Schwarze Herzen
ihr Stolz das nicht erlauben würde. Doch ganz zum Schluss, als sie zurück im Gefängnis waren und er die Gitterstäbe ihrer Zelle hinter ihr geschlossen hatte, hatte sie geglaubt, Bedauern in seinem Gesicht zu entdecken. Bedauern, dass er sie einschließen musste. Bedauern, dass sie nicht mehr Zeit miteinander verbringen konnten – im Bett und außerhalb.
Nike zerrte an ihrer Halsfessel und schrie frustriert auf. Verdammt noch mal! Sie war der Inbegriff der Stärke und dabei so hilflos wie ein Baby. Wie sollte sie das Herz eines Mannes gewinnen, wenn sie sich nicht einmal ihre eigene Freiheit erkämpfen konnte?
Atlas hörte einen zornigen Schrei und wusste sofort, wer ihn ausgestoßen hatte. Nike. Seine Nike. Seine wunderschöne Nike. Vier Tage lang hatte er darüber gegrübelt, was er tun sollte, ob es Möglichkeiten gab, wie sie zusammen sein konnten. Tja, die Zeit zum Nachdenken war vorüber, wie es aussah. Nike war kurz davor, zu zerbrechen. Nur für wenige Stunden hatte sie die Freiheit gekostet, doch jetzt wieder weggesperrt zu sein, musste tausendmal schlimmer sein als zuvor.
Er hasste es, dass sie gefangen war, und er wusste, dass sie niemals zusammen sein konnten, solange sie es blieb. Doch genauso wusste er, dass sie nicht zusammen sein konnten, wenn er sie freiließe. Sie würde höchstwahrscheinlich fliehen, und er würde ganz gewiss bestraft werden.
Vielleicht liebte sie ihn, vielleicht auch nicht. Vielleicht würde sie bei ihm bleiben. Oder es zumindest versuchen. Sie mochte ihn und fand ihn anziehend, so viel war klar. Nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, hätte sie sonst nicht mit ihm geschlafen. Aber Liebe? Er war sich nicht sicher.
Und es spielte eigentlich auch keine Rolle. Er liebte sie, das wusste er. Hatte es vielleicht immer getan. Noch nie hatte er soviel für eine Frau empfunden. Hatte niemals jede wache Minute mit ihr verbringen wollen, nie das Bedürfnis verspürt, sich in jeder schlafenden Minute an ihre Seite zu kuscheln. Nie hatte er jede Mahlzeit mit jemandem einnehmen wollen. Mit jemandem reden und lachen wollen über den vergangenen Tag. Sich mit jemandem anlegen, verbal und körperlich. Doch mit ihr wollte er all das.
Und da sie nicht zusammen sein konnten, egal, wie die Dinge ausgingen, gab es für ihn nur eins zu tun.
Grauen. Das war es, was er empfand, als er die Stufen zu ihrer Zelle hochstapfte. Und … Erleichterung. Sie stand in einer Staubwolke und hämmerte mit einer Faust gegen die Wand. Ihr Anblick brachte ihn beinahe aus der Fassung. Er wollte sie küssen, die Finger über ihren ganzen Körper wandern lassen, sich in ihr versenken. Verschließ dein Herz. Tu, was getan werden muss . Seine Hand zitterte, als er den Sensor hob.
Sie hörte die Gitterstäbe zur Seite gleiten, drehte sich um und gab einen leisen Laut des Erschreckens von sich. Wortlos hielt er ihr die geöffnete Hand hin.
„Was …?“
„Nimm einfach meine Hand.“
Stirnrunzelnd gehorchte sie.
Stumm zog er sie denselben Weg entlang, den er gerade gekommen war. Denselben Weg, den sie vor jenen vier Tagen genommen hatten. Diesmal versuchte niemand, ihn aufzuhalten. Stattdessen verdrehten die diensthabenden Götter nur die Augen, als er am Wachhaus vorbeimarschierte.
Draußen, umringt von nichts als Wolken, wirbelte er zu Nike herum. Er wollte sie immer noch küssen, doch er wusste, wenn er es täte, könnte er sie niemals gehen lassen. Und das musste er.
„Atlas“, sagte sie mit einem verführerischen Lächeln und versuchte ihm die Arme um den Hals zu legen. „Noch ein Ausflug? Ich freu mich.“
Er schüttelte den Kopf und legte die Fingerspitzen in die dafür vorgesehenen Mulden ihrer Halsfessel. Kaltes Metall unterseiner Haut. Dann beugte er sich vor und legte den Mund auf die Mitte des Bandes.
Ihr Lächeln verblasste. Ein Zittern durchlief sie. „W…was machst du da?“
„Sei still.“ Er holte tief Luft, hielt sie an, hielt sie an … und ließ sie dann langsam aus seinem Mund strömen. Als sein Atem durch das Innere der Halsfessel strömte, lockerte sich das Metall … brach schließlich dort, wo sein Mund lag, und fiel zu Boden. Es war so simpel, diese Halsbänder zu entfernen. Berühren und atmen. Doch nur ein Gott ohne Halsband konnte das tun – eine Tatsache, die jeden Gefangenen rasend machen musste. Vielleicht waren die Bänder allein deshalb so entworfen worden.
Die Augen geweitet, fasste sie sich an den bloßen Hals. „Ich verstehe nicht, warum du das
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