Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
nur so aus ihr heraus.
Der Narr war sichtlich erschüttert. "Lizerant versucht, Euch zu erpressen?“
„Er will mir Angst einjagen, ja. Die Templer wissen aber auch über deine Vergangenheit Bescheid, Falk, womöglich über Bamberg und diesen Doktor Rübsam. Über das Buch und den Auftragsmord! Bislang geht mir das Scheusal von Komtur aus dem Weg. Aber was, wenn er Ernst macht? Soll ich einen Brief nach Rom schicken und mich offiziell über ihn beschweren?“
Hagelstein blickte auf die hochgezogenen Spitzen seiner Stiefel. Er atmete einmal tief durch. „Davon möchte ich Euch abraten. Am Ende stammt das Geheiß, Euch auszuhorchen, vom Heiligen Vater selbst - was natürlich das schäbige Verhalten des Komturs nicht entschuldigt.“
„Nein, das hat auch der Eremit gemeint.“
„Ihr habt Bruder Thomas ins Vertrauen gezogen? Ihm Miravals Brief gezeigt?“
„Aber nein, doch nicht den Brief! Was hätte ich denn tun sollen? Du warst nicht da und ich ... nun, mit Leonora kann ich über Miraval nicht sprechen. Sie würde mir bittere Vorwürfe machen. Und Petronilla ... ach, sie ist so anders geworden, seit sie wieder bei uns ist. Ich weiß nicht, was mit ihr los ist. Einmal ist sie überaus lustig, albert mit Gala herum, dann wieder ist sie verschlossen, und man bringt kein Wort aus ihr heraus. Aber Dir möchte ich den Brief zeigen, mein lieber Freund. Hier, lies ihn.“
Sie zog das Schreiben aus einer verborgenen Tasche ihres Gewandes.
Doch Hagelstein hob abwehrend die Hände. „Die Zeilen sind für Euch und nicht für mich bestimmt, Doña Sancha. Ich rate Euch auch, redet tunlichst mit niemandem über Eure Gefühle zu diesen Mann. Aber … schämt Euch auch nicht dafür!“
Sancha nickte. „Das will ich tun. Bei Gott, ich bin froh, dass du wieder hier bist und der grauenvollen Unordnung in meinem Kopf den Garaus machst. Ich habe Bruder Thomas gefragt, was wohl von Gott gewollt sei, meine Ehe mit Roç oder meine Liebe zu einem anderen, und weißt du, was er mir geantwortet hat? Die Liebe gäbe der Laute neue Töne und der Feder nie gekannte Worte. Darüber hinaus sei sie unbegreiflichen Gesetzen unterworfen.“
„Ein kluger Mann.“
„Kluge Worte. Aber wenig hilfreich.“ Sancha glättete mit den Händen ihr Gewand. „Ich musste einfach mit jemandem reden. Ich war so angespannt nach dem Fehler, der mir mit Lizerant unterlief. Meine Unbeherrschtheit ... Dabei dachte ich, ich hätte sie längst überwunden.“
„Geht es ... Herrn von Miraval gut?“
Sancha nickte. „Gott sei es gedankt! Graf Raymond hat ihm seinerzeit ein kleines Lehen verschafft, irgendwo in Aragón, wo Leonora Grundbesitz hat. Doch Miraval hat mir den Ort nicht preisgegeben. Ich kann ihm nicht antworten, also wird er mir auch nicht mehr schreiben. Es ist vorbei.“
Falk sollte ihre Tränen nicht sehen. Sie drehte sich zum Fenster um, faltete den Brief zusammen und steckte ihn wieder ein. Miravals Abschiedsworte kannte sie längst auswendig:
Was wäre ich ohne Eure Liebe, die mich hält? Aber wenn ich Euer Herz und Euren Verstand betrachte, spüre ich nicht länger Traurigkeit und Schmerz – sondern Freude! Auf mein Liedlein, ziehe ein letztes Mal zu der Geliebten und lass sie wissen, dass ich mich leicht und frei fühle ...
Leicht und frei. Er hatte es ihr leichtmachen wollen. Sie sollte frei sein, frei sein von ihm!
Sancha drehte sich wieder um. Der Narr lehnte am Pfosten ihres Bettgemachs. Den Kopf schräg gehalten, die Wangen leicht eingezogen, beobachtete er sie aus halb geschlossenen Augen. So kannte sie ihn. Er würde sie nie verlassen! Sancha war wirklich erleichtert, dass er wieder hier war. Unter Tränen begann sie zu lächeln. „Bist du müde?“
„Ich habe nachgedacht“, sagte Hagelstein. „Vergesst die Drohung des Templers. Sie lief ihm im Ärger von den Lippen - wie Euch die Hand ausrutschte, und sicher hat er seine Worte längst bereut.“
Doch Sancha schüttelte trotzig den Kopf. „Nein, das überzeugt mich nicht, Falk. Zumal wir auch nicht wissen, ob er diesen Pons tatsächlich gehängt hat. Ich sage dir, solange wir dieses Tor nicht gefunden haben, werden Lizerant, Montfort und die anderen keine Ruhe geben.“
Der Narr hob das Kinn an und spitzte bedeutungsvoll den Mund.
„Was hast du? Warum tust du so rätselhaft?“
„Nun“, er streifte sich das Haar hinter die Ohren und grinste, „ich bin da wohl auf eine heiße Spur gestoßen.“
Ein freudiger Schrecken durchlief Sancha. „Bei Gott, Falk
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