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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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verankert hat.
    Jedenfalls gäbe es noch wesentlich mehr über den Wahnwitz hier zu berichten - sämtliche Köche auf dem Stützpunkt sind zum Beispiel Filipinos, und die Wachleute draußen auf dem Flughafen kommen alle aus Nepal. Wir haben heute einen gewissen Kuvan getroffen, der Allstrong anscheinend diese ganzen Arbeitskräfte beschafft. Laut Nolan verdient keiner von ihnen mehr als hundertfünfzig Dollar im Monat, während er zwanzigtausend kriegt! Er hat mir geraten, wenn meine Dienstzeit hier um ist, soll ich zurückkommen und für Allstrong arbeiten. Viele ehemalige Army-Typen starten hier eine zweite Karriere als Banditen. Du wärst doch sicher hellauf begeistert, wenn ich das auch machen würde, wie?
    Aber jetzt genug von diesem Land. Du kriegst wahrscheinlich so schon genug über den Irak zu hören, nehme ich mal an.
    Was ich wirklich gern wissen würde, ist, ob du meine Briefe liest, ob du wenigstens ein bisschen was von mir mitbekommst. Dass du nicht antwortest, ist ziemlich hart für mich, Tara. Wenn du in diesem Brief bis zu dieser Stelle gekommen bist und nicht willst, dass ich dir weiter schreibe, dann teile es mir einfach irgendwie mit, und ich verspreche dir, damit aufzuhören. Wenn du zu einer Entscheidung gekommen bist und endgültig Schluss zwischen uns ist. Aber ein Teil von mir klammert sich immer noch an die Hoffnung, dass du vielleicht doch bereit bist, es noch einmal mit mir zu versuchen, wenn ich nach Hause komme.
Ich weiß, ich sollte sagen, falls ich nach Hause komme, wie du immer wieder betont hast. Deshalb will ich das schon mal klarstellen: Ich werde nach Hause kommen.
    Es fällt mir einfach nur schwer, zu akzeptieren, dass unsere geringfügig voneinander abweichenden politischen Ansichten uns wirklich entzweit haben. Es ist richtig: Ich finde, manchmal ist es in Ordnung, für etwas zu kämpfen, sei es, weil man an eine Sache glaubt oder weil man sich verpflichtet hat zu kämpfen. Man hat sein Wort gegeben. So einfach ist das. Vielleicht bist du da anderer Meinung, aber darüber können wir ja, hoffe ich, eines Tages noch weiter diskutieren.
    Wenn du mir nur mal schreiben würdest, Tara, egal, ob du dich nun so oder so entschieden hast. Ich würde mich sehr freuen, etwas von dir zu hören. Ich liebe dich. Immer noch.
    »Hallo! Evan.«
    Er schaute auf und sah Ron Nolan in der Tür stehen, die nach hinten in den Schlafsaal führte, in dem seine Männer schliefen. Er hatte seinen Brief bei gedämpfter Beleuchtung an einem Tisch des ansonsten leeren Casinos geschrieben. Er hatte gerade den Umschlag adressiert. Jetzt legte er den Stift beiseite und nickte zum Gruß. »Sir.«
    Nolan kam in den Raum. »Hey, das hatten wir doch längst geklärt. Du bist Evan, ich bin Ron. Wie alt bist du, fünfundzwanzig?«
    »Siebenundzwanzig.«
    »Also, ich bin achtunddreißig. Verschon mich also mit diesen Förmlichkeiten. Wenn du mich mit ›Sir‹ ansprichst, komme ich mir alt vor. Komme ich mir alt vor, werde ich stinkig.
Werde ich stinkig, töte ich Menschen. Dann wäre es deine Schuld. Es ist ein Teufelskreis, und alles nur deinetwegen.«
    Evan waren seine letzten Worte an Tara noch sehr präsent; er musste sich ein verständnisvolles Lächeln abringen. »Du würdest einfach so jemanden umbringen?«
    Nolan hatte inzwischen den Tisch erreicht. Er grinste. »So was soll vorkommen. Ist sicher nicht schön. Lust auf ein Bier?«
    Evan wurde das Gefühl nicht los, dass dieses Gesellschaftstrinken rasch ausarten konnte. Es wäre das zweite Mal seit seiner Ankunft hier, dass er Alkohol trank. Aber andererseits, dachte er, was soll’s? Wen interessierte das schon angesichts des Irrsinns, der hier sonst ablief? Trotzdem signalisierte er halbherziges Widerstreben. »Wir sollten eigentlich nichts trinken.«
    »Ach ja, habe ich ganz vergessen.« Nolan legte den Kopf auf die Seite. »Soll das ein Witz sein? Wer soll dich hier zur Rechenschaft ziehen? Du führst hier das Kommando, Mann.«
    »Ich weiß. Ich denke dabei an meine Männer.«
    »Wie bitte? Ist das dein persönliches Mantra oder was? Hast du das in einem Film gesehen? Ich sehe hier weit und breit keinen deiner Jungs, der sich daran stoßen könnte. Sie bekommen es ja nicht mal mit. Jetzt stell dich mal nicht so an. Ich hole dir ein Bier.«
    »Eins.« Evan redete bereits mit Nolans Rücken.
    »Okay. Für den Einstieg.« Nolan ging in die Küche, öffnete einen riesigen zweitürigen Kühlschrank und kam mit zwei Flaschen Budweiser zurück. Er machte eine

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