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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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Familie vor einigen Jahren, vielleicht aber auch wegen der Schlampigkeit seiner Mutter, war Nicky ein Jahr zu spät eingeschult worden.
    An diesem Morgen hatte Conny bereits vor dem Haus auf Nicky gewartet, da er einen weiteren, wenn auch selbst ve rschuldeten Wutanfall seines Vaters befürchtete.
    »Letzte Nacht wieder von Mösen geträumt, Alter?«, rief N icky ihm nun lauthals entgegen, als er ihn vor dem Haus stehen sah. Seine stete Frage nach Mösen war eine Anspielung auf einen Traum, den Conny ihm vor einigen Monaten erzählt hatte. Es war in der Nacht gewesen, nachdem er im Wohnzimmerschrank zum ersten Mal die Pornohefte seines Vaters entdeckt und ausgiebig studiert hatte. Die weit gespreizten Beine der Frauen hatten ihn die ganze Nacht nicht mehr losgelassen, sodass er träumte, körperlose Mösen würden um seinen Kopf fliegen und er müsste sie mit der Zunge einfangen. Nicky hatte sich vor Lachen beinahe in die Hose gemacht, als Conny ihm davon erzählte, und seitdem begrüßte er ihn jeden Tag mit der gleichen Frage. Es war für Conny mittlerweile zu einem Spiel geworden, Nicky mit immer neuen obszönen Antworten zu überraschen.
    »Von Mösen träumen war gestern, Alter, ab heute werden sie gesammelt!«, rief er ebenso laut zurück. Dabei war ihm vol lkommen egal, wer ihn dabei hörte. Je mehr Dorfspießer es mitbekamen, desto besser!
    Nicky machte eine anstößige Handbewegung – als würde er sich einen runterholen – und lachte. Conny wusste nicht, w arum es so war, und doch konnte er nicht anders, als Nicky hübsch zu finden. Er bewunderte ihn und wäre gerne mehr wie er. Nicky war recht groß für sein Alter – gerade in den letzten Monaten hatte sein Körper einen neuen Wachstumsschub erfahren. Er hatte außerdem das Glück, von Pickeln fast ganz verschont geblieben zu sein. Er rasierte sich sogar schon, wofür Conny ihn am meisten beneidete. Es verlieh Nicky ein reiferes Aussehen als allen anderen Jungs seines Alters. Auch den Stimmbruch hatte er bereits vor Monaten hinter sich gelassen, seine Stimme klang viel tiefer und erwachsener als vorher. Bei Conny selbst würde es noch einige Zeit dauern, bevor seine Stimme dauerhaft diese männliche Stimmlage erreichte, ganz zu schweigen von den Pickeln, die ihn bereits seit über einem Jahr quälten. Zudem war da noch die Ankündigung seines Zahnarztes, es wäre bald eine feste Zahnspange fällig, vorausgesetzt, seine Eltern waren bereit, für die Kosten aufzukommen.
    Nicky und Conny waren äußerlich vielleicht vollkommen u nterschiedlich, doch innerlich waren sie vom gleichen Schlag. Es machte Conny stolz, Nickys bester Freund zu sein, und er würde alles tun, damit es auch so blieb.
    »Du bist so eine perverse Drecksau, Conny«, sagte Nicky mit einem schiefen Grinsen, als er ihn erreicht hatte.
    »Das musst du gerade sagen! Wer erregt denn hier öffentliches Ärgernis durch obszöne Handbewegungen?«, erwiderte Conny ebenso grinsend. Nicky packte ihn am Nacken und gemeinsam gingen sie in Richtung der Wälder los.
    »Hauptsache, ich errege überhaupt etwas, Alter!«
     
    Die meiste Zeit verbrachten Conny und Nicky im nahe gel egenen Waldstück. Dort konnten sie tun und lassen was sie wollten, und nur selten kamen einheimische Spaziergänger vorbei und störten ihre verschwörerische Zweisamkeit.
    Lübbewirtz bestand zu einem großen Teil aus Wald und Wi ese. Was für andere Kinder und Jugendliche langweilig und uninteressant gewesen wäre, barg für Conny und Nicky die größten Schätze an Beschäftigung und Vergnügen. Doch sie waren auch nicht wie andere Kinder und Jugendliche. Der Auwald mit seinen ernsten Weiden und Erlen, nahe an einem Wasserlauf gelegen, mit wilden Gebüschen, bemoosten Steinen und verschlungenen, miteinander verflochtenen Wurzeln, mit seinen kleinen Pfaden über Wurzeln hinweg und um Stämme herum war die Umgebung, die sie für sich auserkoren hatten. Hier war der Boden feucht und federn, der Geruch vielfältig und süß, und die völlige Abgeschiedenheit gab ihnen die Freiheit, alles zu tun, wonach ihnen war. Mehr konnten sie sich nicht wünschen.
    An diesem Tag saßen sie zusammen an dem schmalen, ausg etrockneten Bach, die Beine angezogen unter einer Schatten spendenden Purpurweide, die zur Seite des Wildbachs schief und bizarr im Gehänge wurzelte, und warfen Steine in das verbliebene Wasser. Auch heute war es wieder unerträglich heiß, die warmen Strahlen der Sonne ließen ihre Umgebung träumerisch flimmern. Im

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