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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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verloren, bis mir eines Tages auf der Promenade in Simla ein »Sais« die folgenden wunderlichen Zeilen übergab:
    Verehrter alter Freund,
    händigen Sie bitte dem Überbringer eine Kiste Zigarren – am liebsten Super Nr. 1 – aus. Die frischesten erhalten Sie im Klub. Meine Schuldenzahle ich, sobald ich wieder da bin. Augenblicklich stehe ich außerhalb der »Welt«.
    Ihr
E. Strickland.

    Ich ließ zwei Kisten kommen und übergab sie mit den besten Grüßen dem Sais. Und der Sais war Strickland selbst gewesen. Er hatte beim alten Youghal Dienst genommen und besorgte Miß Yougals Araber. Der Ärmste sehnte sich nach englischem Tabak und wußte auf jeden Fall, daß ich schweigen würde, bis alles erledigt wäre.
    Mit der Zeit fing Mrs. Youghal, die in ihrer Bedienung aufging, an, überall wo sie verkehrte, von ihrem Muster-Sais zusprechen, dem es nie zu viel war, frühmorgens aufzustehen, um Blumen für den Frühstückstisch zu pflücken, der die Pferdehufe wichste, – wirklich wichste, – ganz wie ein Kutscher in London. Miß Youghals Araber sah entzückend aus; er war das reine Wunder. Strickland, – Dulloo meine ich, – entlohnte das reizende Lob, das ihm Miß Youghal beim Ausreiten spendete. Ihre Eltern freuten sich, daß sie ihre törichte Neigung für den jungen Strickland so ganz vergessen hatte, und nannten sie ein gutes, liebes Kind.
    Strickland beteuert, daß diese zwei Monate Dienst für ihn die härteste geistige Schulung bedeutet haben, die er je durchgemacht. Daß die Frau eines anderen Sais sich in ihn verliebte und ihn mit Arsenik vergiften wollte, weil er nichts von ihr wissen wollte, ist noch nebensächlich. Aber er mußte sich auch zur Ruhe zwingen, wenn Miß Youghal mit einem anderen ausritt, der mit ihr flirtete, und mußte hinter ihnen herlaufen, ihnen die Decke nachtragen und jedes Wort mit anhören. Auch mußte er guter Laune bleiben, wenn ihn ein Polizist auf der Benmore-Terrasse schalt, besonders einmal, als ihn ein junger »Naik«, den er selber aus demDorfe Isser Jang ausgehoben hatte, anschrie, oder wenn ihn gar ein junger Unterbeamter »Sau« nannte, weil er ihm nicht rasch genug aus dem Wege ging.
    Aber das Leben bot ihm auch Entschädigungen. Er gewann einen tiefen Einblick in die Schliche und Spitzbübereien der »Sais«; Einblicke, tief genug, wie er sagte, um die halbe »Chamar«-Bevölkerung Ostindiens ins Gefängnis bringen zu können, wenn er im Dienst gewesen wäre. Er wurde Meister im Knöchelspiel, das alle Sänftenträger und Pferdeknechte spielen, wenn sie vor dem Regierungsgebäude oder nachts vorm Gaiety-Theater warten müssen. Er lernte Tabak rauchen, der dreiviertel aus Kuhdünger bestand, und studierte die Weisheiten des Graukopfes, der die Sais vor dem Regierungsgebäude beaufsichtigte. Und dessen Worte waren wertvoll. Er sah manches, was ihm Spaß machte; und er gibt sein Ehrenwort darauf, daß niemand Simla wirklich würdigen kann, der es nicht vom Standpunkt eines Sais aus gesehen hat. Und er meint auch, daß sein Schädel, wenn er alles Geschaute veröffentlichen würde, nicht nur an einer Stelle eingeschlagen werden würde.
    Stricklands Schilderung seiner Qualen, wenn er in feuchten Nächten vor der »Benmore-Terrasse« trotz Pferdedecke das Licht sah und die Musik hörte, während der Walzer ihm in den Beinen juckte, ist wirklich nicht langweilig.
    Strickland wird demnächst ein Buch über seine kleinen Erlebnisse schreiben. Das Buch wird wert sein, gekauft, oder gar noch mehr: beschlagnahmt zu werden.
    So diente er treu wie Jakob um Rahel. Sein Urlaub war fast zu Ende, als die Explosion erfolgte. Er hatte sich wirklich mit bestem Willen bei allen Courschneidereien beherrscht, aber schließlich ging es über seine Kraft. Ein hervorragender, alter General ritt mit Miß Youghal aus und begann jenen so verletzenden Backfischflirt, den Frauen schwerabweisen können, und der den Zuhörer rasend macht. Miß Youghal zitterte vor Furcht, weil ihr Sais das alles hörte. Strickland-Dulloo ertrug es, solange er es aushielt. Aber dann ergriff er die Zügel des Generals und forderte ihn in fließendem Englisch auf, abzusitzen, um sich über die Felswand hinabwerfen zu lassen. Einen Augenblick später weinte Miß Youghal, und Strickland sah ein, daß er sich endgültig verraten habe – daß alles aus sei.
    Den General rührte fast der Schlag, als Miß Youghal ihm die Geschichte der Vermummung und der von ihren Eltern mißbilligten Verlobung vorschluchzte. Strickland war

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