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Salve Papa

Salve Papa

Titel: Salve Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Kaminer
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ihre Freizeit brauchen, ist ein kleiner Laptop mit CD-Brenner sowie ein Handy mit eingebautem Fotoapparat, vielleicht noch ein DVD- oder MP3-Player für unterwegs und basta!
    Für den Kapitalismus ist eine solche Askese ein harter Schlag. So kann er nicht arbeiten, das Kapital zirkuliert dabei nicht richtig, und die ganze Ökonomie gerät ins Stocken. Der Kapitalismus muss den zickigen Konsumenten fest an sich binden, ihn abhängig von seinen immer neuen Waren machen. Also produziert er schlechte Waren, die gut aussehen, aber schnell kaputtgehen. Bestimmt wäre es bei dem heutigen Stand der Technik ein Klacks, ewig haltende Videorekorder aus Stahl in jeder Wohnung zu installieren, große Fernseher in die tragenden Wände einzubetonieren und einen zweiundsiebzig Jahre dauernden Film laufen zu lassen als ultimativen Kick für das ganze Leben: immer spannend, immer humorvoll, vor zwanzig Uhr süß und kinderfreundlich, zur späten Stunde ungemein erotisch – ein Film für alle, ein Quotenkiller, mit täglichem Happyend, konkurrenzlos. Der Sozialismus hätte es bestimmt so gemacht.
    Aber sein schlauer Widersacher ist an solchen Glanzleistungen gar nicht interessiert. Stattdessen verkauft der Kapitalismus Zeichentrickfilme auf DVD gleich in zehn Sprachen, meistens in solchen, die kein Schwein versteht. Dieses Überangebot hat zur Folge, dass meine Kinder sich ihre Zeichentrickfilme bevorzugt auf Finnisch oder Japanisch reinziehen, nachdem sie die deutsche Fassung bis zum Überdruss genossen haben. Das eine Kind schreit neuerdings gerne »Hoschimori!« und behauptet, es heiße auf Japanisch: »Der Zug kommt«. Das andere Kind behauptet, das wäre finnisch und würde »Ich liebe dich« bedeuten. Oft stecken sie gleich zwei Filme übereinander in den DVD-Player, drücken auf alle Knöpfe gleichzeitig oder versuchen, das Innere des Geräts mit einem Strohhalm (»Tschassiro« auf Japanisch) zu untersuchen. Jetzt ist der Player, wie gesagt, kaputt. Mancher wird sagen, die Kinder seien daran schuld. Ich denke aber doch: Es ist der Kapitalismus.
     

Kleine Männer
    Wir Männer haben es nicht leicht, uns in einer weiblich dominierten Gesellschaft zu behaupten, besonders wenn wir noch klein sind und in die Grundschule gehen. Wenn ich meinen Sohn beobachte, wie er in seiner überwiegend von großwüchsigen Mädchen beherrschten Klasse 3A schwitzt, dann möchte ich nicht in seiner Haut stecken. Jede Woche berichtet eine andere meinungsbildende Zeitschrift, das männliche Chromosom sei bloß ein skurriles Abbild des weiblichen, ein Irrtum der Natur, für die erfolgsorientierte Fortpflanzung nicht wirklich notwendig – die pure Genombeschmutzung. Im Fernsehen wird das Aussterben des männlichen Geschlechts stellvertretend anhand von Tierfilmen prophezeit. Frösche, Vögel, Insekten. Die Männchen werden von den Weibchen aufgefressen oder bleiben noch auf dem Wege zur Braut irgendwo hängen. Besonders abstoßend finde ich die Dokumentation über alte Krokodile, die sich nicht mehr vermehren können, obwohl sie sich von weiblichen Krokodilen noch durchaus angesprochen fühlen. Nur haben sich im Laufe der Evolution ihre Geschlechtsorgane so unglücklich verkrümmt, dass sie nicht mehr zu den modernen Krokodilweibchen passen. Ich nehme solche Filme immer sehr persönlich. Ich frage mich, was das Ganze soll. Was will uns der Filmemacher damit sagen? Jede Woche diese alten Krokodile – zum vierten Mal in Folge –, und jetzt auch noch Merkel.
    Eine unterschwellige Hetzkampagne gegen Männer ist im Gange. Das fängt schon in der Schule an. Dort ist der Druck auf die heranwachsenden Männer bereits enorm hoch. Sie müssen ständig den bösen Buben, den Hooligan abgeben, Fußbälle in Fenster kicken, einander auf dem Hof verhauen, Mädchen an den Zöpfen ziehen. Das fällt einem heranwachsenden Mann nicht leicht. Erst recht, wenn die Mädchen in der Mehrzahl sind und meistens einen Kopf größer und zehn Kilo schwerer. Trotzdem werden sie als das zarteste Glied der Evolutionskette behandelt. Wenn ihnen etwas gelingt, werden sie in den Himmel gelobt, wenn sie etwas nicht können, werden sie entschuldigt. Die Jungs dagegen stehen immer auf der Kippe. Ein falscher Schritt, und du wirst als Versager abgestempelt.
    Bei meinem Sohn war es der Schwimmunterricht, der ihn aus der Fassung brachte. Als Junge darf er keine Angst vor dem Wasser haben, er muss immer der Beste sein, oder gar nicht erst antreten. Zuerst war er mit der

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