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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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»Das ist ein Wacholderaufguss. Der beugt besonders zu dieser Jahreszeit Erkältungen vor.« Sie setzte sich auf einem Stuhl Wrangel gegenüber und sah ihn ruhig an.
    »Danke, das ist sehr freundlich von Euch.« Vorsichtig trank Wrangel einen kleinen Schluck des heißen Getränks. Es schmeckte erstaunlich frisch und fruchtig und verbreitete umgehend eine wohltuende Wärme im Körper.
    »Wie kommt Ihr ausgerechnet auf mich, Prokurator? Hat Bunk Euch zu mir geschickt?«
    »Nein, Pastor Bredefeld erzählte mir von Euch.«
    Die Frau verzog für einen kleinen Moment das Gesicht. »Soso, der Pastor. Was erzählte er denn?«
    »Er berichtete mir, dass Ihr Trauzeugin bei der Hochzeit der beiden wart, die er im Sommer vor zwei Jahren vorgenommen hat. Er glaubte, dass Ihr vielleicht mehr über das Paar wüsstet als er selbst, denn er hat sie nach der Trauung nicht mehr gesehen. Aber wie kommt Ihr darauf, dass Bunk mich geschickt haben könnte?«
    »Nun, Ihr seid Bunks Anwalt.«
    »Das ist richtig.«
    Es trat Stille ein. Die Hebamme wartete gelassen, bis Wrangel wieder das Wort ergriff.
    »Von Pastor Bredefeld erfuhr ich, dass Cäcilie Jürgens ein Kind erwartet haben soll. Ihr als Hebamme wisst vielleicht mehr darüber. Könnt Ihr mir dazu etwas sagen?«
    »Genaues über eine Schwangerschaft von Cäcilie weiß ich nicht. Aber sie hat einmal bei mir Erkundigungen eingeholt, wie man eine Schwangerschaft unterbrechen kann. Das will jedoch nichts heißen. Genauso hat sie sich bei mir nach Verhütungsmöglichkeiten erkundigt, ebenso wie nach Mixturen gegen Fieberkrämpfe. Als Hökerin kam sie an viele Kräuter und Wurzeln. Sie war immer neugierig und wollte wissen, was man damit anstellen kann. Ob sie es an sich selbst ausprobierte, kann ich nicht sagen.«
    »Eine Schwangerschaft lässt sich unterbrechen?«
    »Selbstverständlich, junger Mann. Es birgt allerdings immer hohe Risiken für die Frau. Vielleicht wird sie danach nie wieder ein Kind haben können oder beim Abbruch selbst verbluten. Man pfuscht der Natur selten ungestraft ins Handwerk. Cäcilie mochte ich damals nicht in die Details der Möglichkeiten einweihen. Ich empfahl ihr Petersilienkampfer.«
    Wrangel merkte, dass er sich hier auf einem Gebiet befand, von dem er so wenig wusste wie eine Kuh vom Eierlegen. Zwar hatte er in der vergangenen Nacht enorme Fortschritte gemacht. Aber davon, die Natur des Weibes auch nur zu erahnen, war er noch weit entfernt. »So habt Ihr aufgrund der Kräuterhökerei mit Bunk und Jürgens zu tun gehabt.«
    »Das liegt doch auf der Hand, Prokurator. Ich bin Hebamme und brauche viele Kräuter für meine Arbeit. Das meiste sammle ich selbst, meine Überschüsse verkaufe ich nach Möglichkeit und erhandle mir so jene Wurzeln und Tinkturen, über die ich nicht selber verfüge. Die beiden haben hier in der Gegend gehökert, im letzten Jahr allerdings nur noch Bunk. Die Jürgens habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Nun berichtet mir aber, worum es geht bei diesem Mord und was mein Wissen damit zu tun haben kann.«
    »Es muss jetzt ungefähr vier Wochen her sein, dass Hinrich Bunk in Hamburg gefasst und beschuldigt wurde, eine Frau namens Elisabeth Pausten mit einem Messer in der Seite verletzt zu haben. Bei der Verhaftung wurde offensichtlich, dass Hinrich Bunk gar kein Mann, sondern in Wirklichkeit ein Weib ist.«
    Wrangel hielt inne, um die Wirkung dieser Nachricht auf dem Gesicht der Hebamme abzulesen. Sie verzog keine Miene, sondern wartete ruhig auf seine Fortsetzung.
    »Ihr wisst darum?«
    »Nein, ich wusste nicht, dass man Bunk verhaftet hat.«
    »Ich meine darum, dass Bunk eine Frau ist.«
    »Ja. Erzählt bitte weiter.«
    Wrangel schaute der Frau irritiert in ihre blauen Augen, fuhr dann aber mit seiner Erzählung fort. »Ismael Asthusen, der Hamburger Scharfrichter, stellte das Mannweib dem Volk zur Schau. So geschah es, dass Leute aus Neuengamme in Bunk jeneoder jenen erkannten, der ihre Tochter Maria Rieken mit sich genommen haben soll. Diese wird seit Januar dieses Jahres vermisst. Genau zu der Zeit jedoch fand man auf dem Hamburger Schweinemarkt eine tote Frau ohne Kopf. Da Bunk Maria Rieken als Letzte lebend gesehen hat, gilt sie als verdächtig.«
    Die Hebamme seufzte verächtlich. »Ach, reicht es nun schon, jemanden als Letzten gesehen zu haben, um sein Mörder zu sein? Und was ist das mit der Messerstecherei? Bunk soll eine Frau gestochen haben? Das traue ich ihm kaum zu.«
    »Ihr.«
    »Ihm oder auch ihr.«
    »Warum

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