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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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weg. Und als der Mörder das Weite sucht, sehen die beiden bloß
einen Schatten. Im Grunde sollte ich sie ihrem Schicksal überlassen und einfach
gehen.
    Aber das tat ich nicht.
    Denn so, wie irgendwo tief drinnen in Tischfußball-Kurt die Angst hockte,
lauerte in mir das schlechte Gewissen. Es drückte und zwickte, drängte mächtig nach
oben, und so sehr ich auch Gegendruck ausübte, bekam ich es nicht fort. Kurt hatte
mir in den letzten Monaten tatsächlich mit dem Schlossblick in den Ohren gelegen.
Fred fühle sich bedroht, sagte er. Es hatte Schmierereien gegeben und einen Zettel
mit wüsten Beschimpfungen. Eines Nachts hatten irgendwelche Typen am Imbiss randaliert.
Na und, hatte ich entgegnet, so was kommt vor. Hasenleiser halt. Was hätte ich tun
sollen? Wache vor dem Schlossblick schieben? Personenschützer spielen? Darauf hatte
auch Kurt keine Antwort gewusst, und so war es beim Nichtstun geblieben.
    Vor sechs Wochen aber hatte ein Unbekannter in der Nacht Freds Leuchtschrift
kaputt geschossen. Mitten rein in die grellgelben Buchstaben, dass es rauchte. Das
hätte natürlich Anlass für mich sein können, mich um den Imbiss zu kümmern. Wenn
ich nicht gerade bis zum Hals in Arbeit gesteckt hätte. Für das Schachturnier im
Englischen Jäger musste ich unbedingt die Marshall-Eröffnung auswendig lernen, die
mit dem cleveren Bauernopfer, außerdem standen die letzten Korrekturen meines neuen
Buches an. Nicht zu vergessen die Ermittlungen für diesen Promianwalt, der seine
Ehefrau der Untreue verdächtigte. Ich gab sie ihm, die untreue Ehefrau, aber nicht
sofort, denn es war mein lukrativster Auftrag seit Jahren, dessen Abschluss es so
lange wie möglich hinauszuzögern galt. Also blieb mir gar nichts anderes übrig,
als Tischfußball-Kurt abzuwimmeln. Okay, das mit der Leuchtschrift war natürlich
ärgerlich, aber ein Muster konnte ich hinter all diesen Attacken gegen seinen Kumpel
Fred nicht entdecken. Bestimmt hatten die Schüsse und die Schmierereien und der
Zettel nichts miteinander zu tun. Genau so sagte ich es Kurt, woraufhin der kein
Wort mehr mit mir sprach. Bis heute. Meinen Rat, Anzeige zu erstatten, ignorierte
er natürlich.
    »Ich nehme doch ein Bier«, seufzte ich. Fred nickte.
    Ja, das schlechte Gewissen. Um kurz nach elf hatte mich Kurt angerufen.
Angebrüllt trifft die Sache eher. Dass mein Handy das ausgehalten hatte! Kurt pflegt
schon in Normalform jeden zweiten Satz zu schreien, wenn er nicht gerade krank oder
verliebt ist. Aber das hier war eine komplett andere Stufe von Erregungszustand.
Christine kam durch die halbe Wohnung geeilt, um zu sehen, welches Gerät da am Bersten
war. Über die Entfernung von drei Kilometern warf mir Kurt Beleidigungen an den
Kopf, dass es nur so schepperte. Von einer Leiche sagte, nein, brüllte er kein Wort.
Ich verstand nur Schlossblick und Fred und Kackeamdampfen, was mich stante pede
und glühenden Ohres in den Heidelberger Süden radeln ließ.
    Ich wäre sogar bei Glatteis gefahren.
    »Und jetzt?«, wollte Fred wissen. Seine dicke Unterlippe glänzte feucht.
    »Jetzt rufen wir die Polizei.«
    »Warum?«
    »Warum?« Das Echo kam von Tischfußball-Kurt, der mit regennassem Schädel
hinter mir stand.
    Wortlos nahm ich einen Schluck Bier. Beim Absetzen der Dose verschüttete
ich ein paar Tropfen, denn Kurt hatte mich bei den Schultern gepackt und zu sich
gedreht.
    »Verdammt, Max, so kannst du dich nicht aus der Dings, aus der Verantwortung
stehlen«, fauchte er. »Du hast Fred hängen lassen, obwohl du wusstest, dass es hier
Probleme gibt. Wie oft habe ich dir damit in den Ohren gelegen?«
    »Oft. Außerdem habe ich wegen dir gerade Bier verschüttet.«
    »Jetzt wird nicht schon wieder gekniffen, hörst du, Max? Du bist uns
etwas schuldig!« Meine Schultern schmerzten unter seinem Griff. Aber was in seinen
Augen aufleuchtete, war eher Panik als Wut. »Also kümmere dich gefälligst um diese
Sache hier und finde heraus, wer Schallmo erschossen hat!«
    »Diese Sache?«
    »Ja, verdammt!«
    Ich machte mich los. »Mann, Kurti, komm endlich
runter von deinem Trip! Ihr glaubt doch wohl nicht, dass ihr die Polizei außen vor
lassen könnt? Hier geht es nicht um eine Rauferei unter Halbwüchsigen, sondern um
Mord. Ich werde jetzt Kommissar Fischer anrufen und ihm erklären – nein, ich werde
versuchen, ihm zu erklären, warum ihr Schallmo ins Gebüsch geschleift habt. Ob er
euch glaubt, weiß ich nicht. Das ist das Einzige, was ich für euch tun kann.«
    »Das

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