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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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zum Haus, um nachzusehen, ob sich Verletzte oder verdächtige Personen darin befanden. Als sie dort lediglich eine Leiche fanden, verließen sie den Tatort wieder, ohne etwas anzufassen oder zu verändern. Sobald sie sich vergewissert hatten, dass sich auch im Rest des Hauses niemand aufhielt, warteten sie vor dem Haus auf das Eintreffen der Detectives. Mein Spurensicherungsteam traf etwa zur gleichen Zeit ein wie Lieutenant Spinoza, der einen Durchsuchungsbeschluss beantragt hatte. Das war gegen sechzehn Uhr dreißig.«
    »Und was haben Sie im Haus gefunden?«
    »Zuerst natürlich das Blut, viel Blut. Im Teppichboden und an den Wänden und so weiter.«
    »Hat Ihr Team Proben von diesem Blut genommen, um es analysieren zu lassen, Sergeant?«
    »Ja. Zwecks einer späteren Untersuchung im Labor haben wir von jeder Stelle Proben genommen.«
    Mills wandte sich an den Richter. »Euer Ehren, ich glaube, die Verteidigung will keinen Beweisantrag stellen, ob die Blutproben vom Tatort mittels DNS-Analyse dem Angeklagten
beziehungsweise Ron Nolan zugeordnet werden konnten.«
    Das klang nicht gut, und im Zuschauerbereich erhob sich vernehmbares Raunen, aber Washburn hatte nur zu bereitwillig auf den Beweisantrag verzichtet, nachdem Mills ihm erzählt hatte, dass die Laborantin, die den DNS-Test gemacht hatte, gerade in Mutterschaftsurlaub war. Zudem gab es für ihn nichts dabei zu gewinnen, einen halben Tag lang mittels wissenschaftlicher Beweiserhebungen Evan Schollers und Ron Nolans Blut in Nolans Haus zu verteilen.
    »Danke, Sergeant«, sagte Mills. »Doch jetzt wieder zurück zu Mister Nolans Haus. Was haben Sie dort sonst noch gefunden?«
    »Also, im Wohnzimmer und im Arbeitszimmer waren Möbel umgestoßen. Auf dem Boden des Arbeitszimmers fanden wir einen Schürhaken mit Blutspuren des Opfers. Dann fanden wir auf dem Boden des Schlafzimmers die Leiche des Opfers. Auf dem Bett lag eine halbautomatische Neun-Millimeter-Beretta.«
    »Was haben Sie als Nächstes getan?«
    »Während Lieutenant Spinoza die Rechtsmedizin verständigte, beaufsichtigte ich die Angehörigen meines Teams beim Fotografieren des Tatorts und beim Sammeln von Blut-, Haar- und Faserproben sowie Fingerabdrücken, soweit sich solche finden ließen. Das ist das Standardvorgehen am Tatort eines Mordes.«
    Mills ließ fast zwei Dutzend Proben aus Nolans Haus als Beweismittel registrieren und von Delahassau identifizieren. Als sie damit fertig war, nahm Mills die Pistole aus einem Schusswaffenbehälter und gab sie dem Gerichtsdiener zur Registrierung, mit dem Hinweis, die Waffe sei nicht geladen
und bedenkenlos zu handhaben. »Haben Sie die Pistole persönlich nach Fingerabdrücken abgesucht, Sergeant?«
    »Ja.«
    »Haben Sie brauchbare Fingerabdrücke auf ihr gefunden?«
    »Ja.«
    »Und konnten Sie feststellen, wessen Fingerabdrücke sich auf der Pistole befanden?«
    »Ja, das konnten wir. Auf der Waffe befanden sich die Fingerabdrücke von Mister Nolan sowie von Mister Scholler, dem Angeklagten.«
    Wieder ging ein Raunen durch den Zuschauerbereich. Mills ließ es einen genüsslichen Moment lang andauern, bevor sie sich Washburn zuwandte und die Zeugin ihm überließ.

    Washburn war immer schon der Ansicht gewesen, dass es im Grunde genommen nur zwei Möglichkeiten gab, sich gegen eine Mordanklage zu verteidigen. Die erste war, eine stichhaltige Theorie zur eigenen Verteidigung zu präsentieren, die aus eigener Kraft eine Strafmilderung oder berechtigte Zweifel nach sich zog. Diese Methode hatte all die Jahre zu Washburns Rüstzeug gehört, und er war extrem gut damit gefahren. Er hörte sich alle Fakten und Theorien der Anklage an und brachte dann die Argumente der Verteidigung vor, zu denen Notwehr, verminderte Zurechnungsfähigkeit, zeitweise Unzurechnungsfähigkeit oder irgendeine der zahlreichen anderen psychologischen Rechtfertigungen (einschließlich PTBS) zählen konnten. In San Francisco rannte man damit schon längst offene Türen ein. Aber selbst in San Mateo County veranlasste eine solche selbstbewusste, affirmative Verteidigungsstrategie die Jurys mittlerweile häufig dazu,
die Angeklagten einer weniger schwerwiegenden Straftat schuldig zu sprechen. Washburn führte diesen Umstand darauf zurück, dass die Menschen grundsätzlich an das Gute in ihren Mitmenschen glauben wollten. Selbst wenn jemand etwas wirklich Abscheuliches getan hatte, neigten die Geschworenen dazu, ein Nachsehen mit ihm zu haben, solange es nur halbwegs plausible Hinweise

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