedrich von Schwaben kommt Angelburg, Friedrichs Geliebte, mit zwei anderen Jungfrauen in Taubengestalt durch die Luft geflogen. An einer Quelle lassen sie sich nieder, verwandeln sich in Mädchen, legen die Kleider ab und baden sich in der Flut. Friedrich raubt die Gewänder und bekommt, wie es in Sagen von Schwanjungfrauen geschieht, dadurch die Mädchen in seine Gewalt. Da er unter dem Namen Wieland die verlorene Geliebte sucht, ist, wie schon W. Grimm (Deutsche Heldensage S. 402) bemerkt, ein Zusammenhang dieser Sage mit der im eddischen Wielandsliede erhaltenen unzweifelhaft, und die Tauben des deutschen Gedichtes stehen den nordischen Schwänen gleich. Zu beachten ist daß die drei Jungfrauen ihre Taubengestalt verlieren, sobald sie den Boden betreten, und auch in unserer Sage die Taube die Erde nicht berührt. Hiermit hängt wohl zusammen daß man die Hexen vor Gericht nicht auf bloßen Boden treten ließ, weil man meinte, sie bekämen dann Gewalt sich zu verwandeln. Wie hier die Taube mit ihren Flügeln Sturm erregt, kommen nach der ältern Edda die Winde von dem Riesen Hræsvelgr, der in Adlergestalt am Ende des Himmels sitzt und die Flügel schlägt (Myth. 599). Ein Stühlchen nimmt im Märchen von den sieben Raben die Schwester der Raben wie hier die Taube mit sich auf die Wanderschaft, und nach demselben Märchen sitzen die Sterne auf goldenen Stühlen (Kinder- und Hausmärchen 1, S. 160. 161.) Mit der Frau ist ohne Zweifel die in den zwölf Nächten umziehende Göttin gemeint: daß sie durch die Lüfte fliege und dabei Segen ausstreue berichtet schon Gobelinus Persona von der Hera, und noch jetzt wird es in der Mark von der Harke erzählt.
11. Durch die Hebung eines Schatzes ist öfter die Erlösung Verwünschter bedingt: vergl. Sage 15. Deutsche Sagen 1, 13. Bechsteins thür. Sagenschatz 3, S. 210. Wolfs deutsche Märchen und Sagen. 251. 255. 431.
13. Mit gelben Pantoffeln zeigt sich die weiße Frau zu Chorin (Märkische Sagen 190), wobei schon Kuhn (Vorr. VIII) an Berchtas Schwanenfuß erinnert.
16. Über die Erlösung verwünschter Jungfrauen durch Küsse und die zauberische Gewalt überhaupt, welche in Sagen dem Kusse zugeschrieben wird, vergl. Myth. 921. 1055 und meine Abhandlung De Theophili cum diabolo foedere S. 7.
18. Vergl. Deutsche Sagen 1, 226. Wolfs deutsche Märchen und Sagen 257.
20. Das Volk spricht nicht Gütchen-, sondern Jütchenteich und fügt in der gewöhnlichen Weise, in der es ihm nicht mehr verständliche Namen erklärt, hinzu, es sei einst ein Jude dort ertrunken und danach sei der Teich benannt. Gütchen heißen die Elbe, wie sonst Holdchen, die guten Holden, the good people, die guten Nachbarn, liuflîngar (die Lieblinge). Das Jüdel der chemnitzer Rockenphilosophie (s. Myth., 1. Ausg., Aberglauben Nr. 62. 389. 454. 473) deutet schon Grimm (2. Ausg. der Myth. 449. Anm. †) als güetel: gutelos nannte man die Bergmännchen, wie Ludwig Lavater De spectris, lemuribus et magnis atque insolitis fragoribus (Genf 1570) S. 92 nach Georg Agricola angiebt, und nach Horsts Zauberbibliothek 5, 349 erwähnt auch Schott Physica curiosa 1. Buch 38. Kap. in dem Abschnitt De virunculis et foemellis die gutelos oder Gütelen. Ferner führt Pfitzer in seiner Bearbeitung des widmannschen Volksbuches von Faust S. 110 Gütchen unter andern Namen elbischer Wesen auf: im zweiten Theil von Göthes Faust (Ausg. von 1840, S. 51) heißen die Gnomen »den frommen Gütchen nah verwandt«: auch wird (Myth. 441) von dem Pilwiz gesagt er solde sîn ein guoter. Der Gütchenteich ist also ein Teich der Elbe. Ihm entstammen die Kinder der Menschen wie in Hessen
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