Schluss mit der Umerziehung!
gehe davon aus, dass die frühzeitige Einbeziehung der Menschen die Entscheidungen letztlich beschleunigt und die Beteiligten gleichzeitig klüger macht.
Zwischen meinem Ansatz in der Geschlechterfrage und der heutigen Politik gibt es eine unsichtbare Klammer: die sogenannte ökolibertäre Position bei den Grünen. Diese wurde vor über 25 Jahren in einem sehr kleinen Diskussionszirkel entwickelt, dem neben anderen auch Winfried Kretschmann, Wolf-Dieter Hasenclever, die heutige Europaabgeordnete Helga Trüpel, der spätere Chefredakteur der Welt , Thomas Schmid, mein früherer Lebenspartner Joachim Bergmann und ich selbst angehörten. Dieser Zirkel formulierte als erste Gruppierung innerhalb der Grünen, dass die Ãkologisierung der Wirtschaft nicht primär mit Verboten durchsetzbar sein würde, sondern eines klaren Ordnungsrahmens und kluger marktwirtschaftlicher Anreize bedürfe. Es war eine Position, die damals absolut nicht mehrheitsfähig war. Winfried Kretschmann hat sie innerhalb der Partei konsequent weiterverfolgt und letztlich zu seinem Markenzeichen gemacht.
Hier trifft sich die Frage erfolgreicher nachhaltiger Wirtschaftspolitik, die den Ehrgeiz der Tüftler, Ingenieure und Unternehmer herausfordert, mit meinem Ansatz in der Geschlechterpolitik. Auch ich bin überzeugt, dass Wirtschaft und Verwaltung letztlich selbst erkennen werden, wie stark sie von einer echten Beteiligung von Frauen in den Top-Entscheidungsgremien langfristig profitieren werden. Der Anfang mag gesetzliche Hilfestellungen benötigen, ähnlich wie die Schulpflicht in PreuÃen gegen den Widerstand der Unternehmer und GroÃgrundbesitzer durchgesetzt werden musste, während heute alle Firmen wissen, wie entscheidend gut gebildete Arbeitskräfte für sie sind.
Auch wenn ich diesem Buch gern noch mehr Zeit gewidmet hätte, um hier und da zu glätten, Recherchen noch zu vertiefen, einige Zusammenhänge noch deutlicher zu machen â so glaube ich doch, dass seine Kernaussagen deutlich werden. Vieles wird hier nur gestreift und zusammengetragen, die Fachleute einzelner Disziplinen werden manches davon kritisch kommentieren. Aber ich habe keinen fachwissenschaftlichen Beitrag geschrieben, sondern wollte zur Debatte um Integration, um Einbeziehung â hier am Beispiel von Jungen in der Schule, von Frauen in berufliche Spitzenpositionen â beitragen. Im modernen Personalmanagement spricht man von »Diversity«-Strategien. Zwar hat die Debatte um Integration von Migrantinnen und Migranten mit diesem Thema manches gemeinsam, ist aber nicht deckungsgleich mit ihm. Der Geschlechterunterschied ist weiterhin eine grundlegende Unterscheidungslinie in allen Kulturen â und kommt in fast allen Konzepten und Strategien zur Integration, Diversity und Inklusion nicht vor oder sie zielen auf Umerziehung: Frauen sollen, um Karriere zu machen, ihr Verhaltens- und Darstellungsrepertoire männlich »aufrüsten«, Jungen in der Schule sollen »abrüsten«.
Eine pädagogische Zielsetzung auf eine völlige Angleichung der Geschlechter, mag sie den einen wünschenswert, den anderen erschreckend scheinen, ist jedoch weder in Sicht, noch ist sie wünschenswert, noch wird sie von Erfolg gekrönt sein. Nirgendwo. Nutzen wir doch also eher kreativ die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, Männern und Frauen und spielen wir mit den Ãberschneidungen und Grenzverwischungen, die es bereits gibt. Und erschlieÃen uns ihre unterschiedlichen inneren Antriebe und Motivationen als bisher ungenutzte Energiequellen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Parallele des Themas der Geschlechter zur Energiewende gibt mir Hoffnung. Manchmal gehen Veränderungen, die sich lange angekündigt haben, viel schneller als erwartet. So verkündet in diesen Tagen Japan seinen Ausstieg aus der Atomenergie â ein Land, das so fest auf Atomenergie gegründet war, dass trotz der Katastrophe von Fukushima eine rasche Umorientierung unvorstellbar schien. Das Land würde sicher auch groÃen Nutzen daraus ziehen, seine Frauen endlich stärker in die Führungsetagen einzubinden, sie sind dort ähnlich ausgeschlossen wie in Deutschland, nicht zuletzt, weil Japan einst die bismarcksche Sozialgesetzgebung mit dem männlichen Einverdiener als Modell für seine Entwicklung übernommen hatte. Alles hängt eben mit allem zusammen in unserer globalen Welt.
Ich
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