SchattenGrab
zurückrufen. Ich bin die ganze Zeit erreichbar.“
Jetzt wusste Moni, wer da am anderen Ende war und sie hatte ein komisches Gefühl im Bauch.
„Ja, das richte ich gerne aus“, versprach Moni, „und kraulen Sie Aischa von mir. Ich hatte sie ja einige Zeit in meiner Obhut.“
„Ach, Sie sind die Nachbarin von Wolf!“, sagte Anna Ebeling erstaunt.
„Genau“, antwortete Moni, „wenn wir nachher zusammen essen, erzähle ich ihm, dass Sie angerufen haben. Ich glaube aber, er wird sich heute nicht mehr bei Ihnen melden. Es wird bestimmt spät.“
„Gut“, sagte Frau Ebeling reserviert und fand gar nichts gut, „dann höre ich ja bald von ihm.“
„Bestimmt“, gab Moni zurück, „ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“
Sie legte auf und fragte sich selbst, warum sie das mit dem gemeinsamen Essen gesagt hatte. Irgendwie störte sie der Gedanke, dass Wolf etwas mit dieser Ebeling unternahm. Einen kurzen Moment überlegte sie, ihm nichts von dem Telefonat zu erzählen. Dann aber schimpfte sie mit sich selbst über diese unlautere Absicht, die sich mit ihrem Naturell nicht vereinbaren ließ.
Die Körperschau
„Da ich irgendwann Feierabend machen möchte, wäre es jetzt schön, wenn wir weitermachen könnten“, sagte Nadja zu Wolf, als er auf ihr Zeichen hin wieder zu ihnen stieß.
„Na, dann wollen wir mal, ich bin auch müde“, antwortete er.
„Ihr hättet eben was essen sollen“, gab Peter seinen Senf dazu, „dann wärt ihr jetzt auch weder genervt noch schlapp. So eine gute Grundlage im Magen ist Gold wert, glaubt mir.“
„Danke für deine ernährungspsychologischen Weisheiten“, frotzelte Wolf und zwinkerte Nadja zu. „Du solltest ihn mal über sein ungesundes Essverhalten aufklären.“
„Das hat keinen Sinn“, sagte sie entschieden, aber mit einem Lächeln in den Augenwinkeln, „da kannst du auch auf eine Kuh einreden und ihr das Widerkäuen verbieten. Er ist schon erwachsen und muss es selbst wissen.“
Peter knurrte und hielt sich am Sektionstisch absichtlich etwas abseits. Er war beleidigt.
„So, nun wollen wir mal den Kopf untersuchen“, sagte Nadja und setzte ihr Headset auf. „Ich diktiere weiter.“
Inspektion des Kopfes
Graues, kurzes Haupthaar von noch üppiger Dichte, keine Parasiten, keine herausgerissenen Haarbüschel, keine Schäden durch Hitzeeinwirkung an Haar oder Kopfhaut. Dorsalgroßflächige Platzwunde am unteren Hinterkopf mit Einblutungen ins Gewebe und in der Wunde erkennbaren Knochensplittern.
Keine Deformierung des knorpeligen oder knöchernen Nasengerüstes. Getrocknetes Blut in den Nasenöffnungen mit Abrinnspuren aus beiden Nasenlöchern in Richtung Hinterkopf.
Leicht gelangweilt lauschten Peter und Wolf Nadjas Ausführungen zu Augen, Haut, Ohren, Lippen, Mund- und Rachenraum sowie ihrer Inspektion des Halses, des Brustkorbs, der Bauchdecken und der Extremitäten. Auch die Genital- und Analregion ergab keine weiteren Rückschlüsse.
Ihr gedanklicher Fokus lag auf der Sektion des Kopfes, denn sie vermuteten alle mittlerweile, dass Friedhelm Görlitz durch den Aufprall des Schädels gestorben war. Mit einem bogenförmigen Schnitt löste Nadja die Kopfschwarte ab, um deren Innenseite zu betrachten. Dann entfernte sie die Knochenhaut, um die Nähte des knöchernen Schädels zu begutachten.
Nun konnte man deutlich sehen, dass ein Bereich von ungefähr acht Zentimetern Durchmesser, mehr breit als hoch, im Hinterhauptbereich leicht eingedrückt war und Risse aufwies.
Nadjas Vermutung bestätigte sich. Nach Entfernen der Schädeldecke konnte man ebenfalls Einblutungen ins Gehirn erkennen.
Der Rest der Sektion brachte keine weiteren wesentlichen Erkenntnisse. Nadja diktierte ihr vorläufiges Gutachten.
Der Tote – inzwischen identifiziert als Dr. Friedhelm Görlitz, wohnhaft in Hannover – ist an einem Schädel-Hirn-Trauma gestorben. Wahrscheinlich ist nach der Auffindsituation ein Sturz gewesen, bei dem der Mann auf den Hinterkopf gefallen ist. In diesem Bereich befand sich im Boden eine Kante aus Beton.
Das Loch in der Brust ist durch einen spitzen Gegenstand aus Eisen verursacht worden. Es fanden sich Rostpartikel in der Wunde, die jedoch nur 1,8 Zentimeter tief und daher nicht tödlich war. Möglicherweise ist der Tote mit diesem Gegenstand gestoßen oder abgewehrt worden und kam dadurch rücklings zu Fall.
Aufgrund von Körpertemperatur in Relation zur Umgebungstemperatur und Leichenstarre, lässt sich der Todeszeitpunkt auf eine Spanne
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