Saphirtränen: Teil 1 - Niamhs Reise (German Edition)
ersetzen.
Entsetzt wirbelt sie herum, ihr Gesicht eine Maske des Schreckens.
"Aber Vater! Schon viele Bewohner unseres Dorfes machten sich auf, um das große Land zu sehen, nur du kamst wohlbehalten zurück. Ich..."
Der Dorfälteste hebt gebieterisch eine Hand, was Enya sofort verstummen lässt.
"In dir fließt mein Blut. Ich bin zu alt, um die Reise selbst anzutreten. Wenn jemand die Willensstärke und den Mut besitzt, um diese gefährliche Unternehmung zu wagen und zu bestehen, dann bist du das."
Das wunderschöne Antlitz der jungen Ilyea verdüstert sich, aber sie widerspricht nicht.
"Ja, Vater", presst sie hervor.
"Ich werde alle Vorbereitungen treffen, um die Reise so angenehm wie möglich zu gestalten."
Ein schwacher Trost für Enya, die sich innerlich vom Leben verabschiedet. Äußerlich scheint sie gelassen, aber in ihr tobt ein gewaltiger Sturm. In dieser Beziehung ist sie wie alle Meer-Ilyea: Sie scheint gelassen wie die ruhige Meeresoberfläche, doch innerlich befindet sich ein Durcheinander von Gefühlen.
Sie atmet tief ein und fixiert mit ihren türkisenen Augen Niall, der sie allzu bereitwillig opfern möchte.
"Da ist mehr, nicht wahr?"
Ihr Vater schüttelt den Kopf und bedeutet ihr mit einer Handbewegung, dass sie seine Kuppel verlassen soll. Gehorsam dreht sich Enya um und eilt nach draußen. Als die kühle Luft sie umschließt, atmet sie tief ein, um die aufkeimende Panik zu ersticken. Für eine Meer-Ilyea ihres Ranges geziemen sich unkontrollierte Gefühle nicht.
Die Wendung des Schicksals verfluchend zieht sie sich in ihr eigenes Heim zurück, um die wichtigsten Dinge zu packen. Unter ihrem hölzernen Bett holt sie einen Lederrucksack hervor, in den sie frustriert ihre Habseligkeiten schmeißt. Eine Haarbürste, frische Klamotten, Brot, frisches Obst und einige Silbermünzen sollen die Reise mit antreten.
Unschlüssig hält sie eine silberne Haarspange in der Hand und betrachtet das glänzende Metall. Schließlich entscheidet sie sich dazu, ihre azurblauen Haare zurückzustecken. Mit geschickten Fingern befestigt sie die einzelnen Haarsträhnen und betrachtet sich zuletzt in einer glatten Wasserwand, die direkt neben dem Bett wie ein spiegelnder Wasserfall ruhig dahinfließt. Zufrieden mit dem Ergebnis lässt sie sich auf ihre Schlafstätte fallen. Sie möchte sich ein wenig ausruhen, bevor sie die lange Reise auf sich nimmt.
Obwohl sie so erzogen wurde, dass sie jederzeit für ihr Volk sterben würde, fühlt sie sich unwohl. Opferbereitschaft, Selbstaufgabe und Selbstsicherheit waren die Grundpfeiler ihrer Erziehung. Die Realität, mit der sie konfrontiert wird, bringt diese zum Wackeln. Sie ist zu jung, zu schön und zu besonders, um bei solch einem sinnlosen Unterfangen zu sterben.
Nie zuvor hat Enya jemanden weinen sehen. Nie zuvor hat sie selbst geweint. Aber nun, in der Stille und Einsamkeit ihrer Wasserkuppel rinnt eine einzelne Träne ihre Wange hinab. Der Tropfen schickt traurige Töne in den beginnenden Tag und alle Meer-Ilyea im Dorf vernehmen dieses Lied.
Niall senkt demütig den Kopf und seufzt. Die junge Ilyea ahnt nicht, dass ihre Trauer nur ein Bruchteil des Kummers ist, welchen der Dorfälteste verspürt, da er seine geliebte Tochter auf diese Reise schicken muss.
Dennoch sieht er keine andere Möglichkeit. Er hat einen schwerwiegenden Fehler begangen. Und dieses Vergehen wird vom Schicksal bestraft und fordert seinen Tribut. Er unterdrückt einen gequälten Schrei. Wenn er kein Feigling wäre, könnte er seine Tochter vor alldem bewahren. Aber die Schuld, die er damals auf sich geladen hat, wiegt zu schwer, als dass er sie die ganze Reise ertragen könnte, ohne zu zerbrechen. Eine weitere Träne erblickt das Tageslicht, ihre Töne verweben sich mit dem Wasserlied zu einer harmonischen Melodie.
Enyas Kummer verdeckt die Musik der Träne. Sie hört die Trauer ihres Vaters nicht.
Danksagung
Wenn man ein Buch schreibt, gilt es, vielen Leuten zu danken. Auf dem Weg zum fertigen Werk wird man von vielen Menschen begleitet. Von Lesern, Kritikern, Bloggern, Freunden, der Familie. Logischerweise danke ich also jedem einzelnen, der in irgendeiner Weise an "Saphirtränen" mitgewirkt hat.
Mein Dank gilt zunächst Viktoria Petkau, meiner Covergestalterin.
H.B., sowie Riedel sind für die wunderschönen Kapitelbilder zuständig gewesen - Dafür danke ich euch von Herzen.
Moritz Friedrich, mein Freund, Lektor und Kritiker: Dir verdanke ich vieles, nicht zuletzt die Motivation, das Buch zu
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