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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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selbst für Jähner tätig? Hatte sie es vielleicht doch darauf angelegt, mit der jungen Frau in engeren Kontakt zu treten?
    »Wann hast du aufgehört, für den Arzneienkrämer zu arbeiten?«
    »Es kam zu einem Streit.«
    »Mit Jähner? Als Maria Rieken ins Haus kam?«
    Bunk schüttelte abweisend den Kopf. »Nein, nicht mit Jähner, zumindest nicht direkt. Es war im Herbst. Eine Messerstecherei auf einer meiner Touren. Ich wurde verletzt.«
    »Und Jähner hat dich rausgeschmissen?«
    »Nein, nicht direkt.«
    »Sondern?«
    Bunk stöhnte auf. »Er hat versucht mich zu erpressen.«
    »Womit?«
    Bunk spuckte verächtlich aus. »Womit? Womit?«
    »Erzähl weiter.«
    »Er hat gedroht, mich auffliegen zu lassen, wenn ich ihm nicht in der Nacht zu Allerheiligen vom Gottesacker vor St. Georg, dort wo die Armen einfach nur in einer Grube verscharrt werden, ein paar Leichenteile hole.«
    Wrangel zuckte zusammen. Leichenfledderei in der Nacht zu Allerheiligen war einer der typischen Vorwürfe für Hexerei. »Was wollte er damit?«
    Bunk grinste schief. »Geld verdienen. Er hatte nämlich von einem fahrenden Händler ein ganz vorzügliches Rezept für eine Gichtsalbe erhalten, für die er einige Gliedmaßen, zumindest aber drei, vier Hände brauchte. Der Erlös der Salbe hätte sicherlich gereicht, uns alle gut über den Winter zu bringen.«
    »Aber du wolltest nicht?«
    »Nein. Doch er zwang mich dazu.« Verächtlich spuckte Bunkauf den Boden. »Am späten Nachmittag vor Allerheiligen verließ ich mit einer kleinen Schaufel bewaffnet Hamburg durch das Steintor und machte mich auf den Weg nach St. Georg. Es war ein regnerischer kalter Abend, und das Warten bis zur elften Stunde wurde lang. Kaum hatten die Glocken die elfte Stunde verkündet, schlich ich mich durch ein Gebüsch auf den Gottesacker und suchte nach den frischen Gräbern. Schließlich wollte Jähner auch noch etwas Fleisch an den Armen haben, damit er das Fett auskochen konnte. Der Regen verwandelte den Friedhof in einen einzigen Sumpfpfuhl. Mühsam stapfte ich durch den Matsch und stieß hin und wieder mit der Schaufel in die Erde, um zu prüfen, ob sich unter ihr etwas befand. Plötzlich schlugen Hunde an, und vom Kirchhof her kamen Menschen mit Fackeln auf mich zugestürmt. Ich rannte davon, immer auf das Dickicht zu. Die Hunde bellten wie verrückt, und auch die Männer kamen näher. Ich rannte weiter, direkt zur Alster. Ohne zweimal nachzudenken, stieg ich ins Wasser und watete stromaufwärts dem neuen Fortifikationswerk entgegen.«
    Bunk atmete tief ein, als holte sie ihre Erinnerung zurück in die eisigen Fluten.
    »Ich kann nicht schwimmen. Aber von den Friesen hatte ich gelernt, dass Hunde die Fährte im Wasser verlieren und dies darum die sicherste Möglichkeit war, sie abzuhängen.«
    Wrangel nickte. »Wie ging es weiter?«
    »Am folgenden Tag kehrte ich in meine Bude am Neuen Markt zurück und verkroch mich dort für mehrere Tage mit Fieber, Husten und Schnupfen. Nach einer Woche ging ich zu Jähner. Aber der, enttäuscht über die ihm entgangene Lieferung, war kurz angebunden und hatte keine Arbeit mehr für mich.«
    »Wie hast du dann den Winter überstanden? Wovon hast du gelebt?«
    »Ich hatte ein paar Ersparnisse, suchte mir Arbeit im Tagelohn, und bald fing ich auch an, Botengänge zu übernehmen. Es ist ein ganz einträgliches Geschäft, wenn man gut zu Fuß und viel unterwegs ist. Gerade über Land und in die Nachbarstädte wie Wandsbek und Altona werden immer wieder Boten gesucht.«
    Mit einem kräftigen Ruck öffnete sich die Tür zur Herrenstube, und Asthusen schaute herein. »Verzeiht die Störung, Prokurator, doch vor der Frohnerei sammeln sich bereits die Leute, die von weit her gekommen sind, die Gefangene zu beschauen.«
    Wrangel legte die Hände aufeinander und atmete kräftig aus. »Nun, wir sind so weit durch. Aber bringt meiner Mandantin noch einen Krug Eures guten Bieres, Meister Ismael. Langes Reden macht durstig, und bei den Geschäften, die Ihr mit ihr macht, hat sie es sich allemal verdient.«
    Asthusen grummelte unverständliche Worte und gab seinen Knechten ein Zeichen. Der eine verschwand sogleich in die Schankstube, der andere betrat die Herrenstube, um die Möbel zur Seite zu rücken und zwei Absperrseile als Pfad durch den Raum, vorbei an der Gefangenen, zu spannen.
    Wrangel nickte Bunk zu und folgte dann Asthusen hinüber in die Schankstube.
    Kaum hatten die beiden Männer die Herrenstube verlassen, ergoss sich ein Strom

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