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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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gleiten, eine sanfte Liebkosung. »Ich erinnere mich gut an den Tag, als jene blinden Seeleute mich in Gharjas um eine Audienz baten; damals, kurz nach unserer Vertreibung aus Nagyra, als die Goldei mein Heer in den Süden zurückgedrängt hatten. Damals begriff ich, welche Veränderung der Welt bevorsteht; und als mir die Südsegler von ihrer Suche erzählten, erschloß ich die Zusammenhänge.« »Ihr habt ihnen viel Geld gegeben, Majestät, für ein paar Brocken dieses Metalls, aus dem Ihr die Ruderblätter gegossen habt.« Der Zauberer konnte seinen Widerwillen nicht verhehlen. »Woher diese Blinden es auch nahmen, es hätte niemals in menschliche Hände gelangen dürfen. Es verän dert den Sphärenfluß, verzerrt die magischen Ströme. Es wird ein Unglück geschehen, wenn wir weiterhin auf das Herz der Quelle zusteuern.«
    Das Lächeln des Königs gefror. »Habt ihr nicht selbst immer von dem Zeitalter der Wandlung gesprochen? Mich angefleht, mit den Goldei Frieden zu schließen, da diese nicht aufzuhalten seien? Was seid ihr Mönche nur für feiges Pack! Ihr kennt nur den Sieg oder die hündische Unterwerfung, doch gegen Widerstände zu kämpfen, das fällt euch nicht ein. Ich habe mich den Echsen weder ergeben noch den sinnlosen Krieg fortgesetzt, sondern einen dritten, den mutigsten Weg gewählt: jenen des Aufbruchs.« Sein Blick kehrte zum See zurück. »Ich bin der erste Mensch, der den Übertritt wagt, und mein Volk wird es mir danken, denn ich werde es in der neuen Welt empfangen. So wird Gyr die Zerstörung von Gharax überdauern, ja, mehr noch: es wird über den neuen Kontinent herrschen, den die Südsegler so lange gesucht haben …«
    »Aber wo wollt Ihr ihn finden, mein König? Etwa hier auf dem See?«
    »Unterbrich mich bitte nicht«, sagte Tarnac freundlich. »Ich habe mir die Reime der Südsegler gut gemerkt und sie nicht als Wortgeklingel abgetan. Hier auf Vodtiva beginnt die Wandlung, nimmt die neue Welt ihre Form an. Mir ist es vergönnt, das Ufer zu erreichen - mit Hilfe des schwarzen Schlüssels.«
    Eine heftige Welle erfaßte die Galeere. Das Wasser wallte auf, und das Schiff geriet ins Trudeln. Ringsum entzündete sich das Ol des Sees; grüne Flammen sprangen an den Ruderstangen empor. Die gefesselten Vodtiver schrieen auf, ließen die Riemen fahren.
    »Die Woge duldet das Metall nicht«, entfuhr es dem Solcata-Mönch. »Sie wird das Schiff überschwemmen und uns ertränken!«
    Der König hatte genug gehört. Er winkte die Igrydes herbei, seine Leibwachen, die in der Nähe bereitstanden. »Bringt die Mönche unter Deck. Sie haben gute Dienste geleistet, als sie die Quelle in ihren Bann zwangen, aber dies ist nicht die Stunde für Zauderer.« Die Igrydes drängten die Mönche zurück. Diese begehrten nicht gegen Tarnacs Befehl auf, traten den Rückzug an. Doch kaum waren sie unter Deck verschwunden, drohte dem König neuer Unbill.
    »Königlicher Bruder!« Einer der Igrydes wies auf das Wasser. »Dort hinten nähert sich ein Schiff!« Tatsächlich! Auf dem See war der Rumpf eines Schiffs zu erkennen; es hing schräg im Wasser, ein abgetakelter Segler mit gestutzten Masten. Rasch trieb es auf die Galeere zu; zwanzig breite Ruder pflügten in strengem Takt durch die Wellen.
    »Es muß uns schon eine ganze Weile gefolgt sein«, sagte der König verwundert. »Wie merkwürdig … ich wußte nicht, daß sich noch ein anderes Schiff auf dem See befindet.« Er wandte sich dem Antreiber zu. »Hängt sie ab. Solange sie in unserer Nähe sind, kann der Schlüssel nicht die Pforte öffnen.«
    Der Antreiber ließ seine Peitsche knallen, schrie auf die Vodtiver ein. Diese packten wieder die Ruderstangen, versuchten die Galeere auf Kurs zu bringen. Doch die Woge war zu stark; schwerfällig schwappten Brecher gegen den Bug, und die Ruderblätter fanden keinen Halt im Wasser: es perlte an ihnen ab, und grüne Flammen jagten über den See, tauchten die Galeere in Zwielicht.
    »Warum wehrst du dich, Woge der Trauer?« murmelte Tarnac. »Erkennst du ihn nicht, den schwarzen Schlüssel? Fürchtest du ihn gar, weil er die Wandlung ankündigt?«
    Die Galeere wurde von einem seitlichen Strom erfaßt. Wieder ließen die Gefangenen die Ruder fahren, wimmerten, weigerten sich, die Stangen zur Hand zu nehmen, da ihre Hände bei jeder Berührung schmerzten. Das fremde Schiff kam immer näher, ließ sich nicht abschütteln. Bald erkannte Tarnac auf dem Wrack mehrere Gestalten; leichtgeschürzte Frauen und Kerle in

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