Schach Mit Einem Vampir
darauf begleitete der FBI-Agent Steve Fraizer ins Schlafzimmer. Dort zog sich der Detektiv einfach eine Jeans über seine Pyjamahose und wechselte die Schlafanzugjacke gegen ein T-Shirt. Harris verständigte seinen Kollegen Tonelli. Dieser legte Fraizer daraufhin Handschellen an. Christien Fraizer protestierte dagegen, doch Steve beruhigte sie damit, dass es schon in Ordnung wäre und dass es sich um einen Irrtum handelte. Alles würde sich binnen Stunden aufklären. An ihren tränenverschwommenen Augen konnte ihr Mann erkennen, dass Agent Tonelli sie über den Tod von Ray Phelps unterrichtet hatte. Wenig später verließen sie das Haus. Die FBI-Leute führten Fraizer zu einem zivilen Crown Victoria und verfrachteten ihn in den Fond des Wagens. Die bewaffneten Agenten setzten sich in einen schwarzen GM-Geländewagen. Dann brausten die beiden Fahrzeuge in das nächtliche Manhattan davon. Unter Tränen sah Christien Fraizer den kleiner werdenden Rückleuchten der Einsatzwagen nach. Erst als diese nicht mehr zu sehen waren, trat sie zurück in das Haus. Als sie die Tür hinter sich zuzog, war ihr, als höre sie ein heiseres, verächtliches Lachen. Doch sie dachte sich nichts dabei und schob das scheinbar Gehörte auf ihre überreizten Nerven.
Als die Tür ins Schloss gefallen war und wieder Ruhe einkehrte, bewegte sich ein dunkler Schatten auf dem Hausdach. Eine Gestalt sprang von dort hinunter und landete geräuschlos auf dem Rasen vor dem Gebäude. Ein Mensch hätte sich bei einem Sprung aus dieser Höhe sämtliche Knochen gebrochen. Doch die Gestalt war etwas anderes. Übermenschlich schnell bewegte sich das Wesen daraufhin in Richtung Straße, die schwach von Laternen beleuchtet wurde. Dort verschwand es zwischen geparkten Autos und Schatten, die von Bäumen, Häusern und Mauern geworfen wurden.
***
Bei dem Raum, in dem man Steve Fraizer untergebracht hatte, handelte es sich um keine Gefängniszelle im üblichen Sinn. Es gab weder Gitter vor den Fenstern noch eine Stahltür, die den Gefangenen an einer Flucht hätte hindern sollen. Es war eher ein ganz normaler Raum mit einer schlichten Tür, die sich jedoch nur von außen öffnen ließ. Und auch ein großes Fenster war vorhanden. Dieses bestand jedoch aus bruchsicherem Panzerglas. Von dem Fenster aus blickte man aus dem dreiundzwanzigsten Stockwerk direkt hinunter auf eine stark befahrene Straße. Die ganze Etage, in der sich der Arrestraum befand, gehörte zur FBI-Zweigstelle New York. Hierher hatte FBI Special Agent Harris seinen Untersuchungsgefangenen und Hauptverdächtigen im Mordfall Phelps gebracht. Bevor man den Detektiv in den Raum eingesperrt hatte, war er ausführlich verhört worden. Nach dieser intensiven Befragung wurde seine Aussage schriftlich zu Protokoll genommen und er musste die ganze Dokumentation unterschreiben. Man versicherte ihm, dass er fair behandelt werden würde und dass er mit einer zügigen Bearbeitung seines Falls rechnen könnte. Fraizer kamen die Worte wie Hohn vor. Dennoch hatte er darauf verzichtet, einen Anwalt zu kontaktieren. Er war unschuldig und das wollte er dadurch noch einmal unterstreichen. Später, als er allein in dem gesicherten Raum untergebracht war, konnte er zunächst nicht einschlafen, obwohl er hundemüde war. Die Trauer über den Verlust des Freundes, der mysteriöse Fall um den Schachspieler sowie seine Verhaftung und die anschließende Befragung ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Durch das Fenster sah er den anbrechenden Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen beleuchteten die karge Einrichtung des Raumes. Ein schlichter Tisch, zwei Stühle aus Metall sowie eine solide Pritsche mit einer Decke standen ihm zur Verfügung. Fraizer hatte sich auf der unbequemen Liegemöglichkeit ausgestreckt. Die zusammengerollte Decke benutzte er als Kopfkissen, denn in dem Raum herrschte eine brütende Hitze. Selbst das Wasser, das man ihm brachte, war warm und sorgte somit nicht für die gewünschte Erfrischung. Fraizer nahm nur ein paar Schlucke, damit ihm der fahle Geschmack im Mund abhandenkam. Er sah zu dem großen Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Vermutlich beobachtete man ihn von der anderen Seite her dadurch. Er kannte diese einseitig zu durchblickenden Spiegel noch von den Verhörräumen aus seiner Zeit bei der Polizei. Die Monotonie in dem nüchternen Zimmer ließ ihn ermüden. Schließlich konnte Steve Fraizer dem Verlangen des Körpers nach Erholung nicht länger standhalten. Er fiel in einen unruhigen Schlaf.
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