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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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neugierig aufs Bett, zogen sich aber nach ein paar versehentlichen Tritten und Knüffen diskret zurück. Carlo kannte Nellys Vorlieben genau, und sie seine. Als sie sich schließlich verschwitzt in die Kissen fallen ließen, waren sie mehr als befriedigt. Wieder erfüllte ein gemeinsamer Seufzer das Zimmer, ein freudiger, entspannter, erleichterter, gelöster Seufzer.
    »Was für eine lange Zeit, Menschenskinder. Zu lang«, sagte er, während sie sich an ihn kuschelte.
    »Na und? Jetzt sind wir doch wieder zusammen. Und das ist umso schöner«, nuschelte Nelly schläfrig.
    Behutsam deckte Carlo sie mit der bunten Steppdecke zu und drückte sie an sich. Sie fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

FÜNFTER TAG
Morgen
     
    »Mau«, murmelte Nelly halb im Schlaf, als der Geruch von geröstetem Brot sie in der Nase kitzelte. Es brauchte ein paar Minuten, ehe ihr die Ereignisse der letzten Tage wieder ins Bewusstsein kamen, und dass ihr Sohn nicht hier sein konnte.
    Dann der Abend, Carlo und seine Zärtlichkeiten, die Leidenschaft, die anschließende Gelöstheit nach all der angestauten Spannung, alles fiel ihr wieder ein. Sie stellte fest, dass sie ihr Pyjamaoberteil trug, obwohl sie es sich bestimmt nicht angezogen hatte. Sie lächelte, als Carlo mit einem Korbtablett hereinkam. Getoastetes Brot, Marmelade, Honig, Butter, Milch, starker Kaffee, wie sie ihn am liebsten mochte, und in einem Glas ein Sträußchen Jasmin. Sie reckte sich selig und vergrub das Gesicht in den Kissen.
    Er trug einen dunkelblauen Bademantel, den sie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte und der in ihrem Schrank stets für ihn bereit hing. Wenn Mau zu Hause war, blieb sie oft bei Carlo, der in Nervi wohnte, doch manchmal übernachtete er auch bei ihnen. Mau mochte Carlo. Doch die Zeit, in der sich ihr Sohn nach einem Vater gesehnt hatte, schien ein für alle Mal vorbei zu sein. Seiner Mutter gegenüber benahm er sich eher wie ein Beschützer und hatte den Neuankömmling zumindest in der ersten Zeit kritisch beäugt. Carlo hatte sämtliche Tests bestanden, und jetzt war Mau froh, dass seine Mutter nicht immer allein war, wie sie es, abgesehen von kurzen und nicht immer glücklichen Intermezzi, bis dahin gewesen war.
    »Wieso heiratest du ihn nicht, Mama? So jung bist du nun auch nicht mehr, und einen wie Carlo findest du nicht noch einmal, solltest du ihn mit deinem miesen Charakter in die Flucht schlagen«, witzelte Mau.
    Carlo war Kapitän und kommandierte riesige, hochtechnologisierte Methantanker weit im Norden. Er fuhr nach Japan oder nach Grönland, durch vereiste Seestraßen am Rande der Welt, mit Informatikcracks als Matrosen und auf schwimmenden Bomben, auf denen man sich keinen Fehler leisten konnte.
    »Das einzig Gute an einer Panne wäre, dass wir sie nicht mitkriegen würden. Wir flögen nämlich in null Komma nix in die Luft«, witzelte er.
    Nelly hatte verdrängt, was er tat. Sie dachte nie darüber nach. Und brach er zu einer seiner langen Reisen auf, verdrängte sie ihn ebenfalls. Sie hatte weder Lust auf Ängste und Sehnsüchte noch auf Schmerz und Bindung. Wenn er nicht da war, existierte er für sie nicht. Tauchte er dann wieder auf, waren auch ihre Beziehung und die Nähe wieder da.
    »Da ist er also. Es gibt ihn wieder«, dachte sie beglückt, als sie ihn ansah. »Ich hab ihn mir also doch nicht eingebildet.«
    »Wie starrst du mich denn an! Wie ein verliebter Backfisch«, grinste er zufrieden.
    »Ich bin ein verliebter Backfisch«, gab sie zurück, biss in einen gebutterten Honigtoast und leckte sich die klebrigen Finger ab.
    »Hmmm, wie sinnlich du bist, wenn du dir so die Finger ableckst ... gleich falle ich wieder über dich her«, lachte Carlo.
    Er beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben, verlor das Gleichgewicht und vergoss den Kaffee auf der Steppdecke.
    Nelly war dermaßen zufrieden, dass sie nichts dazu sagte: Zum Teufel mit der Steppdecke, wofür gab es schließlich Waschmaschinen. Die Katzen schnurrten, er hatte sie bereits gefüttert, und Nelly fing an sich einzubilden, dass die Welt wieder in Ordnung sei.
    Doch sie irrte sich. Ihr Diensthandy klingelte, und sie griff danach.
    »Rosso.«
    »Dottoressa«, das war Gerolamos Stimme. Er klang ganz ruhig, doch sie kannte ihn und hörte sofort, dass etwas Ernstes passiert war. »Die kleine Pittaluga ist verschwunden.«
    »Was soll das heißen, verdammt noch mal, sie ist verschwunden? Hm? Und dieser Schnarchsack von Lombardo? Und sein Kollege, der sich mit ihm

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