Schloss der Liebe
Abschied von ihm.«
»Es ist vollbracht«, sagte Severin. Er beugte sich vor und schloss behutsam Fawkes starre Augen. Wie betäubt betrachtete Hastings den leblosen Körper. Ihr Vater war tot und sie eine verheiratete Frau. Was sollte sie ihm zum Abschied sagen? Danke, Vater, dass du mich mit einem Mann verheiratet hast, der vielleicht genauso gewalttätig ist, wie du es gewesen bist? Mit den Fingerspitzen berührte sie leicht die Wange des Toten, dann trat sie zurück.
Erst jetzt begann sich der Marder zu regen. Er streckte sich und streifte Severins Gesicht mit seinem dicken Schwanz. Dann erstarrte er plötzlich und stieß leise, kehlige Schreie aus.
»Der Marder wittert den Tod«, stellte Graelam fest. »Er hasst seinen Geruch.«
»Kümmert Euch um die Aufbahrung Eures Vaters«, sagte Severin zu ihr. »Und kommt dann in den Großen Saal, damit wir zu Abend essen können. Trist scheint noch etwas mehr Schweinebraten zu wollen. Es sieht ganz so aus, als schätze er die Künste Eures Kochs.«
»Mylord«, war Vater Carreg ein, »ich habe jedermann davon in Kenntnis gesetzt, dass Ihr von nun an den Namen Severin von Langthorne-Trent, Baron Louges und Graf von Oxborough tragt.«
»Der Name tut nichts weiter zur Sache. Von jetzt an bin ich hier Herr. Das wird genügen.« Er wandte sich um und verließ das Schlafzimmer. Das jämmerliche Geschrei des Marders hörte erst auf, als er die Türschwelle überschritten hatte.
»Ich setze großes Vertrauen in ihn«, sagte Graelam und nahm Hastings in die Arme. »Er ist ein guter Mensch.«
»Mein Vater ist tot.«
»Ja, aber er hatte ein gutes Leben, Hastings, ein langes und erfülltes Leben. Er war mir ein guter Freund. Wir werden um ihn trauern.«
»Muss ich denn an demselben Abend, an dem mein Vater gestorben ist, das Bett mit diesem Mann teilen?«
»Nein. Ich werde mit Severin sprechen. Er wird dich heute Nacht in Ruhe lassen. Aber vergiss nicht, Hastings, er ist ein Mann, ein Krieger, und nun ist er der Lord von Oxborough. Sein Samen in deinem Schoß dient nicht nur deinem Schutz, sondern besiegelt auch euren Bund. Das ist die Art und Weise, auf die diese Dinge geregelt werden, das weißt du.«
»Der Marder gefällt mir.«
»O ja, Trist ist ein gerissener Bursche, schlauer als die meisten Menschen, die ich kenne. Er begleitet Severin überallhin. Severin hat mir erzählt, dass du Trist angefasst hast und dass er dich nicht gebissen hat. Bei mir hat es Monate gedauert, bevor er mich überhaupt in seiner Nähe duldete. Komm jetzt, deine Dienerinnen werden Fawke aufbahren. Du kommst mit mir in den Großen Saal. Das ist heute dein Hochzeitstag, und wir werden ihn gebührend feiern.«
»Wie alt ist Severin?«
Graelam legte den Kopf zur Seite und hielt ihre Händen zwischen seinen, um sie zu wärmen. »Er ist jung, höchstens fünfundzwanzig Lenze, nicht so ein alter Knabe wie ich es mit meinen einunddreißig bin.«
Sie blieb noch einen Moment stehen und sah zu ihrem Vater hinüber. Zwei Frauen hatten bereits damit begonnen, ihn zu waschen. »Leb wohl, Vater«, flüsterte sie. Zu Graelam gewandt sagte sie: »Als ich noch ganz klein war, erzählte mir meine Mutter, wie sehr mein Vater sich freute, als ich auf die Welt kam, weil ich das erstgeborene Mädchen war und der Name Hastings deshalb weitergegeben werden konnte. Aber dann kamen keine Söhne mehr und ich glaube, dass er mich irgendwann dafür gehasst hat.«
»Komm jetzt«, sagte Graelam, der nicht wusste, was er darauf antworten sollte, und zog sie mit sich.
Kapitel Drei
Obwohl der Marder sie den ganzen langen Abend über immer wieder neugierig beäugte, machte er keinen Versuch, sich ihr zu nähern. Er wich nicht von Severins Seite und wagte sich nicht mehr als eine Pfotenlänge fort von seiner rechten Hand.
Hastings, der nicht entgangen war, mit welcher Behutsamkeit die übrigen Burgbewohner das Wort an sie richteten, nippte an ihrem Wein und starrte auf die Erbsen auf ihrem Teller, als Severin sich plötzlich zu ihr beugte. »Graelam sagt, Ihr wünscht, dass ich Euch diese Nacht noch schonen möge.« Es waren die erste Worte, die er mit ihr sprach, seit Vater Carreg die Trauung vollzogen und Severin das Zimmer ihres Vaters verlassen hatte.
Ihre Finger schlossen sich fester um den Trinkkelch. Er war aus Zinn und von dem gleichen kalten Grau wie das breite Band, das er an seinem linken Arm trug. Sie fragte sich, was es wohl damit auf sich hatte.
Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dieser Mann,
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