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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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wieder in Bewegung. Maja lief mit Nils. Einmal stand plötzlich ein Mönch vor ihnen. Es war Alexej. Er war seltsam nervös und fragte Nils, wo Heike sei. Nils sagte, er habe sie hinten im Zug gesehen, glaube er. Was heißt, er glaube das, fragte derMönch. Habe er sie gesehen oder nicht? Nils sagte, er habe keine Ahnung. Der Mönch musterte aufmerksam die Masse der vorbeiziehenden Leute, dann wurde er eine Weile von der Menge mitgetragen, anschließend kämpfte er sich zum Rand der Veranstaltung durch, wo Christoph Mai und Herr Hofmann auf ihn warteten. Mit ihnen ging er eilig davon. Was ist denn mit denen los, fragte Maja. Was macht denn Anastasias Vater hier? Nils zuckte mit den Schultern. Sie: Und wieso fragt der Mönch dich nach Heike? Nils sagte, er habe keine Ahnung. Sie: Woher kennt der denn überhaupt Heike? Nils sagte, er könne wirklich nichts dazu sagen. Sie: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Heike hier im Zug ist. Sie geht doch nie demonstrieren. Arnold mache das auch nicht. Ach ja, sagte Nils und wies nach hinten … Dort lief Arnold im Zug, skandierte eine Parole, klatschte rhythmisch dazu und lächelte demonstrativ zu ihnen hinüber. Pöhland war in seiner Nähe, schrie besonders laut und ließ sein Meckern über dem Zug erschallen.
    Maja fand prima, daß Arnold dabei war. Endlich war auch er mal dabei! Heute gehörten wirklich alle zusammen. Dadurch war für Maja in diesem Augenblick alles noch um so mehr in Ordnung. Das Gerede von vorhin hatte sie ihm längst verziehen. Die Reigenmädchen liefen am Rand ihres Zugteils und streuten Blumen auf die Polizisten. Maja betrachtete die Gesichter der Bewaffneten. Sie wirkten gequält. Immer wenn einer der Polizisten lächelte oder signalisierte, daß er das mit den Blumen irgendwie ganz schön finde, begann eine der Reigenfrauen sofort das Polizistenspiel mit ihm zu spielen. Majakonnte beobachten, wie dem Polizisten gleich darauf alles aus dem Gesicht fiel und er eine vollkommen lächerliche, dienstbeflissene Miene aufsetzte. Die betreffende Reigenfrau wogte vor ihm hin und her, mit dem Kind auf dem Arm, sagte dazu Dinge, die Maja nicht verstand (sie war zu weit weg), sich aber vorstellen konnte, und dann ging die Reigenfrau lachend davon und ließ den Polizisten fassungslos zurück. Wieso verstanden diese Polizisten auch einfach nicht, was die bessere Welt war? Die gute Welt! Die Welt, wie sie sein sollte! Natürlich eine Welt ohne Polizisten! Überhaupt ohne Waffen und Monturen und so! Eine Welt voller Reigenfrauen! Eine Welt voller Frauen mit Kindern in Tragetüchern! Eine Welt, wo alles natürlich war, einfach so … So wie diese drei, die hier gerade durch den Zug schwebten … man konnte sich nicht an ihnen satt sehen (Pöhland allerdings streckte ihnen gerade den Mittelfinger entgegen).
    Daß Nils irgendwann von ihrer Seite wich, bemerkte sie kaum. Er küßte sie lang, dann löste er sich von ihr, wahrscheinlich wollte er eine Zeitlang mit jemand anderem gehen. Weil Maja so guter Laune war, spielte sie jetzt selbst eine Weile das Polizistenspiel, und es gelangen ihr einige sehr glückliche Pointen. Einer der Polizisten, ein junger, hübscher, tat ihr sogar ein wenig leid, er betrachtete sie erstaunt und fand sie offenbar sehr schön. Einmal schloß er sogar seine Augen, als sie sich vor ihm in den richtigen Blickwinkel brachte. Das war so schön, wie er die Augen schloß! Daraufhin ließ sie das Spiel wieder sein. An einem Tag wie dem heutigen, sagte sich Maja, hätte man alle Blumen der Welt sammeln und in denKorb der Reigenfrauen tun sollen. Sie hätten dann alles mit den Blumen bestreuen können. Die ganze Welt sollte ein Fest sein, und diese Demonstration demonstrierte es ja: daß alles gut und schön und wahr sein konnte. Maja war in einem völligen Hochgefühl.
    Es begann nun, daß sich einige Mädchen von ihren Freunden auf den Schultern tragen ließen. Eine Reigenfrau verteilte Blüten an die auf den Schultern sitzenden Mädchen. Auch Aische saß auf den Schultern ihres Freundes. So wurde das Bild immer schöner. Man schwebte über den Köpfen der Polizisten, man war gut, und alles war gut. In Majas Hochgefühl wurden die Begriffe immer einfacher, größer und wahrer. Ja, vielleicht war heute wirklich der bisher schönste Tag in ihrem Leben. Sie schwor sich, daß alle Tage so sein sollten und daß man immer dafür eintreten solle, daß alle Tage so seien und alle Menschen so wie sie, so einfach, frei und gut und wahr. Loredanas Bruder nahm

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