Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
Vom Netzwerk:
Giron schob die Frau einen Schritt weiter in die Messe hinein, ein Servomotor sprang an, das Rollo schloß sich, sacht und lautlos diesmal. »Schwarze Blumen sind da, und es hat geklingelt. Wart ihr das? Es war aufregend, niemand war dort, und wir wußten nicht, wer da schellt in der Gegend«, sagte Ana verwirrt und mit verlöschender Fröhlichkeit.
      »Hör zu, Blicher«, sagte Jermakow. »Deine Kopfhypothese ist ganz gut. Aber sie wird niemandem etwas nützen. Sie gibt nur Stoff zum Reden her. Für Wirrköpfe, für Helden, für Träumer und, was weiß ich, für sonst noch wen. Dies hier ist eine Versorgungsstation. Es ist keine Basis für irgendwas. Für irgendwas Großartiges. Es ist eine ernsthafte Station, die wir in Gang zu halten haben und die uns in Gang hält. Weiter nichts. Eine runde Sache, nicht wahr? Das ist der Auftrag. Nur das. Hier wird nichts anderes eingesteuert. Wir müssen uns daran gewöhnen. Wir werden uns an noch anderes gewöhnen, auch du, Blicher.« Jermakow deutete an, Ana möge sich setzen. Aber es war kein Stuhl da.
      »Bleib locker, Blicher«, wiederholte die Bruceau vorsichtig. Judy Bean hatte es übermannt, sie schlief, ihr Schopf lag auf Rahels Schulter, und sogar im Schlaf sah sie aus wie ein wenig atemlos. »Was soll’s? Jetzt? Guck dir deine Judy an. Und du, Andrej«, sagte sie nach vorn, »guck deine Mannschaft an. Die kannst du wegschmeißen, wenn du sie nicht bald schlafen schickst.«
      Ana stand mit weit aufgerissenen Augen da. »Und soviel Gold ist dort«, sagte sie in die Pause, »und Käfer und schwarze Blumen.«
      Jermakow blickte in die Gesichter der versammelten Schar, in jedes einzeln und mit versonnener Aufmerksamkeit. Ein schwaches Lächeln kräuselte seine Lippen, als er Judy sah. »Nun, Giron«, fragte er dann mit überraschender Wärme, »was gibt’s Neues in der Welt?«
      Ana sagte: »Andrej, du bist unmöglich. Ich glaube, du hörst mir überhaupt nicht zu.«
      Giron legte eine Hand auf Anas Schulter und sagte einige Worte über das Wetter, daß es kalt sei, daß es so kalt bleiben werde und keine Besorgnis nötig sei, wie er vermute. »Und Ihr Dorado? Wo liegt das?«
      Giron schwang eine Hand, die Linien einer großräumigen Landschaft nachzeichnend. »Am Fluß, eine Wegstunde nach Osten. Die Nuggets glänzen schon von weitem.«
      »Wieviel?«
      »Keine Ahnung. Zwanzig Tonnen. Oder zweihundert.« Jemand blies eine Menge Luft durch die Zähne. Jermakow blickte über den Rand seiner Brille. »Platin?«

    »O ja«, sagte Giron und grinste über die Köpfe hinweg. »Man braucht einen Wagen, eine Schaufel und einen Mann.«

      Jermakow musterte Giron. Das Lächeln war noch immer in seinem Gesicht und nahm sich so freundlich und so fremd in diesen Zügen aus wie der Ruf eines Kuckucks in einer vergilbten staubigen Steppe. »Und dann?« Er saß schon wieder straff aufgerichtet da mit der Spannkraft konservierter Jugendlichkeit. Die Linien seines Gesichts lagen halb versteckt unter zweitägigem grauem Bart und standen in sonderbarem Gegensatz zu dieser Haltung. Von den Nasenflügeln liefen Furchen zum Kinn hinab, der winzige Mund wurde von den Schatten fast erdrückt. Da waren kleine, helle, erfahren blickende Augen hinter randlosen Gläsern, der Schädel war geräumig, fast kahl, mit Resten platinweißen Haares, das allmählich dahingeschwunden und in der Art verblichen sein mochte, wie es bei blonden Typen oft zutrifft. Ein Gesicht voller Bitternis, der Kopf eines alten Mannes. Niemand wußte, wie alt Jermakow wirklich war, niemand empfand diese Unkenntnis als Mangel. Es lag an dem Mann selbst, an seiner Unzugänglichkeit und an einer gewissen Scheu, die er um sich verbreitete. Die Rückrechnung einiger Daten, von denen geredet worden war, deutete auf ein Alter nahe der Sechzig. Jetzt aber, nach diesem Lächeln, glommen Zeichen heller Jungenhaftigkeit durch aufgelagerte Schichten. Er ordnete seine Matrizen und Papiere, hüstelte, die Bündel zusammenfassend. »Es ist wahr«, sagte er, »seit vierzig Stunden hat hier niemand geschlafen. Gehen Sie jetzt. Tschuk löst mich in sechs Stunden ab.«
      »Und dann?« fragten einige Stimmen fast gleichzeitig. Jermakow erstarrte in der Bewegung. Seine Finger flatterten über die Fläche des Tisches, als sei sie ein Tastenfeld, hielten inne. Der Mann schien zusammenzusinken, die Gräben zwischen Nase und Kinn wurden hart und schwarz, flossen dann auseinander, als sei alle Kraft entwichen. »Laßt

Weitere Kostenlose Bücher