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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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was sie mir angetan hat!«, zischte sie mit gesenkter Stimme. »Sie will, dass ich mich umbringe. Und jetzt pack an. Wir ziehen das jetzt durch. Aus der Nummer kommst du nicht mehr raus.«

47
    Nils bog um eine Ecke. Er sah es sofort, obwohl es inzwischen beinahe dunkel war. Schwarz zeichnete sich die Silhouette eines Motorrads vor einer hellen Holzwand ab. Im Haus dahinter ein schwacher Lichtschein.
    Er stieg über den Zaun des angrenzenden Grundstücks und schlich in den Schatten des dort stehenden Häuschens an den Zaun. Im Schutz eines Kompostbehälters spähte er auf das Nachbargrundstück. Alle Fensterläden waren geschlossen. Bis auf den einen, durch dessen Fenster der flackernde Schimmer drang.
    Zwischen verdorrten Stauden suchte er sich einen Weg zum Lattenzaun, stieg darüber und blieb mit einem Hosenbein an einem Nagel hängen. Ungeduldig zerrte er daran. Mit einem Ratschen zerriss die Jeans.
    Er bemühte sich, leise zu sein, schlich über das Grundstück. Doch ein herumliegender trockner Ast zerbrach mit lautem Knall unter seinen Füßen. Erschrocken blieb Nils stehen, lauschte. Doch nichts rührte sich. Auch auf der Rückseite des Häuschens waren die Läden geschlossen. Er musste nach vorn zu dem einen Fenster. Langsam pirschte er sich an, duckte sich und spähte dann hindurch. Ein Raum mit Tisch und Stühlen, dahinter ein Sessel und ein Sofa. Auf dem Tisch stand ein Windlicht mit Kerze, neben dem Sessel lagen zwei Spanngurte. Kein Mensch weit und breit.
    Nils sah sich um. Dann schob er die Tür auf und trat ein. Scherben auf dem Boden, ein Klecks weißer Brei auf dem Teppich. Ein leeres und ein halb leeres Medikamentenröhrchen auf dem Tisch. Schlaftabletten. Eine Tasse und ein Löffel, an denen Reste einer weißen Paste klebten. Eine Flasche Wasser.
    Das Bild dessen, was hier geschehen sein musste, baute sich in rasender Geschwindigkeit in Nils auf. Er stöhnte. Angst brachte sein Herz zum Rasen. Wo war Sandra? Lebte sie noch? Janina! Sie musste wahnsinnig sein! Für eine Sekunde überrollte ihn Hass. Dann siegte die Angst. Wo war Sandra?
    Er lief aus dem Haus, sah sich um. Versuch, klar zu denken! Klar? Beinahe hätte er gelacht. Doch Angst saß in seiner Kehle.
    Was würdest du an Janinas Stelle machen? Wohin würden sie Sandra bringen? Denk nach! Warum hat sie Sandra nicht im Häuschen gelassen? Das wäre einfacher… aber vielleicht eine Verbindung zu ihr… es soll so aussehen, als hätte Sandra sich selbst… deshalb die Schlaftabletten… Aber warum nur? Doch das war jetzt völlig nebensächlich.
    Er atmete durch, sortierte seine Gedanken, sah sich um. Janina war nicht allein. Das Motorrad… das hatte er schon mal gesehen. Ein Junge hatte Janina damit von der Schule abgeholt. Dieser Sven, mit dem sie vorhin telefoniert hatte? Sie waren zu zweit. Sie brachten Sandra irgendwohin. Wohin?
    In den Wald. Natürlich. In den Wald.
    Er zog das Handy hervor und wählte endlich die Notrufnummer.

48
    Die Schrebergartensiedlung lag hinter ihnen, ebenso der Saum des Waldes. Die Wolkendecke war aufgerissen. Der Mond ging auf und ließ die Stämme der Bäume diffuse Schatten ins Moos werfen.
    Sie erreichten mit ihrer Last eine kleine Lichtung, in deren Mitte ein großer Findling lag. Im Sommer hatte sie sich hier oft mit Sven getroffen. Es war ein romantischer, beinahe verzauberter Ort. Eigentlich kein Ort für Sandra. Und schon gar kein Ort, um zu sterben.
    Mit jedem Atemzug sog Janina kalte Luft ein. Sie brannte in ihrer Lunge. Ihre Wirbelsäule drohte durchzubrechen. Gleich würde es knacksen und dann wäre sie querschnittsgelähmt, für immer. Es reichte. Sie ließ Sandras Beine einfach los. Dieser Platz hatte sowieso keine Bedeutung mehr in ihrem Leben. Sollte Sandra ruhig hier sterben.
    Sven ließ Sandra nicht einfach zu Boden knallen. Er legte sie vorsichtig ab und das machte sie zornig. Doch sie schluckte die Wut hinunter.
    Auch er streckte seinen Rücken und sah sich dabei um. »Es sieht besser aus, wenn wir sie da an den Felsen lehnen.«
    Als sie nicht reagierte, fügte er hinzu: »Glaubwürdiger, meine ich. Man nimmt nicht Schlaftabletten und lässt sich dann auf den nassen Waldboden fallen, wenn man sich bequem an einen Stein lehnen kann.«
    Okay, er hatte recht. Sie half ihm. Gemeinsam drapierten sie Sandras schlaffen Körper an den Findling. Sah gut aus. Sehr dramatisch.
    Janina wartete darauf, dass sich endlich ein Gefühl des Triumphes einstellte. Doch sie fühlte sich einfach nur

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