SchattenHaut
Haare. Wir vermuten, dass sie abgeflammt worden sind. Die Verwesung hatte schon eingesetzt. Er war von Maden bevölkert.“
„Vielen Dank für die detaillierte Schilderung. Dann können wir doch davon ausgehen, dass der Täter in jedem Fall ein Mann gewesen sein muss. Es gehört schon einige Kraft dazu, einen so großen Körper wie den von Kuhlmann kopfüber an einen Dachbalken zu hängen.“
Hetzer überlegte.
„Ja, das ist wohl wahrscheinlich, obwohl es auch starke Frauen gibt. Wenn es sich wirklich um einen Serientäter handelt, spräche das auch für einen Mann. Es gibt nur sehr wenig Frauen, die Mordserien verübt haben.“
„Diese Kastrationen – falls die Fälle zusammenhängen – sprechen doch für ein Beziehungsdelikt oder einen Racheakt nach Missbrauch. Vielleicht sollten Sie da, besonders bei dem Geistlichen, genauer nachhaken. In der nahen Vergangenheit sind so viele Fälle aufgedeckt worden. Möglicherweise wehrt sich hier ein Opfer auf eine andere Art.“
„Es könnte sich auch um sexuellen Sadismus handeln. Wir müssen in jede Richtung weiterermitteln. Wichtig ist jetzt erst einmal das Ergebnis der Obduktion. Daraus werden sich Hinweise für unser weiteres Vorgehen ergeben. Bitte entschuldigen Sie uns jetzt. Wir müssen noch einen schriftlichen Bericht anfertigen.“
Kruse und Hetzer zogen sich in ihr Büro zurück.
„Diese olle Mistzicke!“
„Meinst du etwa die Frau Staatsanwältin, Peter?“
„Nie im Leben, wie kommst du denn darauf?“
Hetzer grinste und begann seinen Bericht zu tippen.
Bennos Vermächtnis
Das Schreiben ging ihnen schwer von der Hand. Sie waren viel zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt. Auf einmal waren die Fälle vielleicht nur noch einer und viel komplexer, als sie vermutet hatten. Das wirkte sich bereits auf ihren Bericht aus. Noch bevor sie konkret wussten, dass Fraas und Kuhlmann demselben Mörder in die Augen geschaut hatten, konnten sie beides nur noch schwer gedanklich trennen. In ihr Schweigen hinein klingelte das Telefon.
„Hallo Wolf, ich bin es, Mica. Alles klar bei euch? Ich dachte, ich rufe euch zuerst an, bevor ich die Chefetage informiere.“
„Das ist aber nett von dir, Mica. Du zeigst ja direkt menschliche Züge.“
„Jetzt hast du aber angefangen, Hetzer!“, schmunzelte Mica empört durchs Telefon. „Aber Schwamm drüber. Apropos Schwamm. Er schwamm in Maden. Benno, meine ich.“
„Das haben wir schon vor Ort gesehen. Da erzählst du uns nun nichts Neues.“
„Nun wartet doch mal. Ich will euch doch etwas über die Maden erzählen.“
Hetzer stöhnte: „Muss das sein?“
„Wenn ihr wissen wollt, wie lange er tot ist, schon.“
„Na gut, dann raus mit der Horrorstory.“
„Ist gar nicht so schlimm. Ich will euch etwas über das Nahrungsverhalten der Maden erzählen. In diesem Fall über die Spezies Calliphora vomitoria, auch Schmeißfliege genannt. Diese Tierchen bevölkerten nämlich überwiegend unseren lieben Benno. Als ich ihn mir angeschaut habe, hatten die Maden eine Größe von circa 13 mm. Das vordere Drittel ihres Darms war mit Nahrung gefüllt. Bei einer mittleren Temperatur von durchschnittlich 15 °C und nicht zu dunklen Lichtverhältnissen bedeutet das, dass Benno ca. acht Tage tot war, als Nadja ihn fand. Er starb also ungefähr vor einer Woche. Genauer möchte ich mich nicht festlegen.“
„So, und das kannst du anhand dieser Viecher erkennen?“
„Exakt!“
„Erzähl uns mehr. Was hast du sonst noch gefunden?“
„Wie schon gesagt, ist Benno ziemlich fachgerecht kastriert worden. Man kann zwar sagen, dass derjenige diese Operation wohl noch nie oder nicht oft durchgeführt hat, aber er wusste, was er tat oder tun musste. Das Resultat ist eine wirklich zufriedenstellende Genitalplastik. Mit einem kleinen Fehler im Bereich des Blasenausgangs. Aber wenn er noch ein bisschen üben würde, tja, dann könnte man ihn einstellen.“
„Du bist pervers, Mica, echt!“
„Nun stell dich mal nicht so an, Wölfchen. Ach, noch etwas, und da wird die Sache interessant. Wenn man sich bei den Kastrationen von Fraas und Kuhlmann noch unsicher war, ob sie aufgrund der Vorgehensweise von ein und demselben Täter gemacht worden sind, dann hilft einem ein weiteres, klitzekleines Detail weiter. Benno Kuhlmann war wie Fraas seines Schildknorpels, also seines Adamsapfels, beraubt worden. Was sagt ihr nun? Ich hatte das wegen der Narbe schon vermutet, aber nun ist es sicher. Also: Zwei Entmannungen und zwei
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