Schleier und Schwert
ihr Verhalten erzähle. Du überhäufst mich mit Anschuldigungen. Vielleicht hättest du ja gern die Gelegenheit, sie vor der Schande zu retten und sie zu heiraten, auch wenn du sagst, es sei nicht dein Kind?
Es hatte nur einer kleinen Unaufmerksamkeit bedurft, das Übersehen eines Hinweises und schon geriet er in Treibsand. Obwohl Rurik den Grund für Thorfinns Manipulationen erkannte, war er geradewegs in die Falle getappt. Hier ging es darum, ihn ebenso zu vernichten, wie Margriet und ihr Vater vernichtet werden sollten.
Obwohl er das jetzt wusste, konnte er nicht die Antwort geben, die er gern gegeben hätte. In diesem Augenblick war ihm klar, dass er wählen musste zwischen der Frau, die er liebte und all dem, was er sich je in seinem Leben ersehnt hatte. Das Angebot seines Vaters, ihm einen Namen und eine Familie zu geben und ihm alles zurückzuerstatten, was er Jahre zuvor verloren hatte, wog schwer im Vergleich zu Margriets Liebe.
Es war der schlimmste Moment seines Lebens, und er schien überhaupt nicht aufhören zu wollen. In seinem Herzen wusste er, dass er Margriet beschützen musste. Rurik hätte schwören können, dass er nur einen kurzen Augenblick lang geschwiegen hatte. Aber als Margriet ihn traurig anblickte, wusste er, dass sein Schweigen zu lange gedauert hatte.
Margriet, sagte er schließlich, als sie sich von ihm abwandte. Warte.
Sie verzog schmerzlich das Gesicht, und ihm war, als würde er in einen Spiegel sehen. Er wusste, dass sie sich verraten fühlte. Ich verstehe Euch, Rurik. Das tue ich wirklich, sagte sie, und ihre Stimme klang elend.
Das alles hier war unangenehm genug, Vater. Könnten wir die Vereinbarungen für die Heirat morgen früh treffen?, fragte Thorfinn. Jetzt, wo er gewonnen hatte, lag eine nicht wiederzuerkennende Aufrichtigkeit in seiner Stimme. Als Erengisl nickte, wandte er sich an ihre Steifmutter. Lady Agnes, würdet Ihr Euch um meine Verlobte kümmern?
Rurik sah zu, wie die Countess und der Arzt Margriet aus dem Raum führten. Er schauderte. Eine Vorahnung sagte ihm, dass das Schlimmste wohl noch kommen würde.
Gunnar, ich übernehme keine Verantwortung für einen Bastard, wenn ich noch nicht einmal weiß, ob er überhaupt von mir ist. Also wird keine Hochzeit stattfinden, bevor Margriet ihn nicht auf die Welt gebracht hat. Was Ihr mit ihm anfangt, wenn er denn überhaupt überlebt, ist Eure Sache und nicht meine.
Da drehte Rurik sich um und ging fort, ohne zurückzublicken.
Der Nebel, der noch vor der Dämmerung aufstieg und sich als eine undurchdringliche Hülle über die Burg legte, spiegelte nur die Stimmung vieler ihrer Bewohner wider. Besonders Ruriks. Die ganze Nacht über war er auf der Wehranlage hin und her gegangen. Jedem, den es interessierte, hätte er den genauen Zeitpunkt nennen können, an dem der Nebel aufstieg und sich über die Mauern legte.
Als der Morgen kam, was wegen des Nebels schwer festzustellen war, ging Rurik zu Gunnar. Er wollte versuchen, ihn dazu zu bringen, Thorfinns Erklärungen oder auch seinen Heiratsantrag nicht zu akzeptieren. Er fand leere Räume vor und einen Diener, der ihm mitteilte, dass alle schon im Morgengrauen zu Gunnars Besitz in Orphir aufgebrochen waren.
Er ging zu seinem Vater und versuchte, vernünftig mit ihm über alles zu reden und ihm seinen Verdacht mitzuteilen. Vergeblich. Ohne Beweise hatte er keine Möglichkeit, auf die Beschuldigungen zu antworten. Die Geschichte besaß einen wahren Kern Margriet hatte Thorfinn ihre Unschuld geschenkt und trug nun sein Kind unter dem Herzen. Rurik wusste, dass es irgendwo einen Beweis für Thorfinns Tücke geben musste. Er kam nur nicht dahinter, wo.
Unglücklicherweise besaß er in dieser Angelegenheit kein Mitspracherecht. Also würde jeder Versuch, die Verlobung zu verhindern, fehlschlagen. In den Augen der Kirche war es nicht erlaubt, die Frau zu lieben, die seinem Bruder zur Ehe versprochen war. Und Rurik hatte vor allen Anwesenden zugegeben, dass das Kind unmöglich von ihm sein konnte. Außerdem war da auch noch seine eigene Verlobung zu bedenken, deren Verträge in wenigen Tagen ausgehandelt sein würden. Bald würden die Schlösser aller Ketten zuschnappen. Dann war es mit seiner Freiheit vorbei.
Da das schlechte Wetter zu seiner Stimmung passte, sammelte er zwölf Wächter um sich und kämpfte einen nach dem anderen nieder, bis sich keiner mehr rühren konnte. Ein ordentlicher Kampf ließ ihn meist besser denken. Und so
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