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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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»nicht recht und nicht schicklich« für Lispethsei, an eine Heirat mit einem Engländer zu denken, der aus feinerem Ton geknetet sei, und der sich überdies einem Mädchen seines Volkes versprochen habe. Lispeth erklärte, das wäre ja unmöglich, denn er hätte ihr doch gesagt, daß er sie liebe, und sie – die Frau des Geistlichen – hätte doch auch mit eigenem Mund bestätigt, daß er wiederkäme.
    »Wie kann denn das nicht wahr sein, was Sie und er gesagt haben?« fragte Lispeth.
    »Es war nur eine Ausflucht, um dich ruhig zu machen, Kind,« sagte die Frau des Geistlichen.
    »Dann haben Sie mich also belogen,« sagte Lispeth, »Sie und er?«
    Die Frau des Geistlichen senkte den Kopf und erwiderte nichts. Auch Lispeth schwieg ein Weilchen; dann ging sie ins Tal hinab und kam in der Tracht des Berglandes zurück, schandbar schmutzig, aber ohne Nasen- und Ohrringe. Sie hatte ihr Haar mit schwarzem Zwirn in einen langen Zopf geflochten, wie ihn die Weiber in den Bergen tragen.
    »Ich will zu meinem Volk zurück,« sagte sie. »Lispeth habt ihr getötet. Nur der alten Jadeh Tochter ist übrig geblieben, die Tochter eines Pahari, die Dienerin der Tarka Devi. Ihr Engländer seid Lügner, alle miteinander.«
    Ehe sich die Frau des Geistlichen von dem Schreck über Lispeths Umkehr zu den Göttern ihrer Mutter erholt hatte, war das Mädchen auf und davon; und sie kam nie wieder.
    Sie schloß sich mit solcher Leidenschaft ihrem unsauberen Volk an, als wolle sie einholen, was das Leben, von dem sie schied, ihr schuldig geblieben war; nach kurzer Zeit heiratete sie einen Holzhauer, der sie nach Pahari-Weise schlug, und ihre Schönheit welkte bald.
    »Es gibt keinen Maßstab für die Tollheiten der Heiden,« sagte die Frau des Geistlichen, »und ich glaube, daß Lispeth im Grunde ihrer Seele immer eine Ungläubige gewesen ist.«Wenn man bedenkt, daß Lispeth in dem reifen Alter von fünf Wochen in die Kirche aufgenommen war, macht dieser Ausspruch der Frau des Geistlichen keine Ehre.
    Lispeth war eine sehr alte Frau, als sie starb. Des Englischen war sie stets mächtig, und wenn sie betrunken genug war, konnte man sie bisweilen dazu bewegen, die Geschichte ihrer ersten Liebe zu erzählen.
    Dann war es schwer zu begreifen, daß das runzelige Wesen mit dem verschwommenen Blick, das einem rußigen Lumpenbündel so ähnlich sah, einstmals die »Lispeth aus dem Kotgarher Missionshaus« gewesen war.

Drei Walzer – – und eine Extratour
    In der Ehe tritt immer eine Reaktion ein, manchmal eine starke, manchmal eine schwache, aber früher oder später kommt sie. Sie muß von ihr und von ihm überwunden werden, wenn sie beide ihr ferneres Leben lang nicht gegen den Strom schwimmen wollen.
    Bei den Cusack-Bremmils trat die Reaktion erst im dritten Ehejahre ein. Selbst in der besten Zeit war Bremmil schwer zu fesseln gewesen. Aber, bis das Baby starb, war er doch ein idealer Gatte. Mrs. Bremmil ging in Schwarz, magerte ab und trauerte, als wenn dem Weltall der Boden ausgefallen wäre. Bremmil hätte sie vielleicht trösten sollen. Er versuchte es wohl auch; allein je mehr er tröstete, um so mehr grämte sich Mrs. Bremmil, und um so ungemütlicher fühlte sich folglich Bremmil. Tatsache war es, daß sie beide einer Arznei bedurften. Und das Heilmittel kam. Heute kann Mrs. Bremmil darüber lachen, aber damals erschien ihr die Sache gar nicht lächerlich.
    Mrs. Hauksbee erschien nämlich auf der Bildfläche; und wo die hinkam, blieben Unruhe und Aufregung meistens nicht aus. In Simla nannte man sie die »Sturmschwalbe«; allein meines Wissens nach hatte sie sich diesen Beinamen schon fünfmal verdient. Sie war eine kleine, brünette, schlanke, mehr als schlanke Frau mit großen, lebhaften veilchenblauen Augen und den reizendsten Manieren von der Welt. Man konnte ihren Namen bei keinem Nachmittagstee erwähnen, ohne daß nicht jede Frau im Zimmer aufstand und – – nun, nicht gerade Segen auf ihr Haupt herabflehte. Sie war klug, witzig, geistvoll und sprühender als die meisten Frauen, aber von allen Teufeln der Bosheit und des Mutwillensbesessen. Sie konnte nett sein, sogar zu ihrem eigenen Geschlecht. Aber das ist eine andere Geschichte.
    Bremmil ging seiner Wege nach dem Tode des Babys und nach der allgemeinen Ungemütlichkeit, die dem folgte. Und Mrs. Hauksbee nahm ihn in Beschlag. Sie legte keinen Wert darauf, ihre Eroberungen zu verheimlichen. Sie nahm ihn öffentlich in Beschlag und sah darauf, daß man es sah. Er ritt mit

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