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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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hören. Und niemand würde meinen Unschuldsbeteuerungen Glauben schenken.
    Nein, ich habe keine Lust, die englische Kriminalgeschichte um einen weiteren Justizirrtum zu bereichern.
    Ray Crane zog die Knie an und schloß die Arme darum. Er legte den Kopf auf die Knie und schloß die Augen. Schlafen können, ruhen können . . .
    Jäh riß er den Kopf in die Höhe, als er wieder ein Geräusch hörte. Diesmal war es ein dumpfes Stöhnen . . . schmerzvoll und grauenerregend zugleich. Einige Sekunden lang vernahm er nur sein keuchendes Atmen, dann schloß er den Mund. Was war das eben gewesen? Er war jetzt überzeugt, daß außer ihm noch ein Mensch im Haus sein mußte . . .
    Aber wer war es? Und wo befand er sich? Das Haus war groß; obwohl es nur noch aus dem Erdgeschoß und den Resten des ersten Stockwerkes bestand, hatte es etwa zwölf Zimmer. Davon war gut die Hälfte nicht mehr, oder doch nur teilweise überdacht. Es war nicht einfach, in der Dunkelheit durch die Räume zu gehen. Auf den Böden lagen vermoderte Balken und herabgefallene Steine, und stellenweise gähnten große Löcher, durch die man leicht in das darunterliegende Stockwerk oder in den Keller stürzen konnte.
    Ray Crane befand sich im ersten Stock; es war ein vollständig überdachtes Zimmer, das von der Treppe am weitesten entfernt lag. In Gedanken lief er den kalten, zugigen Korridor zurück und dachte an die schwarzen Türöffnungen, die links und rechts zu den ausgebrannten Räumen führten. Die Türen selbst waren entweder verbrannt oder gestohlen worden. Im ersten Stockwerk mochte es noch fünf oder sechs Zimmer geben . . .
    Als Crane jung war, hatte er einmal ein Fabelbuch gelesen, in dem von den Qualen einer armen Seele die Rede gewesen war. Seit jenen Tagen hatte er eine höchst skurrile Vorstellung von den Klagen, die diese toten Seelen äußerten . . .
    Merkwürdig. Das Geräusch, das er gehört hatte, glich dieser Vorstellung aufs Haar.
    Trotzdem: er war jetzt ganz wach und wußte, daß ihm die Phantasie durchaus keinen Streich gespielt hatte. War es ein Gejagter wie er? Oder handelte es sich nur um ein Liebespärchen? Unsinn, das scheidet aus, dachte er. Keinem Liebespaar wird es einfallen, diese wüste Stätte aufzusuchen.
    Aber jetzt war es ruhig, verdächtig ruhig. Er stand auf und verzog wieder das Gesicht, als die Dielen knarrten. Während er vorsichtig auf die schwarze, gähnende Türöffnung zuschritt, würgte etwas in seinem Hals. Er war kein ängstlicher Mensch, aber in diesem kalten, zerstörten Haus herrschte eine Atmosphäre des Unheimlichen, Spukhaften, die ihm an die Nieren ging. Er trat auf den Korridor.
    Am Ende des Ganges fiel durch ein leeres Rosettenfenster das Mondlicht ein. Stellenweise strömte es durch die aufgerissene Decke ins Innere. Es war ein Licht, das wie Silberstaub glänzte und seltsam unwirklich schien. Es vermochte nicht, den ganzen Korridor auszuleuchten und ließ die Ecken im tiefsten Dunkel.
    „Hallo?" rief er gedämpft.
    Seine Stimme klang fremd und gepreßt. Er erschrak vor ihr, als gehöre sie einem anderen. Nichts rührte sich. War es möglich, daß nur wenige Meter von ihm entfernt, vielleicht schon hinter dem Türrahmen des nächsten Raumes, ein Mensch den Atem anhielt und mit wildem Terror im Herzen dieser Stimme lauschte?
    „Hallo!" wiederholte Ray, diesmal etwas lauter und natürlicher.
    Wieder blieb alles ruhig.
    Plötzlich verspürte er den Wunsch, aus dem Haus zu stürmen. Er kaute nervös auf der Unterlippe und merkte, daß seine Hände trotz der Kälte schweißnaß waren.
    „Hallo!"
    Keine Antwort.
    Jetzt laufe ich davon, dachte er. Ich gehe einfach auf die Treppe zu und steige nach unten, Stufe für Stufe, ganz vorsichtig . . .
    Aber dann fiel ihm ein, daß der Weg zur Treppe an der schwarzen, gähnenden Türöffnung vorbei führte. Welches unheimliche, fremde Augenpaar würde ihn dabei beobachten . . . und wie würde der Besitzer dieser Augen reagieren?
    Ray verfluchte die Tatsache, daß er keine Taschenlampe bei sich trug. Einen Moment überlegte er, ob es ratsam sei, ins Zimmer zurückzukehren und aus dem Fenster zu springen. Aber dann fiel ihm die Höhe des ersten Stockwerkes ein und er verwarf diesen Gedanken.
    Trotzdem ging er nochmals zurück ins Zimmer und trat ans Fenster, um die Möglichkeit eines Sprunges in die Tiefe in Erwägung zu ziehen. In diesem Moment kam ein Mann die Straße herab, ein hoher, schwarzgekleideter Mensch, der den Kragen seines Mantels hoch- gestellt

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