Schattenkommando: Thriller (German Edition)
VEREINTEN NATIONEN IN TORBAT-E-JAM, IRAN
KURZE ZEIT SPÄTER
» Langsam, Mädchen, Sie sind verwundet. Bewegen Sie sich nicht, okay? «
Captain Charlie Turlock schlug die Augen auf – und sofort zersprengte das Wenige, das sie sah, zu einer Sternenwolke, als ihr ein Schmerz durchs Kreuz und anschließend durch die Wirbelsäule bis hinauf ins Gehirn schoss. Sie keuchte, der Schmerz verdoppelte sich, und sie schrie auf. Sie fühlte eine kühle Hand, die sich auf ihre Stirn legte. » Mein Gott, o mein Gott … «
» Ob Sie’s glauben oder nicht, Mädchen, Ihre Schmerzensschreie sind Musik in meinen Ohren « , sagte der Mann, dessen schwerer irischer Akzent allmählich an Verständlichkeit gewann und irgendwie besänftigend wurde. » Denn wenn Sie nicht so schreien würden, würd ich glatt glauben, Sie hätten sich das Rückgrat gebrochen. Wo tut’s denn weh, Mädchen? «
» Mein Rücken … im Kreuz « , keuchte Charlie. » Es fühlt sich an, als … stünde mein ganzer Rücken in Flammen. «
» In Flammen … Komischer Ausdruck, Mädchen « , sagte der Mann. » Überrascht mich aber gar nicht. « Verwirrt betrachtete Charlie den Mann und sah dann das an seinem Hals baumelnde Stethoskop. Er war sehr jung, fast noch ein älterer Teenager, mit kurz geschorenen rötlich blonden Haaren, leuchtend grünen Augen und einem unermüdlichen Lächeln – doch sein Blick verriet tiefe Besorgnis. Das blendende Licht einer einzelnen Glühbirne unter der Decke stach ihr in die Augen, trotzdem war sie dankbar, dass wenigstens ihr Gesichtssinn noch funktionierte. » Sie sind ein Engel aus dem Himmel, könnte man sagen – oder eher ein gefallener Engel? «
» Ich verstehe nicht, Doktor … Doktor …? «
» Miles. Miles McNulty « , antwortete der Mann. » Aber ein Doktor bin ich nicht, auch wenn das jeder hier glaubt. Und das soll uns allen erst mal genügen. «
Charlie nickte. Obwohl die Schmerzen nach wie vor da waren, gewöhnte sie sich allmählich an sie und stellte fest, dass sie sogar ein wenig nachließen, sobald sie sich vorsichtig bewegte. » Wo sind wir, Mr. McNulty? « , fragte sie.
» Ich komme mir ja vor wie ein alter Mann, wenn Sie mich so nennen « , sagte er. » Nennen Sie mich Miles. Oder Wooz, wenn Ihnen das lieber ist. «
» Wooz? «
» Den Spitznamen haben mir einige der Ärzte hier gegeben, gleich nach meiner Ankunft – schätze, ich war ein wenig ›woozy‹, also benommen, nachdem ich den ganzen Mist gesehen hatte, der hier passiert, das Blut, das faulige Wasser, die Verletzungen, die sterbenden Kinder, den Hunger und all das gottverdammte Böse, das der Mensch seinen Mitmenschen im Namen Gottes anzutun imstande ist « , sagte Miles, und für einen Moment nahm sein jugendliches Gesicht einen harten, düsteren Zug an.
Charlie musste schmunzeln. » Tut mir leid. « Und sie freute sich, als ihr Lächeln erwidert wurde. » Ich werde Sie Miles nennen. Ich bin Charlie. «
» Charlie? Ich bin ja schon eine ganze Weile hier in der Wüste, Mädchen, aber wie ein Charlie sehen Sie mir nicht aus. «
» Ist ’ne lange Geschichte. Ich werd sie Ihnen irgendwann erzählen. «
» Würde ich mir gern anhören, Charlie. « Er fand ein Fläschchen in seiner Jackentasche und schüttelte ein paar Tabletten heraus. » Hier. Sind bloß ein paar nichtsteroidale Entzündungshemmer, wie man sie überall rezeptfrei kriegt. Ihnen ein stärkeres Schmerzmittel zu geben, trau ich mich nicht, solange ich Sie nicht auf innere Blutungen untersucht habe und ob Sie sich was gebrochen haben. «
Eine große gepanzerte Faust schob sich an ihm vorbei und umschloss seine Hand, und obwohl Charlie den Kopf nicht drehen konnte, wusste sie sofort, wem sie gehörte. » Die werd ich mir erst einmal ansehen « , hörte sie Chris Wohls elektronisch generierte Stimme sagen.
» Sieh an, es spricht « , sagte Miles.
Wohl nahm seinen Helm ab und bewegte seinen steifen Nacken.
» Verzeihen Sie mir die Bemerkung, mein Freund, aber mit Helm sahen Sie besser aus « , scherzte Miles und grinste breit, bis er Wohls warnenden Gesichtsausdruck bemerkte. Er füllte die Tabletten zurück in das Fläschchen, schüttelte es einmal, nahm eine heraus und warf sie sich in den Mund. » Ich will der jungen Dame helfen, nicht ihr irgendetwas antun. «
Daraufhin erlaubte ihm Wohl, Charlie drei Tabletten und einen Schluck Wasser zu geben.
» Wie fühlen Sie sich? « , fragte er.
» Gar nicht so übel, solange ich mich … nicht bewege « , keuchte sie unter
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