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Salve Papa

Salve Papa

Titel: Salve Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Kaminer
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immer von einer herrschenden Kultur, die eine andere »toleriert« oder tolerieren sollte, ohne ihr Dominanzempfinden dabei auch für Sekunden infrage zu stellen – im Gegenteil! Toleranz ersetzt in der globalen Welt die Gastfreundschaft.
    Ich bedanke mich artig, fahre weiter und stecke die Gummibärchen ein – auf manche Hobbits ist wirklich kein Verlass.

Adam und die Affen
    Aufmerksame Eltern wissen, dass man heutzutage die Bildung des Nachwuchses nicht blind der Schule überlassen darf. Deswegen lassen wir keine Frage unserer Kinder unbeantwortet. Als unsere Tochter wissen wollte, woher die Menschen kommen, erzählte ihr ihre Mutter die Geschichte von Adam und Eva, wie sie sich im Paradies kennen lernten, die Frucht vom Baum der Erkenntnis aßen und dafür Paradiesverbot bekamen.
    Ich ergänzte, dass natürlich nicht alle Menschen von Adam und Eva abstammen, einige andere wurden von Außerirdischen als Pilzsporen durch einen Aal geschleust. Dann gab es noch die Mikroorganismen, die auf Meteoriten unter extrem hohen Temperaturen auf die Erde prallten und sich später zu Menschen entwickelten. Außerdem gibt es noch die, die von Störchen gebracht werden und die, die man im Kohlfeld findet. Nicht zu vergessen eine ganz neue Sorte, die Klone – wie unser Hausmeister, der wahrscheinlich aus Schaf Dolly geklont wurde.
    »Im Grunde hat jeder Mensch einen individuellen Ursprung, du kannst dir einen auswählen«, erklärte ich meiner Tochter.
    Von allen Ursprüngen gefiel Nicole am besten der mit dem Paradies. Sie erzählte also die Geschichte von Adam und Eva in der Schule und wurde daraufhin von den anderen Mädchen in der Klasse ausgelacht. Das sei doch alles Quatsch, behaupteten sie. Wir Menschen stammen alle von Affen ab, so wurde es ihnen im Fach Lebenskunde erklärt. Um ihrer These mehr Autorität zu verleihen, fragten die Mädchen die Klassenlehrerin, die dann auch ihre Affenherkunft sofort bestätigte. Zum Glück wusste unsere Tochter von den unterschiedlichen Möglichkeiten menschlicher Herkunft und gab nicht klein bei.
    »Vielleicht stammt ihr von Affen ab«, sagte sie selbstbewusst, »ich aber von Adam und Eva.«
    Als sie uns zu Hause diese Geschichte erzählte, wunderte ich mich, dass ausgerechnet die verstaubte Affentheorie Eingang in die Bildungsstätte gefunden hatte, obwohl sie die dümmste von allen ist. Mit einem einzigen Besuch im Zoo kann man sie widerlegen. Dort sitzen etliche Affen hinter Gittern, die nicht einmal ansatzweise bereit sind, sich in irgendetwas zu verwandeln. Selbst in meiner unaufgeklärten sowjetischen Heimat glaubte niemand an diesen Unsinn. Doch die Affentheorie, mit der ein gleicher Ursprung für alle postuliert wird, passt wie angegossen zum neuen Europa, diesem Superstaat der Großkonzerne, der den alten Nationalstaat immer stärker bedrängt und alle Völker austauschbar und so tatsächlich zu Affen macht. Es ist ganz gleich, ob ein Deutscher oder ein Chinese am Fließband steht, wichtig sind allein die niedrigen Produktionskosten und die hohen Gewinne. Eine neue kosmopolitische Identität wird bereits seit Jahren von den dafür zuständigen Soziologen ausgearbeitet. Die Menschen wehren sich dagegen, in dem sie ganz affig immer neue miese Nationalismen entwickeln: Den Nachbarn treten, um die eigene Einzigartigkeit zu behaupten, lautet die Parole.
    Neulich verbrachte ich zwei Tage an der Nordsee, am trostlosesten Strand Deutschlands, wo es außer Matsch und fünf Strandkörben nichts gab. Sogar das Wasser haute bei Ebbe regelmäßig ab. Dort im Regen verkauften die Einheimischen auf dem Flohmarkt ihre handgemachten Lammfelle. Ich machte den Fehler, an einem Fell zu riechen.
    »Ich weiß, was Sie denken«, reagierte die Verkäuferin sofort. »Die polnischen, die stinken! Aber das hier ist deutsche Qualität, richtige Verarbeitung! Das können die Polen nicht! Oder? Sind Sie etwa aus Polen?«
    Die Frau testete mich, um meine Herkunft herauszufinden.
    »Nein, nein ich bin nicht aus Polen«, sagte ich und misstraute mir dabei selbst.
    Zwei Tage später in Berlin suchte ich eine günstige Flugverbindung nach Moskau. Die Angestellte von der teuren Lufthansa sagte leise zu mir: »Sie können natürlich auch mit Aeroflot reisen, aber deren Piloten fliegen alle auf Heroin.« Ich grunzte laut und vermasselte so die Fortsetzung dieses vertraulichen Gesprächs.
    Am schlimmsten ist es jedoch, Zahnärzte in den verschiedenen Ländern zu besuchen. Die russischen sind immer entsetzt, wenn

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