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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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integriert war, hatten Mitarbeiter des städtischen Bauhofs Kabelanschlüsse für die Verkaufsstände gelegt. Hier würde morgen Abend der Oberbürgermeister den symbolischen ersten Fassanstich vornehmen. Ein Spektakel, das erfahrungsgemäß mit Böllerschüssen und Fanfarenklängen verbunden war.
    Das Kreuzläuten war längst verklungen, als Konrad Faller die Kirchentür leise hinter sich ins Schloss zog. Er musste Kabelrollen und Brettern ausweichen, nickte den Bauhofmitarbeitern grüßend zu und strebte dem Altstadtkarree abseits der Fußgängerzone zu, wo er seinen BMW geparkt hatte. Als er hinter dem Chor der Kirche angelangt war, wo die gerade erst sanierte Tuffsteinfassade des historischen Gotteshauses einer städtebaulichen Sünde der 60er-Jahre gegenüberstand, fiel sein Blick auf eine Frau, die ihm entgegenkam. Sein bärtiges Gesicht verzog sich sofort zu einem Lächeln. Die attraktive Frau ließ ihn schlagartig die Probleme vergessen, die seit Wochen seine Gedanken beherrschten. Sabrina lief ihm in letzter Zeit häufig über den Weg, stellte er fest. Doch auch jetzt konnte dies nichts weiter als ein Zufall sein. Die Sonne ließ ihre blonden Haare besonders hell erscheinen und ihr weißes, weit ausgeschnittenes Kleidchen verfehlte seine Wirkung bei den Männern nicht.
    »Hallo«, rief ihr Faller freundlich entgegen und beschleunigte seine Schritte, »was führt dich bei dieser Hitze in die Stadt?« Er schüttelte ihr die Hand.
    »Was wohl schon?«, meinte sie und suchte im Schatten eines Gebäudes Schutz, »wir haben doch morgen wieder einen Stand.«
    Faller nickte und sah ihr tief in die blauen Augen. Sabrina war Ende 30 und damit 15 Jahre jünger als er. Und sie war, das wusste die halbe Stadt, unglücklich verheiratet. Dieser Gedanke schoss Faller jedes Mal durch den Kopf, wenn er sie traf. Ihr Mann, Inhaber der Getränkehandlung Simbach, stammte aus den neuen Bundesländern und hatte Sabrina bei einem Fest in seiner sächsischen Heimatgemeinde Bischofswerda, der Partnerstadt Geislingens, kennengelernt. Damals, gleich nach der politischen Wende, war Sabrina als Mitglied einer Tanzgruppe zu einem Auftritt dorthin gereist und hatte sich Hals über Kopf in Alexander Simbach verliebt, obwohl sie erst 22 und er bereits 32 Jahre alt war. Schon ein halbes Jahr später heirateten sie in Geislingen, wo sich Simbach als Getränkehändler selbstständig machte. Bald wurde eine Tochter geboren, die inzwischen 16 war und das Gymnasium besuchte. Dieses Mädchen war vermutlich der einzige Grund für den Fortbestand der Ehe.
    Am liebsten hätte er Sabrina in den Arm genommen und ihr ins Ohr geflüstert, was er ihr schon immer sagen wollte. Doch abgesehen davon, dass dies hier nicht der richtige Ort gewesen wäre, würde er es auch anderswo vermutlich niemals wagen.
    »Wenn die Hitze anhält, wird einiges los sein«, beschränkte sich Faller auf den üblichen Small Talk, den er eigentlich hasste. Er war es eher gewohnt, die Dinge klar auszusprechen und zu sagen, was er wollte. Aber eben nur im Geschäftsleben, in seiner Fabrik.
    »Ich darf gar nicht dran denken«, erwiderte Sabrina tief einatmend. Es klang wie ein Hilferuf: Hilfe, hol mich raus. Ich bin am Ende.
    Er nickte aufmunternd. »Stress«, stellte er fest, »die einen feiern, die anderen haben die Arbeit. Aber sonst …« Er unternahm den zaghaften Versuch, ihr etwas über die privaten Probleme zu entlocken. »Sonst geht es dir gut?«
    »Na ja – man soll nicht klagen. Solange das Geschäft läuft.«
    Sie mussten einem Auto ausweichen, das zu den privaten Parkplätzen hinter der Kirche fuhr, obwohl dort bereits ein Halteverbot ausgewiesen war, damit der Toilettenwagen fürs morgige Fest abgestellt werden konnte.
    »Ja, Sabrina, so gehts uns allen«, seufzte Faller, »solange die Geschäfte laufen. Und dabei vergessen wir, was wirklich wichtig ist auf der Welt.« Wie zur Bekräftigung dessen, was er gesagt hatte, blickte er zur Kirchenfassade hinüber. »Wir alle hetzen nur unserem Geschäft hinterher oder halten uns mit Nebensächlichkeiten auf und verpassen dabei das Wichtigste.«
    Ihre Augen glänzten verdächtig. Vielleicht wars aber auch nur ein Sonnenstrahl, dachte Faller.
    Sie nickte. »Sag das mal dem Alexander. Wenn der nicht bald kürzer tritt, mach ich mir ernsthaft Sorgen um seine Gesundheit.«
    »Er bürdet sich auch alles auf. Ich hab mich ohnehin gewundert, dass er sich in den ›Arbeitskreis Kirchensanierung‹ gedrängt hat.«
    »Weißt du,

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