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Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Internationalen Bruderschaft der Scheren-, Messer- und Klingenschleifer befindet sich in der Sheridan Road, etwas südlich von Evanston. Das zehnstöckige Gebäude mit der Fassade aus weißem italienischen Marmor wurde vor ungefähr fünf Jahren errichtet. Das einzige Bauwerk in Chicago, das mit solchem Luxus Schritt halten kann, ist die Zentrale der Standard of Indiana, was nach meinem Dafürhalten bewies, dass die Gewinne der Bruderschaft und der Ölindustrie sich die Waage hielten.
    Die Sektion 108 hatte ihren Sitz im neunten Stock. Ich reichte der Empfangsdame meine Karte. »Mr. McGraw erwartet mich«, erklärte ich. Ich wurde in den nördlichen Trakt weitergeleitet. McGraws Sekretärin bewachte den Eingang eines seeseitig gelegenen Büros in einem Vorzimmer, das Ludwig XIV. alle Ehre gemacht hätte. Ich überlegte, wie sich die Internationalen Brüder wohl fühlen mochten, wenn sie zu Gesicht bekamen, wofür ihre Beiträge verwendet worden waren. Möglicherweise existierten in den unteren Etagen aber auch ein paar ärmliche Büroräume, wo das Fußvolk empfangen wurde.
    Wieder übergab ich meine Visitenkarte der Sekretärin, einer Frau mittleren Alters mit grauen Korkenzieherlocken und einem rot-weißen Kleid, das ihre schlaffen Oberarme auf unvorteilhafte Weise enthüllte. Ich spiele schon seit längerem mit dem Gedanken, Fünf-Pfund-Hanteln zu stemmen, um meinen Trizeps zu straffen. Bei diesem Anblick fragte ich mich, ob mir noch Zeit bleiben würde, um auf dem Heimweg bei Stans Sportfachgeschäft vorbeizufahren und ein Paar Kurzhanteln zu erstehen.
    »Ich habe einen Termin bei Mr. McGraw.«
    »Sie sind nicht eingetragen«, erwiderte sie kurz und bündig; sie sah mich dabei nicht an. Ich trug mein dunkelblaues Rohseidenkostüm mit der Blousonjacke. In dieser Aufmachung sehe ich wirklich umwerfend aus, und ich war der Meinung, etwas mehr Beachtung zu verdienen. Es musste wohl an den schlaffen Muskeln liegen.
    Ich lächelte. »Sicher wissen Sie so gut wie ich, dass Mr. McGraw zuweilen seine Geschäfte in eigener Regie erledigt. Er hat diesen Termin mit mir privat vereinbart.«
    »Mr. McGraw hat zwar manchmal mit Nutten zu tun«, sagte sie mit rot angelaufenem Gesicht und auf den Schreibtisch gesenkten Augen, »aber es passiert zum ersten Mal, dass er eine zu sich ins Büro kommen lässt.«
    Ich widerstand dem Impuls, ihr mit ihrer Schreibtischlampe den Schädel einzuschlagen. »Mit einer so gut aussehenden Dame im Vorzimmer ist er doch nicht auf Fremdversorgung angewiesen ... Würden Sie mich nun bitte bei Mr. McGraw anmelden?«
    Ihr schwammiges Gesicht zuckte unter der dicken Makeup-Schicht. »Mr. McGraw befindet sich in einer Konferenz und darf nicht gestört werden.« Ihre Stimme vibrierte. Ich kam mir vor wie ein Ekel; ich war nicht im Stande, ein Mädchen oder einen Mörder zu finden, aber es gelang mir mit Leichtigkeit, nicht mehr ganz taufrische Sekretärinnen fertig zu machen.
    McGraws Büro war zwar schalldicht, doch der Lärm jener Konferenz drang bis ins Vorzimmer. Ganz schön beachtlich, diese Konferenz. Ich wollte gerade verkünden, dass ich die Absicht hätte, mich niederzusetzen und zu warten, als in dem Getöse ein einzelner Satz zu verstehen war, der die Tür aus Rosenholz durchdrang.
    »Du hast meinen Sohn beseitigen lassen, verdammt noch mal!«
    Wie viele Menschen gab es wohl, deren Söhne in den letzten achtundvierzig Stunden beseitigt worden waren und die zudem mit den Scherenschleifern in Verbindung standen? Mehr als einen, möglicherweise - aber die Chancen waren minimal. Unter lautem Protest der Korkenzieherlocken öffnete ich die Tür zum Allerheiligsten.
    Es war nicht so groß wie das von Masters, aber alles andere als bescheiden, und es gewährte Ausblick auf den Michigansee und einen hübschen kleinen Privatstrand. Im Augenblick herrschten keine besonders friedlichen Zustände. Zwei Männer hatten an einem runden Tisch in der Ecke Platz genommen, aber einer war jetzt aufgesprungen und vertrat brüllend seinen Standpunkt. Trotz seines wutverzerrten Gesichts hatte ich keine Probleme, in ihm das Original der Fotografie aus dem Geschäftsbericht der Fort Dearborn Trust zu erkennen. Und derjenige, der bei meinem Eintreten ebenfalls aufsprang und zurückbrüllte, war unzweifelhaft mein Mandant. Kurz und stämmig, jedoch nicht dick, bekleidet mit einem grauglänzenden Anzug.
    Als sie mich erblickten, erstarrten beide zu Salzsäulen.
    »Was, zum Teufel, suchen Sie denn hier?«, donnerte mein

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