Wieder nur ein Spiel
1. KAPITEL
“Was soll ich unternehmen?” fragte Bob Taylor gespannt.
Duarte Avila de Monteiro blickte sekundenlang schweigend aus dem Fenster.
Den atemberaubenden Blick auf die City von London, der sich ihm von seinem Büro aus bot, genoss er jedoch nicht. Nach monatelanger ergebnisloser Suche hatte sein Privatdetektiv Emily endlich gefunden. Und nicht nur sie, sondern mit ihr auch ihren gemeinsamen kleinen Sohn, den Duarte noch nie gesehen hatte.
„Nichts”, antwortete Duarte schließlich mit ausdrucksloser Stimme, und Bob Taylor sah ihn verwundert an. Nach Monaten hatte er endlich die davongelaufene Frau und den kleinen Sohn seines reichen Kunden gefunden, doch der zeigte keine Emotionen. “Lassen Sie die Akte hier”, wies Duarte den jungen Mann an und stand auf. “Bei Einreichung Ihrer Rechnung erhalten Sie zuzüglich einen Bonus für Ihre Arbeit.”
Nachdem Bob Taylor Duartes Büro verlassen hatte, machte er noch kurz am Schreibtisch von Duartes persönlicher Assistentin, einer elegant gekleideten und auffallend gut aussehenden Blondine, Halt und lächelte ihr verschwörerisch zu.
“Ihr Chef ist ein ziemlich unbequemer Zeitgenosse, finden Sie nicht auch?”
“Mein Chef ist ein Finanzgenie und außerdem mein Liebhaber”, erwiderte sie kalt, während sie den jungen Mann verächtlich ansah. “Und Sie haben soeben Ihren Bonus verspielt.”
Bob Taylors Lächeln verwand schlagartig. “Aber ich…”
„Gehen Sie freiwillig, oder soll ich die Sicherheitskräfte rufen?” fragte die Blondine mit einem süffisanten Lächeln, woraufhin der junge Mann schnellstens verschwand.
Duarte schenkte sich einen Brandy ein und trank grimmig einen Schluck. Am liebsten würde er sein gesamtes Sicherheitsteam mobilisieren und es auf Emily ansetzen. Schließlich musste er rasch handeln, damit sie nicht wieder spurlos verschwand. Duarte griff nach seinem Mobiltelefon, doch dann rief er sich zur Vernunft. Er musste sich gedulden, wenigstens bis morgen früh.
Duarte dachte kurz nach, dann rief er Mateus, den Leiter seines Sicherheitsteams an. “Mateus? Ich gebe Ihnen jetzt eine Adresse durch, die Sie unverzüglich aufsuchen. Sie werden dort einen alten Wohnwagen vorfinden…”
“Einen Wohnwagen?” wiederholte Mateus verwundert.
“Ja, einen Wohnwagen”, bestätigte Duarte grimmig. “Darin hausen meine Frau und mein Kind. Sollte er sich auch nur einen Zentimeter von seinem Standort wegbewegen, folgen Sie ihm sofort. Und noch etwas … dies ist eine absolut vertrauliche Angelegenheit. Ich erwarte, dass Sie sich dementsprechend verhalten, haben Sie verstanden?”
“Selbstverständlich”, bestätigte Mateus. “Sie können sich auf uns verlassen.”
Mit dem zweiten Anruf ließ Duarte seinen Privatjet für den folgenden Tag startklar machen. Verdammt, wie sollte er Emily nur dazu bringen, mit ihm nach Hause zu fliegen? Sollte er sie vielleicht kidnappen? Duarte ballte wütend die Hände zu Fäusten. Warum eigentlich nicht? Schließlich hatte sie dasselbe mit seinem Sohn getan. In einem alten, schäbigen Wohnwagen ließ sie ihn zurück, während sie sich mit Pferden vergnügte! Wer, zum Teufel, kümmerte sich um das Baby, wenn sie auf diesen Vierbeinern saß?
Emily - das stille und so bescheidene Mädchen, das scheinbar kein Wässerchen trüben konnte. Duarte lachte hart auf und kippte den Rest des Brandys hinunter.
Wie man sich doch täuschen konnte! Gerade dieser vermeintlichen Qualitäten wegen hatte er ausgerechnet sie zur Frau gewählt. Er hatte ihr alles gegeben, wovon die meisten Frauen nur träumen konnten. An seiner Seite hatte Emily ein Leben in Reichtum und Luxus geführt - und was war der Dank für seine Großzügigkeit? Emily hatte die Ehe und sein Vertrauen gebrochen, indem sie ihn mit einem anderen Mann betrogen hatte. Aber stille Wässer gründeten bekanntlich tief!
Duarte wusste, dass einer seiner mittelalterlichen Vorfahren einst seine untreue Ehefrau getötet hatte, um die Familienehre zu retten. Doch er, Duarte, würde nie einer Frau Gewalt antun, ganz gleich, was sie ihm angetan haben mochte. Nein, Duarte Avila de Monteiro verlor niemals die Kontrolle. Es gab andere, viel subtilere Mittel, um eine Frau in ihre Schranken zu weisen. Bisher hatte er diese Mittel bei Emily noch nicht angewandt, doch nun würde sie ihr blaues Wunder erleben …
“Ich kann einfach nicht begreifen, warum Sie schon wieder fortmüssen”, erklärte Alice Barker und sah Emily verständnislos an. Sie war klein
Weitere Kostenlose Bücher