Sakuro, der Daemon
glaubte, von einer Stahlklammer umschlossen zu sein. Seine Arme, seine Beine, sämtliche Glieder waren steif.
Langsam näherte sich Sakuros Fratze seinem Gesicht. Der Geruch von Pech und Schwefel ging von dem Dämon aus.
Höllengeruch!
Kenneth spürte, wie eine eiskalte Hand seinen Körper berührte. Eine nie gekannte Kälte erfaßte ihn, lähmte seine Muskeln und versetzte ihn in eine totenähnliche Starrheit.
Sakuro wartete noch einige Sekunden und verschwand mit ihm genauso lautlos wie er gekommen war.
Der Dämon hatte sich ein neues Opfer geholt!
*
Sheila Hopkins erwachte, als der Wind ihr Schlafzimmerfenster zuschlug.
Verwirrt richtete sie sich auf.
Sie brauchte einige Zeit, um zu wissen, wo sie sich befand.
»Mein Gott, habe ich fest geschlafen«, murmelte sie verstört.
Der kalte Nachtwind bauschte die Vorhänge auf und umfächerte ihren nackten Oberkörper.
Das machte Sheila wieder munter. Kurz entschlossen schwang sich das Girl aus dem Bett, schlüpfte in ihren Morgenmantel und schloß das Fenster.
Ob Kenneth schon schlief? Er war am Abend so komisch gewesen, wollte unbedingt allein schlafen, was sonst noch nie der Fall gewesen war.
Sheila beschloß, in Kenneth' Zimmer zu gehen.
Leise öffnete sie die Tür und tastete in der geräumigen Diele nach dem Lichtschalter.
An den Wänden leuchteten einige Lampen auf. Sie verbreiteten ein warmes Licht.
Über die breite Treppe ging Sheila nach oben. Vor Kenneth' Zimmertür blieb sie stehen.
Eine seltsame Unruhe erfaßte das Mädchen, Schließlich gab sich Sheila einen Ruck und klopfte leise an die Zimmertür.
Keine Reaktion.
Kurz entschlossen drückte Sheila die Klinke nach unten. Die Tür schwang zurück.
»Kenneth?« rief Sheila leise.
Ihr Verlobter gab keine Antwort.
Das Mädchen schob sich ganz in den Raum. Sie sah, daß die kleine Nachttischlampe brannte, entdeckte die Bücher, die auf dem Bett lagen, und eine zertretene Zigarette.
Von Kenneth Branden fehlte jede Spur.
Erst jetzt sah Sheila, daß die Balkontür sperrangelweit offen stand.
Sollte Kenneth so mir nichts dir nichts verschwunden sein?
8
Sheila trat auf den kleinen Balkon.
»Kenneth!« Ihre Stimme schallte durch den Park und verhallte irgendwo in der Dunkelheit.
Doch Kenneth Brandon gab keine Antwort. Er konnte nicht mehr antworten.
Jetzt bekam es Sheila Hopkins doch mit der Angst zu tun. Sie rannte zurück in die Diele und riß den Telefonhörer von der Gabel. Mit fliegenden Fingern wählte sie die Privatnummer ihres Vaters.
Als sie Gerald Hopkins sich verschlafen meldete, sprudelte Sheila sofort mit ihrem Bericht los.
Hopkins ließ seine Tochter reden. Er unterbrach sie nicht ein einziges Mal.
Dann, als Sheila geendet hatte, sagte er nur: »Komm sofort zu mir. Dann werden wir weitersehen.«
»Und was willst du unternehmen, Dad?«
»Scotland Yard einschalten.«
»Die können auch nicht helfen.«
»Doch, Sheila. Ich habe da einen Bekannten, Superintendent Powell. Er ist der Chef einer Sondergruppe, die sich mit rätselhaften Kriminalfällen befaßt. Die Leute haben schon gute Erfolge erzielt. So, das wär's. Schmeiß dich in deinen Wagen und zisch ab.
Und paß auf.«
»Ja, Dad.«
In fieberhafter Hast streifte Sheila ihre Kleidungsstücke über, warf die anderen Sachen kreuz und quer in den Koffer und rannte aus dem unheimlichen Haus.
Sie sah nicht, wie ihr zwei glühende Augen nachstarrten. Sakuro lag immer auf der Lauer . . .
*
Die sechs Schüsse peitschten so schnell hintereinander auf, daß sie fast wie ein einziger Schuß klangen.
Die Detonationen hingen noch im Raum, da rief der Trainingsleiter schon:
»Klasse, John. Viermal die Zwölf und zweimal die Elf. Du wirst immer besser.«
John Sinclair grinste trocken und legte die Pistole zur Seite. »Dann bin ich wohl fertig, Smitty.«
»Sicher. Aber nächsten Monat sehen wir uns wieder. Und wie ich dich kenne, wirst du dann nur die Zwölf treffen.«
John lachte, winkte dem Trainingsleiter noch mal zu und verließ den Keller.
Diese Schießübungen gehörten genau wie das monatliche Karate-und Judotraining zur Routine des ScotlandYard-Inspektors. Und das war gut so. Denn die Aufgaben, die John Sinclair übertragen wurden, waren meistens lebensgefährlich.
Zwei Minuten später stand John Sinclair unter der Dusche. Der ScotlandYard-Inspektor war Anfang Dreißig, groß, durchtrainiert, hatte blondes Haar und blaue Augen. Er gehörte innerhalb des Yard zu einer Spezialabteilung, die sich mit
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