Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
schwarzhaarig seid.“
„Gemach, gemach! Jakob ist mein Sohn!" Er erklärte ihr, dass der Kleine nach seiner Stieftante Inés käme, die bekanntlich Haare wie Feuer besäße. Die Sache, auf die er anspiele, hätte sich ganz anders verhalten, sagte er. Er habe seinerzeit ernsthaft die Scheidung angestrebt, worauf sich Marie heimlich in sein Bett geschlichen und sich für eine andere ausgegeben hätte, für eine Frau, die er damals liebte. Es sei eine mondlose Nacht gewesen. Er, müde und betrunken, habe den Irrtum nicht bemerkt. „Wie du weißt, ist Marie für gewöhnlich prüde und bigott, aber in dieser Nacht hat sie mir derart aufreizende Worte ins Ohr geflüstert, wie ich sie zuvor von ihr nie vernommen hatte.“
Pedro schlug die Hände vor seine Augen. „Wie hätte ich bei alldem an meine Gemahlin denken sollen, die sich für gewöhnlich beim Beischlaf wie eine der hölzernen Puppen verhält, die zu Dutzenden ihr Gemach zieren? ... Nun, einige Wochen später bekannte sie, von mir schwanger zu sein. Schwanger, obwohl ich sie wissentlich gar nicht angerührt hatte. Es sei der Wille des HERRN“, betonte sie, „dass sie als meine rechtmäßige Gemahlin mir einen Sohn gebäre, sie und keine andere. Diese Schlange! Oh, wie ich sie hasse! Glaub mir, Sancha, Marie saugt mich aus mit ihrer Falschheit, ihren Intrigen, ihrer fortwährenden Nörgelei. Sie kostet mich Kraft. Kraft, die ich dringend für mein Land brauche, für Aragón und auch für Toulouse ...“
„Bei Gott, ich verstehe ...“, sagte Sancha mit spröder Stimme. Angespannt massierte sie die steile Falte über ihrer Nasenwurzel. Und sie hatte von Tagen des Müßiggangs in Zaragoza geträumt?
„Nun weißt du über alles Bescheid.“ Pedro atmete tief durch. „Aber da gibt es noch etwas. Ich musste meinen Sohn auch deshalb opfern, weil ich derzeit, obwohl gewissermaßen das Haus meines Nachbarn brennt, nicht mit einem Heer nach Toulouse ziehen kann. Rom hat nämlich alle christlichen Herrscher aufgefordert, einen großen Feldzug gegen die Almohaden vorzubereiten. Eine Allianz mit Navarra und Kastilien soll geschlossen werden, und ich ...“
Sancha war entsetzt. „Du sollst gegen die Mauren ziehen?“
Pedro nickte. „Schwert gegen Morgenstern. Rom schickt mich an die Heidenfront, um mich von der Ketzerfront fernzuhalten.“
Die Dämmerung war hereingebrochen. Von draußen schrillten die Zikaden. Zwei Pagen traten ein, mit brennenden Wachslichtern in den Händen, mit Wein und Mandelgebäck.
Doch Sancha erhob sich, um die Abendmesse nicht zu versäumen. Leonora wartete bestimmt schon. Das, was sie Pedro hatte erzählen wollen, hatte Zeit bis morgen.
„Und was ist nun mit Marie?“, fragte sie nach, bereits an der Tür stehend. „Wie soll es mit der Königin weitergehen?“
„Sie will nach Rom reisen und Beschwerde gegen mich und meinen Plan einlegen, mich von ihr zu trennen. Wobei mir das Non possumus des Papstes bereits gewiss ist“, meinte Pedro mit einem resignierten Schulterzucken. „Innozenz hat sich ja schon einmal geweigert, diese Ehe zu annullieren. Wäre er nur damals einverstanden gewesen! Maria von Montferrat hätte mein Weib werden sollen. Stell dir nur vor, Sancha, die Königin von Jerusalem, jung, klug, schön, voller Liebreiz. Inzwischen ist sie mit Johann von Brienne verheiratet, leider ... Aber ich gebe nicht auf. Die Trennung von Marie muss sein. Ich will sie loswerden. Was sie mir angetan hat, ist unverzeihlich.“
„Sag, hast du je ihre Stiefschwester Alix kennengelernt? Über sie und ihren Sohn sind sonderbare Geschichten im Umlauf.“ Nun hatte sie doch noch davon angefangen ...
Pedro blickte auf. „Schon wieder?“, fragte er mürrisch. „Nimm noch einmal Platz. Was hört man denn von ihr? Sie scheint im Charakter Marie zu gleichen.“
Sancha setzte sich auf die Kante eines der beiden hohen Lehnstühle, die vor dem Kamin standen und berichtete ihrem Bruder in aller Eile, was sie auf der Templerburg Monzón vernommen hatten. „Miraval ist bereits unterwegs, um Raymond zu benachrichtigen“, sagte sie zum Schluss. „Ich habe ihm aufgetragen, nach dem Novizen Ausschau zu halten und ihn in Sicherheit zu bringen.“
„Gut gemacht“, meinte Pedro mit Nachdruck. „Ich frage mich nur, weshalb mich Cadeil nicht selbst über diese brisante Angelegenheit unterrichtet hat. Ein Geheimnis, das diesen Knaben, sofern er es verstünde, über Könige und Päpste herrschen lassen würde? Hast du eine Vorstellung, was das
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