Schattenkampf
möglicherweise nie herausfinden«, sagte Hardy. »Wahrscheinlich jemand, der es für wichtiger hält, dass Leute wie Allstrong Firmen aufbauen, die wachsen und gedeihen, als sich Gedanken darüber zu machen, ob sie sich dabei auch buchstabengetreu an das Gesetz halten. Na und wenn schon, dann müssen eben ein paar Leute ins Gras beißen. Sehen Sie sich doch die vielen Jobs an, die auf diese Weise geschaffen werden, die Infrastruktur. Das ist es doch allemal wert, oder nicht? Eine ganz einfache Rechnung.«
»Mir gefällt dieser Nationale-Sicherheit-Aspekt. Was genau passiert, wenn Allstrong auffliegt?«
»Zumindest schadet es den Kriegsanstrengungen, der erfolgreichen Arbeit, die Allstrong im Irak leistet. Das ist immer ein gutes Argument, mit dem sie ankommen können.« Hardy grinste. »Ich glaube aber auch, dass das hohe Tier, wer
immer das ist, eines beträchtlichen Anteils seines frei verfügbaren Bareinkommens verlustig ginge.«
Evan machte einen schmerzenden Atemzug. »Ich will gar nicht daran denken, dass so etwas tatsächlich passieren könnte.« Er schaute auf die Gefängniswände. »Aber andererseits will ich auch nicht daran denken, dass irgendetwas von dem hier tatsächlich passiert.«
Der Anruf ging kurz nach ein Uhr ein, unmittelbar nachdem Hardy in die Kanzlei zurückgekommen war.
»Mister Hardy. Hier Jack Allstrong.« Er kam wieder mit seinem jovialen Kumpelton an. »Heute Morgen habe ich eine Kopie des Berufungsantrags erhalten, den Sie im Fall Scholler einreichen wollen. Mister Loy sagt, wir müssen wahrscheinlich mit einem Vorführungsbefehl im Haftprüfungsverfahren rechnen. Er ist beeindruckt von Ihrer Arbeit, Mister Hardy, und hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass das Gericht zumindest eine Anhörung zu Ihrem Antrag anordnet. Ich würde sagen, wir haben bei unserem letzten Gespräch etwas überreagiert, und wollte Sie deshalb fragen, ob Sie es vielleicht ermöglichen könnten, heute Nachmittag zu uns in die Allstrong-Zentrale zu kommen.«
Hardy fand, es konnte nicht schaden, auf unnahbar zu machen. »Wenn Sie nichts über eine Verbindung zwischen Mister Nolan und den Khalils wissen, woran Sie bei meinem letzten Besuch keinen Zweifel gelassen haben, wüsste ich nicht, was es zwischen uns noch groß zu besprechen gäbe.«
»Sie scheinen ziemlich sicher zu sein, dass Scholler Ron Nolan nicht umgebracht hat, und wenn dem so ist, können
wir Ihnen vielleicht helfen. Es könnte sich, glaube ich, durchaus lohnen, sich darüber zu unterhalten.«
Hardy ließ ihn noch ein paar Momente zappeln. »Ich könnte mir heute Nachmittag zwei Stunden freimachen, aber ich finde, dieses Treffen sollte in meinem Büro stattfinden.«
Hardy saß, einen Notizblock vor sich, an seinem Schreibtisch. Er hatte sich bereits ein paar Punkte notiert, um nichts von dem zu übersehen, was bei dem bevorstehenden Gespräch geklärt werden musste. Er schämte sich zwar ein wenig, dass er so etwas tatsächlich für angeraten hielt, aber er hatte seine Pistole in die linke obere Schreibtischschublade gelegt, wo er nötigenfalls rasch an sie herankäme.
Als Phyllis Allstrong hereinführte, tat er so, als schriebe er etwas. Er schaute kurz auf und deutete mit einem »Entschuldigung, ich bin gleich so weit« auf den Queen-Anne-Stuhl vor seinem Schreibtisch, damit Allstrong darauf Platz nahm. Während dieser das tat und seinen Aktenkoffer neben sich auf den Boden stellte, verließ Phyllis das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Nachdem Hardy ein paar weitere Zeilen gekritzelt hatte, legte er den Stift weg und schob den Block zur Seite.
»Wie es scheint«, begann Hardy, »haben Sie irgendwo in Washington einen Schutzengel, der dafür gesorgt hat, dass die polizeilichen Ermittlungen in Sachen Bowen im Sand verlaufen sind. Aber solange Evan Scholler noch am Leben und im Gefängnis ist, werde ich oder jemand wie ich versuchen, dem Zusammenhang zwischen Allstrong, Ron Nolan und den Khalils auf den Grund zu gehen. Wer auch immer versucht hat, Evan Scholler aus dem Weg zu räumen, hat seine Chance vertan und wird wohl so schnell auch keine mehr
bekommen, weil er sich mittlerweile in Schutzhaft befindet. Und Berufungsanwälte sind, wie Sie erst kürzlich feststellen mussten, austauschbar. Und glauben Sie mir, Mister Allstrong, irgendjemand von den Personen, die meine Akte und meine Aufzeichnungen lesen, von denen es mehrere Kopien gibt, wird mit diesen Nachforschungen genau an der
Weitere Kostenlose Bücher