Schatten der Angst (German Edition)
volltönender Stimme. »Aber ich mache mir Sorgen um ihre Sicherheit. Wir werden nicht viel von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.«
Der respektvolle Ton und sein gelassener Gesichtsausdruck milderten ihre Verlegenheit. Wenn er spöttisch die Augenbraue hochgezogen oder gegrinst hätte, hätte sie ihn ohne Federlesens von ihrem Grundstück geworfen.
Sie warf einen Blick auf die Straße und sah erleichtert, dass er klugerweise in einem Zivilfahrzeug gekommen war. Ein glänzender schwarzer Mustang mit dunkel getönten Scheiben parkte am Bordstein. Ihr wurde klar, dass sie vermutlich genau in diesem Augenblick mit diesen beiden Männern auf ihrer Veranda genau die Aufmerksamkeit erregte, die sie vermeiden wollte, und sie tat widerwillig einen Schritt nach hinten, um die beiden ins Haus zu lassen.
Sie schlug den Morgenmantel enger um den Körper und wurde sich plötzlich schmerzlich bewusst, wie dünn der seidige Stoff war. »Sie können im Wohnzimmer warten, während ich mich ankleide.«
Sie zeigte auf das hintere Ende des Eingangsbereichs und floh nach links durch den langen Flur zum Hauptschlafzimmer des einstöckigen Hauses im Fünfzigerjahre-Stil. Sie setzte sich auf die Bettkante und vergrub das heiße Gesicht in den Händen. Hatte sie wirklich mit voller Absicht den Fuß des Polizeichefs in ihrer Tür eingequetscht? Konnte er sie dafür festnehmen? Andererseits hatte sie ihn nicht hereingebeten, also war es seine eigene Schuld.
Er drängte sich auf, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie konnte solche Männer nicht ausstehen, Männer, die ihre Stärke und Größe einsetzten, um Frauen einzuschüchtern. Aber warum war dann ihr Mund trocken und ihre Haut kribbelig geworden, als sie ihm in die Augen geschaut hatte?
Vor dem Überfall hatte sie große Männer attraktiv gefunden, hauptsächlich deswegen, weil sie sich in ihrer Gegenwart nicht ständig ihrer eigenen Größe bewusst war. Doch nach dem Überfall hatte sich alles geändert. Große Männer machten sie nun nervös, lösten Gefühle von Hilflosigkeit aus, die sie nie wieder erleben wollte.
Sie schüttelte den Kopf über ihr Gedankenwirrwarr, zog ein Paar ausgewaschene Jeans und eine blaue, geknöpfte Bluse an und ging dann ins Badezimmer, um ihre Morgentoilette zu erledigen.
Sie betrachtete ihr Spiegelbild ein letztes Mal, schnappte sich einen blassrosa Lippenstift und fügte ihrem Erscheinungsbild einen Farbtupfer hinzu. Als ihr aufging, dass sie dabei war, sich hübsch zu machen, wischte sie den Lippenstift verärgert wieder ab und strich nur ein paar Haarsträhnen nach vorn über ihre rechte Schulter, um ihre Narbe zu verbergen.
Detective Riley erhob sich von der Couch, als sie das Zimmer betrat. Er nickte ihr entschuldigend zu. Sie lächelte beschwichtigend und bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. Sie wusste nicht, ob er sich stillschweigend dafür entschuldigte, dass er zusammengezuckt war oder dass er überhaupt da war, doch sie entschied sich, ihm beides zu verzeihen. Er hatte etwas Unreifes, Jungenhaftes an sich, und sie bezweifelte, dass er es böse meinte. Im Übrigen hatte ihn vermutlich sein aufdringlicher Chef dazu gezwungen, ihr einen Besuch abzustatten.
Der fragliche Mann stand vor dem Kamin und betrachtete das Landschaftsgemälde, das über dem Kaminsims hing. Er hatte ihr das Profil zugewandt, und ihr Magen machte einen Sprung, als sie sah, mit welchem Wohlgefallen er das Bild betrachtete. Das Lächeln ließ seine Züge weicher erscheinen, er wirkte weniger angespannt, zugänglicher.
Sie musste irgendein Geräusch gemacht haben, denn plötzlich drehte er sich zu ihr um, und ihre Blicke trafen sich. Rasch ging sie weiter und setzte sich neben Detective Riley, womit dem Chief nur die Möglichkeit blieb, in einem der beiden Fernsehsessel Platz zu nehmen, die rechts und links von der Couch standen.
Er entschied sich für den, der ihr am nächsten stand, und zwängte seine große Gestalt in den Sessel. Sie verspürte einen Anflug von Schuldbewusstsein, ihn dort Platz nehmen zu lassen. So wie er dort saß, unbehaglich eingequetscht zwischen den gepolsterten Armlehnen, wirkte der Sessel wie ein Puppenhausmöbel. Er hatte die Anzugjacke aufgeknöpft, und das hellblaue Hemd, das er trug, schmiegte sich an seinen flachen Bauch.
Sie blickte auf und fuhr zusammen, als sie merkte, dass er sie beim Starren erwischt hatte.
Schon wieder.
Verlegen rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her und drehte sich zu Officer Riley. Er war mehrere Zentimeter
Weitere Kostenlose Bücher