Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
dies für alle das Beste sei; eine Einschätzung, der Pony berechtigterweise nicht widersprechen konnte. Nur, wie sollte sie sich überwinden, ihrem Sohn so etwas anzutun? Und wie sollte sie – oder überhaupt jemand – einen Weg finden, mit der Macht fertig zu werden, die Aydrian verkörperte? Pony hatte diese Macht mehr als deutlich zu spüren bekommen. Ihr Sohn konnte Symphony seinem Willen unterwerfen; er war sogar fähig, bis in das Totenreich vorzudringen und Constance Pemblebury wiederauferstehen zu lassen.
Aber das alles erschien ihr müßig an diesem trüben Tag, da sie durch die Moorlande wanderte. Sie war mit der Gegend vertraut genug, um genau zu wissen, wie tief sie in Schwierigkeiten steckte. Das Wasser ringsumher war größtenteils faulig, und zu essen war kaum etwas zu finden. In den zivilisierteren Ländern östlich von hier nahte der Winter mit großen Schritten; hier, im Moor, hatte der feuchte Wind bereits die für die kalte Jahreszeit charakteristische Schärfe. Sie benötigte dringend ein Dach über dem Kopf und ein Feuer, doch in ihrer Umgebung gab es praktisch nichts, das man hätte verbrennen können, erst recht kein Holz. Zu allem Überfluss war diese gottverlassene Gegend das Gebiet der Goblin-Stämme und noch weit üblerer Kreaturen.
Beharrlich setzte sie einen Fuß vor den anderen, schleppte sich weiter, gegen jede Wahrscheinlichkeit darauf hoffend, dass Dassleronds Edelsteinzauber sie irgendwo am Ostrand der Moorlande abgesetzt hatte.
Als der Tag schließlich in Nacht überging, kauerte sie sich zitternd unter einen lehmigen Überhang, während die Moorlande rings um sie her zum Leben erwachten.
Sie hörte, wie der Ruf eines einzelnen Wolfes mehrfach beantwortet wurde; manchmal war das Geheul beängstigend nahe. Pony hüllte sich fester in ihre Decke, bis sie sich diese irgendwann, im vergeblichen Versuch, alles von sich fern zu halten, ganz über den Kopf zog.
Schließlich versenkte sie sich in den verlockenden Strudel des Hämatits, anfangs nur mit dem Ziel, ihren Geist durch die unmittelbare Umgebung streifen zu lassen, um festzustellen, ob von irgendwoher Gefahr drohte. Aber kaum hatte sich ihr Geist von ihrem Körper befreit, eilte sie auch schon zurück nach Osten, wo sie an den wärmenden Kaminfeuern der Bauernhäuser wenigstens eine Art von Erleichterung zu finden hoffte.
Und dort, irgendwo nördlich von Palmaris, möglicherweise in der Gegend von Caer Tinella, spürte sie zu ihrer Überraschung eine vertraute Verbindung. Das Ganze war überaus flüchtig, kaum mehr als eine Ahnung, zumal ihr die nötige Kraft fehlte, um den genauen Ursprung zu bestimmen.
Ihr Geist stieß einen Hilferuf aus. Sie sandte Bilder ihrer Umgebung aus, versuchte dabei so präzise wie möglich vorzugehen und sich die letzten markanten Punkte der Landschaft, die sie durchwandert hatte, genau in Erinnerung zu rufen.
Augenblicklich wurde ihr klar, dass sie in ihren Körper zurückmusste, und zwar schnell.
Sie schlug die Augen auf und riss sich die Decke vom Leib.
Dann vernahm sie gar nicht weit entfernt, irgendwo da draußen in der Dunkelheit, das Geräusch schnuppernder Goblins.
Wie von Sinnen krabbelte Pony aus ihrer Mulde, kam auf die Beine und lief stolpernd in der entgegengesetzten Richtung davon. Sie spielte mit dem Gedanken, die Decke fortzuwerfen, besann sich aber augenblicklich eines Besseren, denn sie wollte auf keinen Fall Spuren hinterlassen. Außerdem war die Decke vielleicht der einzige Schutz, den sie besaß.
Als sie auf der anderen Seite des Lehmhügels anlangte, musste sie feststellen, dass ein Tümpel, dessen dunkle, stille Fluten ebenso trübe und undurchsichtig waren wie der nächtliche Himmel, ihr den Weg versperrte.
Pony sah sich hastig um, denn sie wusste, dass die Kreaturen mittlerweile ihre Witterung aufgenommen hatten. Nur, wohin sollte sie sich wenden? Den alten Erzählungen zufolge waren manche dieser Tümpel in den Moorlanden buchstäblich bodenlos; andere wiederum dienten schaurigen Kreaturen aus der Vorzeit als Behausung.
Sie holte tief Luft, um sich innerlich zu wappnen, dann machte sie einen Schritt nach vorn und trat ins eiskalte Wasser, langsam und mit Bedacht, um jedes Plätschern zu vermeiden und gleichzeitig den Untergrund ertasten zu können, bevor sie den Fuß aufsetzte. Bei jedem Schritt erwartete sie zu versinken, aber da sie wusste, dass ihr die Goblins dicht auf den Fersen waren, ging sie entschlossen weiter.
Ihr war bewusst, dass sie jetzt mehr
Weitere Kostenlose Bücher