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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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siebenunddreißigsten Straße, Eastside. Wenn ich einen Flügel hätte, würde er die Wohnung praktisch ausfüllen. Ich arbeite seit vier Jahren in Hartleys Galerie.«
    »Wie ist das möglich, mit so kleinen Kindern?«
    »Ich habe ein paar Wochen freigenommen, als sie geboren wurden.«
    »Mußten Sie denn so schnell wieder arbeiten?«
    Jenny zuckte die Achseln. »Ich lernte Kevin MacPartland im Sommer nach meinem Collegeexamen kennen. Ich hatte an der Fordham University im Lincoln Center Kunst studiert. Kev hatte eine kleine Rolle in einer Off-Broadway-Show. Nana sagte, ich mache einen großen Fehler, aber ich hörte nicht auf sie.«
    »Nana?«
    »Meine Großmutter. Sie hat mich seit meinem ersten Lebensjahr aufgezogen. Nun, sie hatte recht. Kev ist ein netter Kerl, aber er ist unreif. Zwei Kinder in zwei Jahren Ehe, das paßte nicht in sein Konzept. Als Tina kam, zog er sofort aus. Wir sind jetzt geschieden.«
    »Zahlt er für die Kinder?«
    »Schauspieler verdienen hier durchschnittlich dreitausend Dollar im Jahr. Kev ist eigentlich ganz gut, und wenn der berühmte Zufall hilft, könnte er es sogar schaffen. Aber im Augenblick kann ich die Frage nur mit nein beantworten.«
    »Sie haben die Kinder doch sicher nicht von Geburt an in einer Tagesstätte gehabt?«
    Jenny spürte, wie sich der Kloß in ihrer Kehle zu formen begann. Sie sagte hastig: »Meine Großmutter hat sich um sie gekümmert, während ich arbeitete. Sie ist vor drei Monaten gestorben. Aber ich möchte jetzt nicht von ihr sprechen.«

    Sie fühlte, wie seine Hand sich über ihrer schloß.
    »Entschuldigen Sie. Es tut mir leid. Normalerweise bin ich nicht so plump.«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Und jetzt sind Sie an der Reihe. Erzählen Sie etwas über sich.«
    Sie knabberte ohne Appetit an ihrem Sandwich, während er redete. »Sie haben wahrscheinlich die Kurzbiographie im Katalog gelesen — ich bin ein Einzelkind. Meine Mutter kam bei einem Unfall auf der Farm ums Leben, als ich zehn war — an meinem zehnten Geburtstag, um genau zu sein. Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben. Die Farm wird von einem Verwalter geführt. Ich verbringe die meiste Zeit in meinem Atelier.«
    »Es wäre ein Verlust, wenn Sie es nicht täten«, sagte Jenny. »Sie haben gemalt, seit Sie fünfzehn waren, nicht wahr? Haben Sie nicht gewußt, wie gut Sie sind?«
    Krueger schwenkte den Wein in seinem Glas, zögerte, zuckte dann die Achseln. »Ich könnte jetzt das Übliche sagen: daß ich gemalt habe, weil es die einzige Möglichkeit war, mich zu verwirklichen, aber das wäre nicht die ganze Wahrheit. Meine Mutter war Künstlerin.
    Ich fürchte, sie war nicht überragend, aber ihr Vater war ziemlich bekannt. Everett Bonardi.«
    »Ich kenne ihn natürlich«, rief Jenny aus. »Aber warum haben Sie das nicht in der Biographie geschrieben?«
    »Wenn meine Sachen gut sind, werden sie für sich selbst sprechen. Ich hoffe, ich habe etwas von seinem Talent geerbt. Mutter hat eigentlich nur zum Spaß Skizzen gemacht, aber mein Vater war schrecklich eifersüchtig auf ihre Kunst. Ich nehme an, er kam sich vor wie ein Elefant im Porzellanladen, als er ihrer Familie in San Francisco vorgestellt wurde. Vermutlich behandelten sie ihn wie einen Tölpel aus dem Mittelwesten mit Grassamen in den Schuhen. Er revanchierte sich, indem er Mutter drängte, ihr Talent für nützliche Dinge zu verwenden, etwa Steppdecken zu machen. Aber er betete sie trotzdem an. Ich wußte jedenfalls, daß er außer sich gewesen wäre, hätte er gewußt, daß ich meine
    ›Zeit mit Malen verschwende‹. Also hielt ich es vor ihm geheim.«
    Die Mittagssonne hatte die Dunstdecke durchbrochen, und einige durch die bleigefaßten Fensterscheiben bunt gefärbte Strahlen tanzten auf dem Tisch. Jenny blinzelte und wandte den Kopf zur Seite.
    Erich betrachtete sie aufmerksam. »Jenny«, sagte er plötzlich, »Sie müssen sich über meine Reaktion gewundert haben, als wir uns vorhin begegneten. Ich glaubte, offen gesagt, einen Geist zu sehen. Ihre Ähnlichkeit mit Caroline ist wirklich verblüffend. Sie war ungefähr so groß wie Sie. Ihre Haare waren allerdings dunkler, und ihre Augen waren strahlend grün.
    Ihre sind blau und haben nur einen grünen Schimmer.
    Aber es gibt andere Dinge. Ihr Lächeln. Die Art, wie Sie den Kopf neigen, wenn Sie zuhören. Sie sind so schlank, genau wie sie. Mein Vater kam nicht darüber hinweg, daß sie so dünn war. Er drängte sie immer, mehr zu essen. Und ich würde jetzt am

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