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Schnapsdrosseln

Schnapsdrosseln

Titel: Schnapsdrosseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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dass vielleicht alles zu spät ist.
    Aber es ist nicht zu spät. Ganz im Gegenteil. Die Hexe wird schwächer, hat jetzt Wunden, in denen man bohren kann, bohren muss. Sie wird begreifen, dass es nur einen Ausweg gibt. Verschwinden. Es gibt keine andere Lösung.
    Ein Wort von ihr kann alles zerstören.
    Sie wird es für sich behalten. Vorerst. Sie ist grundverdorben, aber man kann auch aus falschen Gründen das Richtige tun. Das Wissen ist keine verlässliche Größe. Denn alles kann sich ändern, jeden Moment, es kommt vielleicht der Tag, an dem sie begreift, welchen Nutzen sie daraus ziehen kann. Sie tut so, als sei ihr Geld egal, aber sie macht sich etwas vor, und darum ist sie eine Zeitbombe.
    Unberechenbar, wie so vieles im Moment.
    Auch sie kann Stolz nicht essen.
    Es fühlt sich gut an, einen Schritt weiterzugehen. Hier zu sein, sich dem Kern des Bösen zu nähern. Das, was ihr am Herzen liegt, zu zerstören. Es ist lächerlich einfach, hier einzudringen, denn sie fühlt sich sicher. Die Dummen fürchten sich nicht. Aber man kann sie das Fürchten lehren. Es dauert nicht mehr lange, bis sie weggeht. Weg ist. Weit weg. Für immer. So oder so.
    Kaum hatte Stefanie die Hoftür geöffnet, stürmten die Hunde kläffend hinein. Obwohl die Autofahrt höchstens zehn Minuten gedauert hatte, benahmen sie sich, als hätten sie Stunden in Bewegungslosigkeit verbracht. Karl lief auf die Scheune zu, legte den Kopf in den Nacken und kläffte in Richtung Heuboden.
    »Aus!«, rief Stefanie. »Herrgott!« Ihr Blick folgte dem des Hundes. »Ich muss was gegen die Ratten tun. Die Viecher machen Karl wahnsinnig.«
    Karl warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann schüttelte er sich kurz und verschwand, dicht gefolgt von Louis, in Richtung Garten.
    »Er war lange nicht mehr so ausgelassen«, sagte sie. »Louis tut ihm gut.« Ihr Blick wanderte über den Hof, eine Sekunde stand sie ganz still, als horche sie, sichere ihr Gelände. Dann entspannte sie sich. »Noch Zeit für ein Bier?« Sie grinste Britta an.
    Bevor Britta antworten konnte, drang von hinten aus dem Garten Gekläffe und Geknurre und ein Jaulen zu ihnen. Karl kam auf den Hof gerannt, etwas im Maul, das er nun hektisch schluckte. Louis folgte ihm, kläffte sichtlich verärgert.
    »Da siehst du es«, sagte Stefanie. »Wenn es ums Fressen geht, hört jede Freundschaft auf. Weiß der Geier, was er jetzt wieder gefunden hat.«
    Es klopfte ans Tor. Karls Kopf ruckte nach oben, aber bevor er loslegen konnte, hatte Stefanie ihn mit einem kurzen, scharfen Befehl in die Schranken gewiesen. Zu Brittas Überraschung hielt auch Louis die Schnauze.
    Stefanie öffnete, umarmte die Frau, die hereinkam. »Darf ich vorstellen«, sagte sie dann. »Das ist Britta, eine neue Kundin – meine Lieblingskundin derzeit. Und Louis, ihr ungezogener kleiner Terrorist.«
    Louis winselte, als wolle er gegen die Diffamierung protestieren. »Doris«, fuhr Stefanie fort und zog die Besucherin in Richtung Sitzecke, »Doris ist Tierärztin. Und zwar eine ganz wunderbare Tierärztin. Und das sage ich nicht nur, weil sie fast meine Nachbarin ist. Magst du was trinken? Ein Bier?«
    Doris sah auf die Uhr. »Ich hab nicht viel Zeit. Ich muss mir gleich noch ein paar Schafe angucken. Kamerunschafe, die Biester springen aus dem Stand locker fünf Meter hoch, da sollte ich einen klaren Kopf haben. Aber einen Tee würde ich trinken.«
    Stefanie nickte, sah Britta an. »Ich auch«, sagte die, dachte an Wörner und war auf einmal dankbar für die Alternative zum Alkohol. »Ein Tee wäre toll.«
    Maxis Hals war trocken. Es war so eng in diesem Vorgarten, in dieser Sackgasse. So anders als oben am Hang, wo Licht war und Luft und Raum. Stille, die sie normalerweise genoss, die aber an diesem Nachmittag unerträglich geworden war. Überall hallte die Scham. Dabei ging es nicht darum, dass andere Zeugen der erbärmlichen Szene geworden waren. Das war unangenehm, aber nicht wichtig. Es ging vielmehr um das, was sie im Spiegel sah. Um die Frau, die sie zu werden drohte.
    Darum war sie gekommen.
    Sie war ewig nicht mehr hier unten gewesen. Wenn sie sich getroffen hatten, dann meistens oben bei ihnen. Es war nicht oft vorgekommen. Maxi war nie gut mit Anna ausgekommen. Ihre Männer waren Freunde gewesen, Geschäftspartner. Darum hatte man ab und zu gegrillt, einen gemeinsamen Abend verbracht. Aber sie und Anna stammten aus unterschiedlichen Welten. Sie hatten sich einfach nicht viel zu sagen. Annas Kosmos schien Maxi

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