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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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kleinen Kopf hob. Auf einmal schien sich alles zu verlangsamen, während der Raum sich zu drehen begann. Mathias zielte. Harry zielte. Und schwang dann seinen rechten Arm jäh nach vorne. Die Handschelle flog mit einem leisen Zischen durch die Luft, als Mathias abdrückte. Auf das trockene Klicken folgte ein sattes Geräusch, als die Metallmanschette an seinem Handgelenk einrastete.
    “Rakel hat überlebt”, erklärte Harry. “Dein teuflischer Plan ist gescheitert. “
    Harry sah, wie sich Mathias’ Augen erst weiteten und dann zu schmalen Schlitzen wurden. Sie starrten auf den Revolver, der keinen Schuss abgegeben hatte, und auf das Eisen an seinem Handgelenk, das ihn an Harry kettete.
    “Du … du hast die Patronen herausgenommen”, stammelte Mathias.
    Harry schüttelte den Kopf. “Katrine Bratt hatte nie Patronen in ihrem Revolver.”
    Mathias richtete seinen Blick auf Harry und lehnte sich nach hinten: “Komm!”
    Dann ließ er sich aus dem Fenster fallen. Harry wurde nach vorn gerissen und verlor das Gleichgewicht.
    Verzweifelt versuchte er sich festzuhalten, aber Mathias war zu schwer und Harry nur noch ein geschrumpfter Riese, dem es an Blut und Fleisch fehlte. Der Polizist brüllte, als er über das Stahlgeländer gezogen und durch das Fenster in den Abgrund gezerrt wurde. Ein Bild erschien vor Harrys Augen, als er die linke Hand über den Kopf nach hinten schwang: ein Stuhlbein und er selbst ganz allein in einem schmutzigen Zimmer ohne Fenster in Cabrini Green in Chicago. Er hörte das Klicken von Metall auf Metall. Dann flog er im freien Fall durch die Nacht. Der Handel war abgeschlossen.
    Gunnar Hagen starrte zum Turm hinauf, doch die Schneeflocken, die jetzt plötzlich wieder fielen, verwehrten ihm die Aussicht. “Harry! “, brüllte er abermals in sein Funkgerät. “Bist du da?” Er ließ den Sprechknopf los, erhielt als Antwort aber nur ein leeres Rauschen.
    Inzwischen waren vier Streifenwagen auf dem offenen Platz am Fuß der Schanze angekommen, aber noch immer herrschte totale Verwirrung, weil sie die Schreie, die sie vor wenigen Sekunden von oben vernommen hatten, nicht zu deuten wussten.
    “Sie sind abgestürzt”, behauptete der Beamte neben Hagen. “Ich bin mir sicher. Da oben sind zwei Personen aus dem Glaskäfig gekommen.”
    Resigniert ließ Gunnar Hagen den Kopf hängen. Er wusste nicht, wieso oder warum, aber für einen Moment sah er eine absurde Logik in den Geschehnissen, eine Art kosmisches Gleichgewicht.
    So ein Scheißblödsinn.
    Hagen konnte mittlerweile nicht einmal mehr die Streifenwagen durch das dichte Schneetreiben erkennen. Er hörte aber die heulenden Sirenen, als wären die Klageweiber bereits auf dem Weg. Und er wusste, dass diese Geräusche demnächst auch die Geier anlocken würden: die nachrichtengeilen Journalisten, die neugierigen Nachbarn, die blutrünstigen Chefs. Sie alle kamen, um sich ihr Filetstückchen vom Kadaver zu sichern, ihren Leckerbissen. Und das Zwei-Gänge-Menü des Abends - der abscheuliche Schneemann und der abscheuliche Polizist - würde ihnen allen vorzüglich munden. Da gab es keine Logik, kein Gleichgewicht, bloß Gier und Fressen. Ein Knacken kam aus Hagens Funkgerät.
    “Wir finden sie nicht! Over.”
    “Sie müssen aber da sein “, rief Hagen. “Habt ihr auch die Dächer der Gebäude überprüft? Over.”
    Hagen wartete und fragte sich, wie er seinem Vorgesetzten erklären sollte, dass er Harry allein hatte gehen lassen. Wie er ihm klarmachen sollte, dass er zwar Harrys Vorgesetzter, nicht aber sein Chef war, und dass er das niemals gewesen war. Aber auch dafür gab es eine Logik, und im Grunde war es ihm scheißegal, ob sie die verstanden oder nicht.
    “Was ist hier los?”
    Hagen drehte sich um. Es war Magnus Skarre.
    “Harry ist abgestürzt”, erklärte Hagen und deutete mit einer Kopfbewegung zum Turm. “Sie suchen gerade nach seiner Leiche.” “Leiche? Harrys Leiche? Blödsinn! “
    “Blödsinn? “
    Hagen wandte sich Skarre zu, der zum Turm hochstarrte. “Ich dachte, sie würden diesen Typen inzwischen kennen, Hagen.” Hagen spürte, dass er den jungen Beamten um seine Überzeugung beneidete. Wieder knackte das Funkgerät. “Sie sind nicht hier!”
    Skarre drehte sich zu ihm, und als sich ihre Blicke begegneten, zuckte er mit den Schultern, ein wortloses “Na, was habe ich gesagt?” .
    “Hey, Sie!” Hagen rief zu dem Fahrer des Landrovers hinüber und zeigte auf den Scheinwerfer auf dem Dach. “Richten Sie

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