Schöne Bescherung (German Edition)
haben wir bloß jemals ohne die Dinger gemacht?«, fragte Rebus laut und streute damit Salz in die Wunde.
»Also, wann kommen wir hier raus?« Liz Doherty fixierte ihn mit ihrem Blick.
»Wenn wir so weit sind«, versicherte ihr Rebus. »Ich warte immer noch darauf zu erfahren, wo sich der Rest befindet. Irgendwo in einer Seitenstraße? Oder wie sieht’s mit den Princes Street Gardens aus? Ich würde sagen, wahrscheinlich in den Gardens. Edinburgh ist nicht euer Pflaster. Bestimmt habt ihr euch für die einfachste Lösung entschieden.« Er widmete sich wieder dem Display seines Handys.
»Ist mir warm?«, fragte er in die Stille hinein. »Mollig warm«, befand er.
Er ließ sich noch ein paar Minuten Zeit, dann stand er auf, streckte sich und verließ den Raum. Liz Doherty erinnerte ihn an den Tee, doch da fiel schon die Tür ins Schloss. Er ging zum Automaten, zog sich selbst einen und nahm ihn mit nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Er hatte nicht übel Lust, seine Kollegin Siobhan Clarke anzurufen. Sie war bei einer Observierung und hatte auf das gute Dutzend schadenfroher SMS nicht reagiert, das er ihr im Verlauf der vergangenen vierundzwanzig Stunden geschickt hatte. Es war erst Nachmittag, aber auf dem Parkplatz war es nasskalt und dunkel. Auf dem metallenen Rauchverbotsschild an der Mauer waren so viele Zigaretten ausgedrückt worden, dass die Botschaft inzwischen fast nicht mehr zu entziffern war. Rebus stand daneben und versuchte, möglichst nicht an Weihnachten zu denken. Er würde die Feiertage alleine verbringen, weil es ihm so am besten gefiel. Tagsüber, am eigentlichen Weihnachtstag, gab es ein paar Pubs, die er aufsuchen konnte. Für den Abend würde er sich was Anständiges zu essen kaufen und eine etwas bessere Flasche Malt, als er sie sich sonst gönnte. Vielleicht auch ein paar CDs und eine DVD-Box. Damit war er dann versorgt. Am Abend würde der Anruf kommen, oder es würde an der Tür klingeln – Siobhan Clarke, die Mitleid mit ihm hatte und vielleicht auch ein bisschen mit sich selbst, wobei sie das niemals zugeben würde. Sie würde eine kitschige Komödie mit ihm ansehen wollen oder durch die stillen Straßen spazieren. Er war längst alle Möglichkeiten durchgegangen, aber er glaubte, sie nicht hängen lassen zu dürfen, er durfte nicht einfach aus der Stadt flüchten oder den Telefonstecker ziehen.
»Humbug«, sagte er und drückte das, was von seiner Zigarette übrig war, an dem Schild aus.
Im Gebäude unterhielten sich zwei Beamte über einen Taschendieb. Er hatte wieder zugeschlagen, das kleine Arschloch. Seine Zielpersonen waren alt und gebrechlich, benutzten Gehhilfen oder saßen im Rollstuhl, das war seine Spezialität. Irgendwo hing eine Handtasche, und er steckte die Finger blitzschnell hinein und floh mit Nahverkehrsausweisen, Portemonnaies und persönlichen Andenken; nichts davon tauchte je wieder auf, was bedeutete, dass er die Sachen entweder intelligent verschwinden ließ oder als Trophäen behielt. Beschreibung: Jeans und dunkler Kapuzenpulli. Die Abendzeitung hatte schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben, weil sie ihn noch nicht hatte stoppen können, man hatte Opfer und potentielle Zielpersonen zum Thema interviewt.
Einkaufszentren gefielen ihm besonders. The Gyle, Waverley, Cameron Toll.
»Kann nicht lange dauern, dann taucht er im St James Centre auf«, sagte einer der Beamten. Ja, das Gefühl hatte Rebus auch. Das St James Centre am östlichen Ende der Princes Street. Jede Menge Ausgänge. Alles ebenerdig, weshalb es bei Leuten mit Gehhilfen und Rollstühlen besonders beliebt war.
Gehhilfen und Rollstühle …
Rebus fuhr sich mit dem Finger vom Kinn über den Adamsapfel, dann kehrte er ins Vernehmungszimmer zurück.
Anscheinend hatte es ein kleines Zerwürfnis gegeben. Die Tochter stand in einer Ecke mit dem Rücken zum Raum. Die Mutter hatte sich in ihrem Stuhl ebenfalls von ihr abgewandt. Rebus räusperte sich.
»Tee gibt’s keinen«, sagte er. »Aber ich hab was anderes mitgebracht.«
Beide Frauen drehten ihm die Köpfe zu. Beide stellten ihm dieselbe Frage:
»Was?«
»Einen Deal«, sagte Rebus, setzte sich wieder auf seinen Platz und gab Debby Doherty ein Zeichen, es ihm gleichzutun.
Siobhan Clarke hatte noch zwei Stunden Dienst vor sich. Sie saß in einem Zivilfahrzeug neben einem Detective Constable namens Ronnie Wilson. Aus dem Small Talk war schon die Luft raus gewesen, noch bevor er richtig begonnen hatte. Ronnie interessierte sich
Weitere Kostenlose Bücher