Schwätzen und Schlachten
an? Kinder wurden immerhin älter und weiser – er dachte freudlos an den witzigen Versuch mit dem Zement, älter auf jeden Fall, sie wurden älter und irgendwie – unvorhersehbarer, überraschender – irgendwann verabredeten sie sich selbst zum Spielen und gingen selbst aufs Klo – oder, er warf einen Blick auf das Kind, das dringend aufs Klo gemusst hatte, oder auch nicht. Er legte den Pinsel weg und wechselte ihm die Kleider, wieso, fragte er das Kind, wieso gehst du denn nicht auf das obere Klo?
Weil, sagte das Kind, weil da jemand, also da ist –
Ja?, sagte der Vater, er hielt ihm eine frische Unterhose hin, das Kind hielt sich an seiner Schulter fest und stieg hinein.
Das Kind überlegte, der Vater half ihm in die Strumpfhose, in die Latzhose, ja?, sagte er, er knöpfte ihm die Träger zu, ach nichts, sagte das Kind.
Was, sagte der Vater.
Oben, flüsterte das Kind, es knetete an Vaters Ohr, oben schwimmt ein Fisch in der Toilette.
Ach, sagte der Vater betroffen, und warum tut er das?
Ich habe ihn gerettet, flüsterte das Kind, es hielt sich jetzt an beiden Ohren fest, ich wollte nicht, dass die Mama aus ihm auch einen Wackelpeter macht.
Deine Mutter hat keinen, begann der Vater, dann ließ er es bleiben. Ist oben eine von deinen Schwestern?
Viele, sagte das Kind.
Sag einer von ihnen, sie soll ihn rausholen, ja? Sie soll ihn zurück ins Fischglas schütten. Niemand tut ihm was.
Er gab ihm einen freundlichen Klaps auf den Po, das Kind hopste weiter, er wischte den Boden auf. Die Leute, sie legten sich einen Hund zu, warum? Er verstand es nicht, übermalte den krausen und frech grinsenden Kopffüßer, eine bärbeißige Sonne. Ich meins ernst, sagte die Schwester vom geordneten Bücherregal, sie kam in die Küche, schenkte sich ein riesiges Glas Milch ein, trank es aus, sind nur noch drei Liter Milch da?, sagte sie entgeistert, sie schaute auf die ganzen Lebensmittel auf dem Tisch, in den geleerten Kühlschrank, echt jetzt? Das reicht doch niemals bis morgen, wer war denn mit einkaufen dran, sie goss sich ein weiteres Glas ein. Wo ist das Problem, fragte sie, als sie das Glas absetzte und verschnaufte, wo ist das Problem, ein Buch wieder dahin zu stellen, wo man es hergenommen hat?
Allgemeines Gelächter, ja, sagte die Mutter, sie betrachtete einen verschimmelten Rest in einem Becher aus den hinteren Gefilden des Kühlschranks, das frage ich mich auch, nicht nur bei Büchern. Wo ist das Problem? Man könnte doch einfach alles immer wieder dahin räumen, wo man es hergenommen hat, fertig wäre ein schönes Leben. Sie schmiss den Becher in den Mülleimer, he, schrie ein Bruder, er kam von irgendwoher angerannt, holte den Becher wieder aus dem Mülleimer, das brauche ich für Biologie, daraus machen wir Penicillin!
Um Gottes willen, murmelte die Mutter, was uns nicht umbringt, macht uns stark.
Es klingelte, die Nachbarin, schon in Hut und Mantel, wenn die Katze sich, sagte sie, fürchtet in der Nacht, weil sie das Alleinsein nicht gewohnt ist, wenn Sie sie schreien hören wie ein kleines Kind, dann nehmen Sie sie am besten mit zu sich ins Bett.
Ja, sagte der Vater, er schloss hinter ihr die Tür und wusch die Pinsel aus, wenn Sie wüssten, dachte er, wer da in der Nacht schon alles liegt, weil er sich fürchtet oder weil alle anderen auch da sind.
Wo sind, schrie der Bruder, während er erschüttert in den leeren Kühlschrank starrte, den ganzen Krempel auf dem Küchentisch durchwühlte, wo sind meine anderen Versuche, die ganzen Schimmelkulturen, die waren in so ausgewaschenen Joghurtbechern, wo sind die alle?!
Vermutlich aufgegessen, sagte die Mutter, sie räumte den Kühlschrank wieder ein.
Und was soll ich jetzt meinem Biologielehrer sagen, schrie der Bruder, das waren Hausaufgaben, das war Schule, verstehst du, Schule! Und Schule ist wichtig!
Was du ihm sagen sollst, fragte die Mutter, sie betrachtete nachdenklich zwölf Packungen Quark, wo kam denn der ganze Quark her, wo wollte er hin, was du ihm sagen sollst?, wiederholte sie, sollte sie Quarkauflauf damit backen? Oder war der für irgendwelche Wickel?
Indianer kreischten, die ersten Siedler waren aufgetaucht und sie kannten kein Pardon, Indianer flohen, Siedler schossen. Dann kam die Kavallerie.
Der Vater drückte sich an die frisch geweißte Wand, ließ die Soldaten passieren, von ihm aus konnten sie die Indianer ausrotten bis auf den letzten Mann. Hinterher könnten sie sich in ihr Fort zurückziehen und sich versehentlich selbst
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