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Schnapsdrosseln

Schnapsdrosseln

Titel: Schnapsdrosseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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passte zu seiner Erscheinung. »Was interessiert Sie die Chorprobe?«
    Margot sah ihn an. Hochgewachsen, breite Schultern, dazu ein grau melierter Lockenkopf. Kein Wunder, dass die einst schöne Ingeborg ihn Jupp Nettekoven vorgezogen hatte.
    »Ich bin verabredet. Mit Herrn Nettekoven. Der hat mir übrigens auch verraten, wie großartig Ihr Grillteller ist.«
    »Nettekoven, ja?« Die zweite Augenbraue hob sich. »Der! Macht Ingeborg schöne Augen. Seit dreißig Jahren!« Er gab ein leises Grunzen von sich, ob missbilligend oder amüsiert, vermochte Margot nicht zu sagen. »Aber ein guter Kunde. Der ganze Chor ist ein guter Kunde. Kommen immer nach der Probe, weil dienstags ist Ruhetag bei Schlössers, immer schon. Jetzt ist ganz zu bei Schlössers. Schwierige Zeiten.«
    Papadakis sah auf seine große goldene Armbanduhr. »Zwischen neun und halb zehn machen sie Schluss. Müssten jeden Moment hier sein.« Er nickte hochzufrieden, als just in diesem Moment die Glocke an der Tür ertönte. Statt der angekündigten Sänger betrat allerdings eine etwas desolat wirkende Britta den Raum, begleitet von Louis, der ungeduldig an seiner Leine zappelte. Zum zweiten Mal an diesem Tag verlor er angesichts der verführerischen Düfte fast die Beherrschung und baute sich vor der Theke auf, um sie flehend anzuwinseln.
    »Entschuldigung«, keuchte Britta, ließ die Leine in hoffnungsloser Geste fahren und setzte sich zu Margot. »Ich war noch bei Agathe, das hat alles etwas länger gedauert …«
    »Bist du betrunken?« Margot schnüffelte. »Du hast eine Fahne!«
    »Ein Bier«, sagte Britta. »Man darf doch wohl ein Bier trinken.«
    »Kommt sofort«, missverstand Herr Papadakis geschäftstüchtig.
    Margot lächelte. »Machen Sie zwei, bitte«, sagte sie. »Und eine Portion Zaziki. Eine doppelte!«
    »Er ist das?« Papadakis musterte Louis. »Der Zaziki-Hund, von dem Ingeborg erzählt hat?«
    Britta nickte. »Ja. Aber nein. Er soll kein Zaziki essen. Er soll sein Futter essen. Wir machen das falsch, Margot, wir müssen da ganz anders vorgehen, sonst …«
    »Kein Zaziki also?«, unterbrach Papadakis. »Aber ich würde das gern sehen. Ich hab noch nie einen Hund Zaziki essen sehen.«
    »Doch Zaziki«, beschied Margot. »Wir können ab morgen streng sein. Und überhaupt – warum bist du betrunken?«
    »Ich bin nicht betrunken«, wiederholte Britta, als Papadakis das Bier vor ihr abstellte. »Eins«, sagte sie und prostete Margot zu. »Nur eins!«
    »Natürlich«, sagte Margot. »Aber allerhöchstens.« Ihr Blick ging an Britta vorbei zur Tür, deren Glocke gerade erneut ertönte. »Na sieh einer an …«, sagte sie. »Das kann ja ein lustiger Abend werden!«
    Stefanie hatte ein paar Eier mit Schinken gebraten, dazu gab es Brot und Käse. Norbert schien völlig ausgehungert, schnell und gierig schaufelte er das Essen in sich hinein. Dabei klebte sein Blick am Teller, seine Bewegungen wirkten fahrig. Stefanie selbst bekam kaum einen Bissen hinunter. Das alles war zu kompliziert, es schlug ihr auf den Magen.
    Sie wartete, bis er fertig gegessen hatte. »Du musst zur Polizei gehen«, sagte sie dann.
    »Ich kann nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann nicht«, wiederholte er. »Ich schaff das nicht, ich bin … Bernd ist tot. Ich pack das nicht, ich pack es einfach nicht!« Endlich hob er den Blick. »Nur eine Nacht.« Es klang flehend auf eine Weise, die Stefanie wütend machte. »Zwei vielleicht. Nur bis ich mich wieder im Griff habe. Bitte!«
    Nein!, wollte Stefanie schreien. Geh nach Hause. Geh zu deiner Frau, geh zur Polizei. Nimm deine Probleme und geh. Aber sie konnte nicht. Sie konnte ihn nicht wegschicken. Auch wenn er sie in Teufels Küche brachte. Sie hingen zusammen in dieser Geschichte, ob ihr das gefiel oder nicht.
    »Was ist passiert? Norbert, erzähl mir, was passiert ist.«
    Statt zu antworten, erhob er sich abrupt. Er griff nach den schmutzigen Tellern.
    »Lass das«, sagte sie. »Norbert, setz dich hin!« Ihr Ton war gereizt. Sie versuchte, sich zusammenzunehmen. »Bitte rede mit mir.«
    Die Teller fielen klirrend zu Boden. »Scheiße!«, brüllte er, schluchzte dann auf. Er ging in die Hocke, griff nach den Scherben, versuchte, sie mit zitternden Händen zusammenzusammeln. »Verdammt, es tut mir leid. Mir tut das alles so leid!«

ZEHN
    »Die schon wieder! Was machen die denn hier?«
    Die Frage war nicht unberechtigt. Eigentlich war es genau die Frage, die auch Wörner in diesem Moment umtrieb. Trotzdem störte sie ihn.

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