Schillerhoehe
T E L L S A P F E L
Ein brisanter Fall für den Stuttgarter Kriminalkommissar Peter Struve. Der gebürtige Westfale – ein feinfühliger Einzelgänger, der sich mit Humor durch die MidlifeCrisis schleppt – wird mit einem Mord im Keller des Deutschen Literaturarchivs in Marbach konfrontiert.
Das Opfer ist Dietmar Scharf, Ehemann der ehemaligen DDRErfolgs autorin Erika Scharf, die am Abend zuvor im Marbacher Schlosskeller ge lesen hatte. Struve steht vor einem Rätsel: Warum wurde Scharf mit Pfeilen aus einer ArmbrustSchussanlage getötet? Was soll der Apfel neben der Leiche? Und welche Rolle spielt diese offensichtliche Anspielung auf den Tyrannenmord in Schillers »Wilhelm Tell«?
Oliver von Schaewen ist 1965 in der Nähe von Siegen/ Westfalen geboren. Er studierte in Münster Theologie und ist seit 1995 als Redakteur tätig, zunächst bis 1997 bei der „Schwäbischen Zeitung", danach bei der »Mar bacher Zeitung«. »Schillerhöhe« ist sein erster Kriminal roman.
O L I V E R V O N S C H A E W E N
Schillerhöhe Kriminalroman
Original
Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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1. Auflage 2009
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung / Korrektorat: Susanne Tachlinski / Katja Ernst
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Bildes von Werner Kuhnle
Druck: Fuldaer Verlagsanstalt, Fulda
Printed in Germany
ISBN 9783899778021
Für Martina
1
Peter Struve nippte an seinem Lemberger. Der Kom missar trank gerne ein Glas Wein in dem Biergarten am Marbacher Bootshaus, wenn der Tag sich neigte. Gedan kenverloren blickte er auf die Wellen des Neckars, die in der Abendsonne des Spätaugusts glitzerten. In der Ferne sah er ein Schiff auf die Schleuse zufahren. Es lag tief im Wasser, hatte Schotter geladen. Struve über legte, ob er mit dem Kapitän tauschen wollte. Er reiste gerne mit leichtem Gepäck – was man dem schmalen Endvierziger mit dem Kurzhaarschnitt und den grau melierten Schläfen schon äußerlich ansah, denn er trug meistens Wanderhalbschuhe, in die Jahre gekommene Jeans und bügelfreie karierte Flanellhemden. Nein, wie ein Kapitän sah er nun wirklich nicht aus, und er fühlte sich auch nicht wie einer. Der Kommissar verwarf des halb auch schnell den Gedanken, auf die Kommando brücke des Frachters springen zu wollen. Die Arbeit dort wirkte nur auf den ersten Blick entspannt.
Urlaub hatte er nötig, dringend sogar. Sein Beruf ließ ihm kaum Zeit für eigene Interessen. Er spielte gerne die Schachpartien großer Meister nach oder las Biografien historischer Persönlichkeiten wie etwa Friedrich Schiller oder Winston Churchill – aber dazu war er schon seit Monaten nicht mehr gekommen. Auch seine mehrtägige Wandertour auf der Schwäbischen Alb, die er sich zu Beginn der Sommerferien vorgenommen hatte, musste er immer wieder kurzfristig absagen. In ihm schrie alles nach Erholung, nach den komplexen Mordfällen, die er in diesem Sommer im Stuttgarter Revier lösen musste. Struve hörte die Glocken der nahen Alexanderkirche und schaute auf seine Armbanduhr. Marie würde sicher lich bald eintreffen. Den Ort für das kleine Rendezvous hatte er mit Bedacht gewählt. In dem Biergarten hat ten sich ihre Wege vor genau zehn Jahren zum ersten Mal gekreuzt. Auch jetzt staunte er manchmal noch, wie wenige Augenblicke das Leben zweier Menschen kom plett ändern konnten. Heute lebten sie zusammen. In einer Doppelhaushälfte, manche mochten das für spießig halten. Er aber freute sich an dem Gedanken, dadurch Heizkosten zu sparen. Struve schaute auf das Fracht schiff, das direkt vor ihm vorüberfuhr. Die Sonne hatte ihren Lauf vollendet, sie ging als roter Feuerball hinter dem Kahn unter. Nachdenklich blickte er auf das Glü hen. Wenn er ehrlich war, hatte er in jungen Jahren nie an die romantische Liebe geglaubt. Zwei Menschen lie ßen sich aufeinander ein, um ihre Bedürfnisse zu erfül len, aber Liebe auf den ersten Blick? Struve schüttelte den Kopf und blickte dem Kahn nach, der eine kräftige Rußwolke in die Dämmerung hinausblies. Auch heute noch hielt er sich für viel zu realistisch, um den Don Juan zu
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